Jusletter

Der Ruf nach einem wirksameren und gerechteren Kartellstrafrecht – Ein irritierender Ruf?

  • Autor/Autorin: Christoph Lüscher
  • Rechtsgebiete: Kartellrecht
  • Zitiervorschlag: Christoph Lüscher, Der Ruf nach einem wirksameren und gerechteren Kartellstrafrecht – Ein irritierender Ruf?, in: Jusletter 15. März 2010
«Der Ruf nach einem wirksameren und gerechteren Kartellstrafrecht» postuliert, dass das Unternehmen für seine Beteiligung an einer Kartellabrede dann nicht i.S.v. Art. 49a KG sanktioniert werden sollte, wenn es ein Compliance-Programm «nachhaltig» umgesetzt hat. Das Postulat gründet auf rechtskulturell tradierter Dogmatik des Individualstrafrechts und unterlegt deren Effizienz mit dem ökonomisch-analytischen Argument des Anreizes für ein Compliance-Programm. Kann aber an solcher Dogmatik und Effizienz Mass für «ein wirksameres und gerechteres Kartellstrafrecht» genommen werden? Oder sprechen diese nicht vielmehr gegen die geforderte Rereformierung des Kartellrechts?

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Fragestellung
  • 2. «Wirksameres und gerechteres Kartellstrafrecht» – ein Politik- oder auch ein Rechts-Problem?
  • 2.1 Verletzung des Gerechtigkeitssatzes, Ungleiches ungleich zu entscheiden?
  • 2.2 Verletzung des strafrechtlichen Schuldprinzips?
  • 3. «Organisationsverschulden» als geeigneter gedanklich-konzeptioneller Referenzpunkt für das Kartellsanktionsregime? Oder: Zum Antagonismus von Handlungs- und Unterlassungs«delikt»
  • 4. Systeminkonsistenz in Bezug auf das Erfordernis der Vorwerfbarkeit des Kartellrechtsverstosses im Einzelnen und ihre «Neben»wirkungen
  • 4.1 Systeminkonsistenz Nr. 1: Compliance-Programm als fatal-vorteilhafter Unterbrecher von an sich zurechnungsfähigen Handlungen mit der Folge (quasi)strafrechtlicher Verantwortungslosigkeit des Unternehmens
  • 4.1.1 Exkurs: Rechtsvergleich mit dem französischen Nouveau Code pénal, österreichischen VbVG und deutschen OWiG
  • 4.1.1.1 Frankreich: Strikte Unternehmenshaftung
  • 4.1.1.2 Österreich: «Verschuldens(un)abhängige» Unternehmenshaftung
  • 4.1.1.3 Deutschland: Unternehmenshaftung gemäss Ordnungswidrigkeitenrecht
  • 4.1.2 Einordnung der Haftungsordnung von Art. 102 StGB im Lichte des vorstehenden Rechtsvergleichs
  • 4.1.3 Ergebnis
  • 4.2 Systeminkonsistenz Nr. 2: Divergenz von Emergenz(-Wahrnehmung) des Unternehmens hinsichtlich dessen zivil- und (quasi)strafrechtlichen Haftung
  • 4.2.1 Keine wirkliche Eigenexistenz des Unternehmens im Strafrecht aufgrund vormoderner Kollisionsregeln von «nulla poena sine culpa» und «societas delinquere non potest»
  • 4.2.2 Ergebnis
  • 4.3 Systeminkonsistenz Nr. 3: Anpassung von Ungleichem an Ungleiches, von Kartell(quasi)strafrecht an das allgemeine Unternehmensstrafrecht
  • 4.3.1 Kartell(quasi)strafrecht als «(quasi)strafrechtliches aliud»
  • 4.3.1.1 Keine Erschöpfung der Bussenfunktion in der intendierten Abschreckung
  • 4.3.1.2 Zwischenergebnis
  • 4.3.1.3 Elemente der Konkretisierung der positiven Generalprävention
  • 4.3.2 Endergebnis
  • 5. Vermeidung der vorstehenden Systeminkonsistenzen durch einen entsprechend modifizierten Art. 5 KG mit «Neben»wirkungen
  • 5.1 Modifikation von Art. 5 KG durch einen neuen Abs. 5: Haftung des Unternehmens nur bei Verschulden, sprich bei fehlendem Compliance-Programm!
  • 5.2 Sicherung von Allokationseffizienz durch ein «nachhaltiges» Compliance-Programm?
  • 5.2.1 Folgenanalyse des für Art. 5 KG vorgeschlagenen Supplements: Wahrscheinlichkeit der Verhinderung der Kartellbildung durch ein «nachhaltiges» Compliance-Programm
  • 5.2.2 Folgenbewertung des für Art. 5 KG vorgeschlagenen Supplements: Anforderungen an ein «nachhaltiges» Compliance-Programm und die Crux der Bewertung bzw. Messung seiner Effektivität ex post bei fehlgeschlagener Compliance
  • 5.2.3 Anreiz für das Unternehmen für ein Compliance-Programm auch bei voller Haftung als Folge wirksamen Wettbewerbs um das beste Compliance-Programm!
  • 5.3 Ergebnis
  • 6. Zwischenfazit: Sanktionsregime i.S.v. Art. 49a KG als «(quasi)strafrechtliches aliud»
  • 7. Schlussfazit: Ein Ruf, der irritiert!
  • 8. Literatur

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