Jusletter

Die strafprozessuale Siegelung: Eine Privilegierung von Komödien

  • Autor/Autorin: Damian K. Graf
  • Beitragsart: Beiträge
  • Rechtsgebiete: Strafprozessrecht
  • DOI: 10.38023/8662d508-7e2f-4c8b-b43c-bcbcd6574a9a
  • Zitiervorschlag: Damian K. Graf, Die strafprozessuale Siegelung: Eine Privilegierung von Komödien, in: Jusletter 9. November 2020
Die verfahrensverschleppende Wirkung der Siegelung (Art. 248 StPO) ist bekannt. Dennoch wird in der laufenden Revision der Eidgenössischen Strafprozessordnung daran festgehalten, ja mehr noch, die unbefriedigende Situation würde durch die aktuellen Änderungsvorschläge gar noch verschärft. Eine Streitschrift zu einem missratenen und zuweilen rechtsmissbräuchlich angerufenen Rechtsbehelf – mit Vorschlägen, wie der gordische Knoten durchschlagen werden könnte.

Inhaltsverzeichnis

  • I. Problemstellung
  • II. Kritische Würdigung von Art. 248 E-StPO
  • 1. Gegenüberstellung
  • 2. Abs. 1
  • a. Legitimation
  • b. Frist
  • c. Siegelungsgründe
  • 3. Abs. 3: Einführung der double instance
  • III. Vorschläge de lege ferenda
  • 1. Ersatzlose Streichung
  • 2. Eventualiter: Anpassungsvorschläge
  • a. Abs. 1
  • b. Abs. 1bis
  • c. Abs. 2
  • d. Abs. 3
  • e. Abs. 3bis
  • f. Abs. 4

1 Kommentar

  • 1

    Der Zeitfaktor bei der Entsiegelung

    In der Tat ist die Zeitdauer gewisser Siegelungsverfahren unbefriedigend. Es ist deshalb grundsätzlich begrüssenswert, die Aufgabe des Entsiegelungsrichters auf die Prüfung der Frage der geheimzuhaltenden Interessen (die man über den Vorschlag hinaus noch weiter einschränken könnte) zu reduzieren. Man darf sich daraus freilich nicht einen allzu grossen Zeitgewinn erwarten, zeigt die Praxis doch, dass der Aufwand in grossen Fällen eben nicht bei der Prüfung von Tatverdacht und Verhältnismässigkeit im engeren oder weiteren Sinn liegt, das geht meist rasch, sondern im enormen Triageaufwand. Bei IT Daten erfolgt diese Triage meist in mehreren Schritten und unter Zuhilfenahme von externer Fachkunde, was zusammen mit dem zusätzlich mitunter mehrfach zu gewährenden rechtlichen Gehör Zeit kostet. Es kommt dazu, dass bei "harter"Verteidigung mit Beschwerden gegen die Durchsuchung zu rechnen ist, auf welche einzutreten sein wird (ex.BGer 1_B/275/2020 vom 22.9.2020). Das wird bei der Beschwerdeinstanz zu zusätzlichen Verfahren führen. Zu begrüssen ist die Idee, der Staatsanwaltschaft eine längere Frist einzuräumen, damit Verhandlungen besser möglich werden. Positiv sehe ich auch die Idee, die prozessuale Mitwirkungspflicht gesetzlich zu definieren und an deren Ungenügen den Verzicht auf Siegelung zu knüpfen. Auch hier muss man sich aber bewusst sein, dass der Entscheid angefochten werden kann und im Falle der Gutheissung das Ganze Packet auf Platz 1 zurückgeht. Die konsequenteste Lösung wäre ein Verzicht auf das Instrument der Siegelung mit Inkaufnahme, dass die Strafverfolgungsbehörden halt eben Kenntnis auch von geschützten Inhalten nimmt. Das aber ist eine rechtspolitische Frage.

    avatarAndreas J. Keller09.11.2020 17:30:38Antworten

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