Liebe Leser*innen

Diese Ausgabe beginnt mit einem Beitrag von Matthias Jenal zum «Stealthing» – einem Begriff, der nicht nur viel mediale Aufmerksamkeit erlangt, sondern (noch vor der Revision des Sexualstrafrechts vom 1. Juli 2024) auch das Bundesgericht beschäftigt hat. Damals hat das Bundesgericht es abgelehnt, «Stealthing», also das (abredewidrige) Abstreifen des Kondoms während des Geschlechtsverkehrs, unter den Tatbestand der Schändung zu subsumieren. Der Autor befasst sich nun mit der Frage, ob auch das abredewidrige Absetzen der Pille strafrechtlich relevant sein müsste – nicht zuletzt aus Gründen des Diskriminierungsverbots.

Reto Patrick Müller und Philip Glass beschäftigen sich mit den Folgen einer Dynamisierung der Stromversorgung. Intelligente Mess-, Steuer- und Regelsysteme etablieren sich und ermöglichen eine Digitalisierung. In welchen Bereichen lässt sich digitale Plattformtechnologie in der Stromversorgung heute einsetzen? Welche energie- und wettbewerbsrechtlichen Grundlagen und welche Grundsätze des Datenschutzrechts sind zu berücksichtigen? Wieviel Innovationsspielraum besteht für Energieplattformen?

Ebenfalls mit Daten setzen sich David Rosenthal und Livio Veraldi in ihrem Beitrag zum Training von KI-Sprachmodellen auseinander: Wie funktioniert das Training grosser Sprachmodelle? Welches Sprachmaterial kann – und darf – für solche Trainingszwecke verwendet werden? Die Autoren betrachten die rechtlichen Grundlagen in der Schweiz: Urheberrecht, Datenschutz, Lauterkeitsrecht und vertragsrechtliche Aspekte, aber auch die Haftung von Anbietern und «Crawler-Verbote» finden Eingang in ihre Überlegungen.

Wer hört heute noch Radio? Patricia M. Schiess Rütimann analysiert die Medienlandschaft – genauer: das öffentliche Radio – in Liechtenstein. Nach einem Volksentscheid tritt das «Gesetz über den ‹Liechtensteinischen Rundfunk›» am 1. Januar 2026 ausser Kraft. Thema ihres Beitrags sind deshalb auch die Ausgestaltung des öffentlichen Rundfunks in der Schweiz und der European Media Freedom Act.

Schliesslich rezensiert Roland Pfäffli das kürzlich erschienene Handbuch zur Handelsregisterpraxis von Karin Poggio und Adrian Tagmann – einen nützlichen Leitfaden für Praktiker*innen, die sich im Gesellschaftsrecht bewegen.

Wir wünschen eine anregende und interessante Lektüre!

Martina Plüss
Editions Weblaw

PS: Weblaw produziert neu die Bernische Verwaltungsrechtsprechung (BVR). Die Zeitschrift erscheint ca. 10mal jährlich, sowohl gedruckt als auch online (https://ebvr.weblaw.ch). Sie beinhaltet u.a. ausgewählte aktuelle Leitentscheide des bernischen Verwaltungsrechts.

Beiträge
Stealthing durch abredewidriges Absetzen der Pille?
Matthias Jenal
Matthias Jenal
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der Strafbarkeit des «Stealthings» und deren Folgen und zeigt auf, dass der typischen Stealthing-Handlung ein abstraktionsfähiger Gedanke zugrunde liegt, der auch die abredewidrige Nichtanwendung von Verhütungsmitteln umfassen müsste. Der Autor stellt im Lichte des Diskriminerungsverbots die Probleme dar, die sich ergeben würden, wenn die typische Stealthing-Handlung strafbar, dagegen die vergleichbare Konstellation der abredewidrigen Nichtanwendung von Verhütungsmitteln nicht strafbar wäre und übt grundsätzlich Kritik an der strafbarkeitsbegründenden Einführung von Bedingungen und Abredewidrigkeiten.
Dynamisierung der Stromversorgung
Reto Patrick Müller
Reto Patrick Müller
Philip Glass
Philip Glass
Moderne Stromnetze und intelligente Messsysteme erlauben eine Dynamisierung der Stromversorgung. Damit einher geht eine intensive Bearbeitung von Daten. Mit digitalen Plattformen lassen sich unterschiedliche Kundengruppen erschliessen und Netzwerkeffekte erzielen. Plattformtechnologie stösst auf eine akteursbezogene, letztlich limitierende Regulierung im Netzbereich. Zudem sind die Grundsätze des Datenschutzrechts sowie des entstehenden Datensicherheitsrechts einzuhalten. Das Potenzial für innovative Lösungen dürfte dort am grössten sein, wo die Regulierung nicht greift (und Wettbewerb besteht) oder wo sich Bruchstellen ergeben.
Das Training von KI-Sprachmodellen mit fremden Inhalten und Daten aus rechtlicher Sicht
David Rosenthal
David Rosenthal
Livio Veraldi
Livio Veraldi
Grosse Sprachmodelle benötigen für ihr Training umfangreiches Sprachmaterial. Viel davon stammt aus dem Internet. Diese Daten können jedoch Personendaten und geistiges Eigentum Dritter enthalten. Unter welchen Voraussetzungen ist deren Nutzung für Trainingszwecke zulässig? Zur Beantwortung dieser Frage analysieren wir zunächst Zweck und Funktionsweise des Trainings grosser Sprachmodelle. Anschliessend betrachten wir die relevanten Trainingsdatenquellen aus rechtlicher Perspektive. Schliesslich erläutern wir den Umgang mit diesen Quellen nach Schweizer Urheber-, Datenschutz-, Lauterkeits- und Vertragsrecht. Wir behandeln zudem «Crawler-Verbote» und die Haftung von Anbietern.
Essay
Das Ende des öffentlichen Radios in Liechtenstein?
Patricia M. Schiess Rütimann
Patricia M. Schiess Rütimann
Am 27. Oktober 2024 sprachen sich die liechtensteinischen Stimmberechtigten für ein Initiativbegehren der «Demokraten pro Liechtenstein» aus. Gemäss diesem tritt das «Gesetz über den ‹Liechtensteinischen Rundfunk›» am 1. Januar 2026 ausser Kraft. Dieser Essay gibt einen Überblick über Liechtensteins Medien. Er erörtert, wie es zum Volksentscheid kam und was er für das öffentlich-rechtliche Radio bedeutet, insbesondere, weil Liechtenstein als EWR-Mitglied künftig auch das Europäische Medienfreiheitsgesetz beachten muss. Abgeschlossen wird der Text mit Bemerkungen zu den Diskussionen und vor allem auch zu dem, was nicht gesagt wurde.
Rezension
Rezension: Das Handelsregister
Roland Pfäffli
Roland Pfäffli
Das Handelsregister zeichnet sich aus durch Klarheit und Sicherheit im Rechtsverkehr und stellt einen unschätzbaren Wert für das Rechts- und Wirtschaftsleben dar. Das unlängst im Schulthess Verlag (Zürich) erschienene Handbuch zur Handelsregisterpraxis wird im vorliegenden Beitrag näher vorgestellt.
Aus dem Bundesgericht
Entzug der Privatklägerstellung – Beschwerde von Hermitage Capital Management Ltd abgewiesen
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht weist die Beschwerde der Gesellschaft Hermitage Capital Management Ltd im Zusammenhang mit dem Entzug der Stellung als Privatklägerin in dem von der Bundesanwaltschaft 2021 eingestellten Verfahren wegen Geldwäscherei ab. Das Bundesstrafgericht hat kein Bundesrecht verletzt, wenn es davon ausgegangen ist, dass die Gesellschaft von den geltend gemachten Delikten selber nicht direkt berührt ist. (Urteil 7B_60/2022)
Aus dem Bundesverwaltungsgericht
Bündner und Glarner Radiokonzession geht an die Südostschweiz Radio AG
Jurius
Jurius
BVGer – Die Radio Alpin Grischa AG erfüllt die Konzessionsvoraussetzungen nicht. Zu diesem Schluss gelangt das Bundesverwaltungsgericht und erteilt die Konzession bis 2034 für das Versorgungsgebiet «Südostschweiz – Glarus» der Südostschweiz Radio AG. (Urteil A-929/2024)
Medienmitteilungen
Verhandlungsmandat für einen Staatsvertrag mit der Ukraine
Jurius
Jurius
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 29. Januar 2025 das Verhandlungsmandat für einen Staatsvertrag zwischen der Schweiz und der Ukraine gutgeheissen. Im Prozess des Wiederaufbaus der Ukraine bildet der Staatsvertrag die rechtliche Grundlage für eine verstärkte Zusammenarbeit mit dem Schweizer Privatsektor.
Chlorothalonil: Bericht zu Sanierung des Trinkwassers verabschiedet
Jurius
Jurius
Abbauprodukte des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Chlorothalonil übersteigen im Trinkwasser in gewissen Regionen der Schweiz den erlaubten Höchstwert. Die betroffenen Wasserversorger haben grösstenteils Massnahmen zur Senkung der Konzentrationen ergriffen. Dies zeigt ein Postulatsbericht, den der Bundesrat in seiner Sitzung vom 29. Januar 2025 verabschiedet hat.
Klima: Neue Verminderungsziele unter dem Pariser Übereinkommen
Jurius
Jurius
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 29. Januar 2025 das neue Verminderungsziel der Schweiz unter dem Pariser Übereinkommen gutgeheissen. Dieses entspricht dem Reduktionspfad des Klima- und Innovationsgesetzes der Schweiz. Bis 2035 soll die Schweiz ihren Treibhausgas-Ausstoss um mindestens 65% gegenüber dem Wert von 1990 vermindern, im Durchschnitt der Jahre 2031 bis 2035 um 59%. Die Ziele sollen vorrangig mit Massnahmen im Inland erreicht werden. Gleichzeitig hat der Bundesrat eine Ergänzung der langfristigen Klimastrategie der Schweiz verabschiedet.
Verlängerung des Gentechnik-Moratoriums
Jurius
Jurius
An seiner Sitzung vom 29. Januar 2025 hat der Bundesrat seine Stellungnahme zum Bericht der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats (WBK-N) über die Verlängerung des Gentechnik-Moratoriums verabschiedet. Der Bundesrat empfiehlt eine Verlängerung um fünf Jahre, bis am 31. Dezember 2030, anstatt wie von der WBK-N vorgeschlagen nur um zwei Jahre.
Impulsprogramm zur Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung bis Ende 2026 verlängert
Jurius
Jurius
Das Impulsprogramm des Bundes zur Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung soll durch ein neues Gesetz abgelöst werden, das derzeit im Parlament erarbeitet wird. Bis das Gesetz in Kraft treten kann, wird das Impulsprogramm bis Ende 2026 verlängert. Das hat das Parlament am 27. September 2024 entschieden. An seiner Sitzung vom 29. Januar 2025 hat der Bundesrat die Verordnung über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung (KBFHV) entsprechend angepasst. Die Anpassungen treten rückwirkend per 1. Januar 2025 in Kraft.
Mandat für Verhandlungen über die Anerkennung elektronischer Signaturen
Jurius
Jurius
Die elektronische Signatur eines Dokuments soll sowohl in der Schweiz als auch in der Europäischen Union (EU) anerkannt werden. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 29. Januar 2025 das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), zusammen mit dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) beauftragt, ein entsprechendes Verhandlungsmandat mit der EU auszuarbeiten.
Strategische Ziele für die Schweizerische Post 2025–2028
Jurius
Jurius
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 29. Januar 2025 die strategischen Ziele für die Schweizerische Post AG für die Jahre 2025 bis 2028 festgelegt. Der Bundesrat hält an der bewährten Struktur und den strategischen Grundausrichtungen der Ziele fest. In einzelnen Punkten passt er seine Erwartungen an aktuelle Entwicklungen an. Dies betrifft insbesondere die Bereiche Nachhaltigkeit und Unternehmenszukäufe.
Governance in der Berufsbildung
Jurius
Jurius
Ab dem 1. März 2025 garantiert der Bund den Kantonen dank eines neuen Zahlungsrahmens für die Pauschalbeiträge in der Berufsbildung eine bessere Planungssicherheit. Diesen Entscheid hat der Bundesrat am 29. Januar 2025 getroffen. Zudem werden zwei Kommissionen aufgelöst und so die Strukturen der Berufsbildung an die veränderten Bedürfnisse angepasst.
Fernmeldeüberwachung und mitwirkungspflichtige Unternehmen
Jurius
Jurius
Der Bundesrat hat am 29. Januar 2025 die Vernehmlassung zur Teilrevision zweier Ausführungserlasse zur Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (VÜPF, VD-ÜPF) eröffnet. Die Verordnung über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (VÜPF) sieht klare Definitionen für die Kategorien von Mitwirkungspflichtigen vor. Präzisiert wird die Pflicht zur Entfernung der Verschlüsselung. Diese betrifft jedoch ausdrücklich nicht Ende-zu-Ende-Verschlüsselungen, wie sie z.B. von Messenger-Diensten angebracht werden.
Bundesrat streicht EU von der Börsenschutz-Liste
Jurius
Jurius
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 29. Januar 2025 beschlossen, die Europäische Union (EU) per 1. Mai 2025 von der Liste der von der Börsenschutzmassnahme betroffenen Jurisdiktionen zu streichen. Die Börsenschutzmassnahme hatte der Bundesrat 2019 als Reaktion auf die Nicht-Anerkennung der Börsenäquivalenz durch die EU zum vorübergehenden Schutz des Schweizer Börsenplatzes erlassen. Mittlerweile hat die EU die entsprechenden rechtlichen Grundlagen revidiert. Die Schweizer Schutzmassnahme gegenüber der EU ist derzeit daher nicht mehr notwendig und soll zugunsten der Schweizer Unternehmen aufgehoben werden. Die Schweiz wird weiterhin im Regulierungsdialog im Finanzbereich mit der EU die Äquivalenzanerkennungen und Verbesserungen des Marktzuganges für Finanzdienstleister anstreben.
Vernehmlassung zum Informationsaustausch in Sachen OECD-Mindestbesteuerung
Jurius
Jurius
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 29. Januar 2025 die Vernehmlassung zur Genehmigung der völkerrechtlichen Grundlage zum Informationsaustausch in Sachen OECD-Mindestbesteuerung eröffnet. Die betroffenen multinationalen Unternehmensgruppen sollen künftig die Informationen zentral in einem Staat einreichen können. Die am Informationsaustausch beteiligten Staaten sollen zudem prüfen können, ob die Steuerberechnungen multinationaler Unternehmensgruppen korrekt sind. Die Vernehmlassung dauert bis zum 8. Mai 2025. Die nationale Implementierung ist nicht Gegenstand dieser Vorlage. Der Bundesrat verfolgt die internationalen Entwicklungen eng.
Fortpflanzungsmedizin: Eckwerte für die Zulassung der Eizellenspende
Jurius
Jurius
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 29. Januar 2025 entschieden, das Fortpflanzungsmedizingesetz umfassend zu überarbeiten, um es den heutigen Gegebenheiten anzupassen. Im Zentrum steht die Zulassung der Eizellenspende, wie sie das Parlament mit der Motion «Kinderwunsch erfüllen, Eizellenspende für Ehepaare legalisieren» verlangt. Der Bundesrat hat dazu nun die Eckwerte festgelegt. Er schlägt zudem vor, die Ei- und Samenzellenspende auch unverheirateten Paaren zu ermöglichen.
Kostenlimiten in der Wohnraumförderung werden revidiert
Jurius
Jurius
Am 1. Februar 2025 tritt die revidierte Verordnung des Bundesamtes für Wohnungswesen (BWO) über die Kostenlimiten und Darlehensbeträge für Miet- und Eigentumsobjekte in Kraft. Die neuen Regelungen passen die Kostenlimiten an die gestiegenen Land- und Baukosten an. Ein zentraler Punkt der Revision sind bessere Fördermöglichkeiten für gemeinnützige Projekte in den Berggebieten.
Vernehmlassung zum neuen Bundesgesetz über die Raumfahrt eröffnet
Jurius
Jurius
Der Bundesrat will die Standortattraktivität der Schweiz im Raumfahrtsektor weiter verbessern. Er hat am 29. Januar 2025 den Vorentwurf eines Bundesgesetzes über die Raumfahrt in die Vernehmlassung geschickt. Das Gesetz bezweckt einen klaren Rechtsrahmen für den Betrieb von Satelliten und widerspiegelt die zunehmende Bedeutung der Raumfahrt für die Schweiz.