18. Juli 2005

Text

Mit 54.6% Ja-Stimmen hat das Schweizer Stimmvolk am 5. Juni 2005 Schengen/Dublin aus Schweizer Sicht den Segen erteilt. Unklar geblieben ist, was passiert, wenn das Stimmvolk am 25. September 2005 Nein zur Ausdehnung des Personenfreizügigkeitsabkommens auf die neuen EU-Mitgliedländer sagt. EU-Aussenministerin Benita Ferrero Waldner hat dabei nicht unbedingt zur Klärung beigetragen. Auf die Frage des Journalisten von SF DRS, Hanspeter Stalder, «Sie sagen ein Nein am 25. September würde auch das Ende von Schengen/Dublin bedeuten?», antwortete sie: «Es würde in diesem Moment keine Umsetzung ermöglichen [...].» Darauf Stalder weiter: «Würde ein Nein am 25. September bedeuten, dass die EU die Bilateralen I kündigen würden?» Ferrero Waldner: «Es ist jedenfalls so, dass die Bilateralen I als Gesamtpaket verhandelt wurden und deshalb kann man nicht einfach ein Abkommen herausbrechen.»


Liebe Leserinnen und Leser

Im zweiten Beitrag unserer neuen Rubrik «Völker- und Europarecht AKTUELL» widmet sich Mag. iur. Silvia Ruspekhofer der «rechtlichen Verklammerung» von Schengen/Dublin und der Frage der Erweiterung des Freizügigkeitsabkommens und damit auch der Bilateralen I und II. Sie analysiert die Folgen der beiden Abstimmungen und erläutert die rechtlichen Grundlagen.

Lorenz Engi befasst sich mit dem im öffentlichen Recht geltenden Legitimitätsbegriff und plädiert für eine klare Unterscheidung zwischen juristischer Legitimation und faktischer Akzeptanz: «Wenn die Rechtswissenschaft von «Legitimation» spricht, sollte sie daher auch zukünftig diese Legitimation im normativen Sinn bezeichnen. Die Legitimation, welche sich die Verwaltung in der Praxis zusätzlich dazu in ihrem jeweiligen Umfeld beschafft, ist begrifflich davon klar abzugrenzen. Sie kann als Legitimation im praktischen Sinn bezeichnet werden. Besser aber wird für diese Formen der Rechtfertigung durch Zustimmung ein ganz anderer Begriff verwendet; zum Beispiel derjenige der Akzeptanz. So lassen sich demokratische Legitimation und faktische Akzeptanz begrifflich separieren und theoretisch auf sinnvolle Weise in Beziehung zueinander setzen.»

Dr. iur. RA Parisima Vez nimmt in ihrem Beitrag «Le nouveau droit des fondations» die vorgesehenen neuen Bestimmungen zum Stiftungsrecht unter die Lupe. Ihr Augenmerk richtet sie dabei v.a. auf die für gewisse Stiftungen vorgesehene Pflicht, eine Revisionsstelle zu bezeichen, und die Möglichkeit der nachträglichen Änderung des Stiftungszwecks durch den Stifter.

Dr. iur. RA Tina Krügel, LL.M., berichtet von der Tagung «E-Government 2010 - Datenschutz in der modernen Verwaltung» vom 11. Mai 2005 in Hannover.

Erwähnt seien auch die Pressemitteilung der Swiss Funds Association (Richtlinie für Transparenz bei Verwaltungskommissionen) sowie die Übersicht zur Rechtsprechung des EVG und des Bundesgerichts.

Mit besten Grüssen

Nils Güggi

Leiter Jusletter

Schengen/Dublin und darüber hinaus: an den Grenzen des eidgenössischen Bilateralismus – Völker- und Europarecht AKTUELL
Silvia Ruspekhofer
Silvia Ruspekhofer
Das Verhältnis zwischen der Schweiz und der Europäischen Union steht vor grossen Veränderungen. Am 5. Juni 2005 stimmte das schweizerische Stimmvolk über Schengen/Dublin ab. Bereits am 25. September 2005 findet ein weiteres Referendum über die Ausdehnung des Freizügigkeitsabkommens statt. Welche Folgen haben diese Vorgänge für die Schweiz und was sind die rechtlichen Grundlagen?
Le nouveau droit des fondations
Parisima Vez
Parisima Vez
En automne 2004, les Chambres fédérales ont modifié les dispositions du Code civil relatives au droit des fondations. Afin d´encourager la constitution de nouvelles fondations, les dispositions révisées libéralisent le droit suisse et tendent à une meilleure prise en compte des intérêts des fondateurs.
Zum Legitimitätsbegriff
Lorenz Engi
Lorenz Engi
Kooperative Elemente gewinnen in der Verwaltungspraxis an Gewicht. Unter diesen Bedingungen stellt sich die Frage, ob das Einverständnis von Betroffenen als Legitimationsgrundlage des Verwaltungshandelns gelten kann. Im Folgenden wird für eine Unterscheidung zwischen juristischer Legitimation und faktischer Akzeptanz plädiert.
Zweckbindung und informationelle Gewaltenteilung in der öffentlichen Verwaltung
Tina Krügel
Tina Krügel
Das Institut für Rechtsinformatik (IRI) der Universität Hannover veranstaltete am 11.05.2005 in Hannover eine datenschutzrechtliche Fachtagung unter dem Titel «E-Government 2010 – Datenschutz in der modernen Verwaltung». Namhafte Referenten beschäftigten sich mit der Zweckbindung und informationellen Gewaltenteilung des öffentlichen Datenschutzrechtes. Die Autorin berichtet im vorliegenden Beitrag von der Tagung.
Vollmacht vor Schlaganfall
Peter Josi
Peter Josi
Eine Vollmacht erlischt nicht zwingend, wenn der Vollmachtgeber handlungsunfähig wird. Laut Bundesgericht ist es zulässig, wenn für diesen Fall vereinbart wird, dass die Vollmacht weiterbestehen soll.
FFE ohne Psychiater
Peter Josi
Peter Josi
Für die Heimeinweisung eines verhaltensauffälligen Kindes ist der Beizug eines Psychiaters nicht in jedem Fall erforderlich. Die bei der fürsorgerischen Freiheitsentziehung (FFE) verlangte Begutachtung ist laut Bundesgericht nur dann zwingend anzuordnen, wenn eine anstaltspsychiatrische Betreuung in Betracht gezogen wird.
Swisscom darf Cinetrade übernehmen
fel.
fel.
Einer Übernahme der CT Cinetrade durch Swisscom steht rechtlich nichts mehr im Weg, nachdem die Cablecom GmbH am vergangenen Freitag ihre Verwaltungsgerichtsbeschwerde zurückgezogen hat, mit der der Zusammenschluss verhindert werden sollte.
Streit um zwei antike Goldmünzen Ali Khans
fel.
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Die Bank Crédit Agricole Indosuez (Suisse) SA muss zwei antike Riesenmünzen aus Gold, die sie 1988 als Sicherheit für einen Kredit von sechs Millionen Dollar entgegengenommen hat, nicht an Indien herausgeben.
Gegen Adoption des Neffen
fel.
fel.
Das Bundesgericht verwehrt wie zuvor schon die zuständigen Behörden des Kantons St. Gallen einem aus Mazedonien stammenden kinderlosen Ehepaar die Adoption eines Neffen. Bereits vor der Geburt ihres dritten Kindes hatten die Eltern sich dazu entschlossen, dieses dem Bruder des Ehemannes und dessen Frau zur Adoption zu übergeben.
Baden ist nicht Württemberg
fel.
fel.
Ein schweizerisches Betreibungsamt darf einem im ehemaligen deutschen Bundesland Baden wohnhaften Schuldner laut einem neuen Urteil des Bundesgerichts eine Konkursandrohung nicht direkt postalisch zustellen.
Das Bundesgericht trotzt Bundesrat Blocher
fel.
fel.
Das Bundesgericht und das Eidgenössische Versicherungsgericht weigern sich, die von Bundesrat Christoph Blocher verlangten Organisationsvarianten mit einem Spareffekt von rund 20 Prozent auszuarbeiten.
Kostentransparenz bei Anlagefonds – neue Richtlinie der SFA
Jurius
Jurius
Die Swiss Funds Association (SFA) erlässt eine verbindliche Richtlinie für Transparenz bei Verwaltungskommissionen, mit dem Ziel, den Anlegerschutz zu stärken. Die Richtlinie wurde von der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) als Mindeststandard für Schweizer Fondsleitungen und Vertreter ausländischer Fonds anerkannt.
Transparenz bei Kreditkarten- und Bancomat-Gebühren
Jurius
Jurius
Ab 1. Januar 2006 müssen die Zuschläge, welche Kreditkartenherausgeber zum Teil bei der Benützung der Kreditkarte im Ausland erheben, klar deklariert werden. Ebenfalls haben die Banken, welche ihren eigenen Kunden gegenüber Zuschläge erheben, wenn sie am Bancomaten einer Fremdbank Geld abheben, darüber in deutlicher Weise zu informieren. Das seco-Informationsblatt über Bankdienstleistungen wird angepasst.
Übersicht über die Rechtsprechung des Schweizerischen Bundes- und Eidgenössischen Versicherungsgerichts (Juni 05/Juli 05)
Jurius
Jurius
Die Rechtsprechungsübersicht führt die zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenen Urteile des Schweizerischen Bundes- und Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 18. Juni 2005 bis und mit 16. Juli 2005 auf. Neben Dossiernummer, Urteilsdatum, Abteilung/Kammer, Prozessgegenstand und Vorinstanz wird ein Hyperlink zum Originalentscheid und – sofern vorhanden – zur jeweiligen Besprechung in Jusletter wiedergegeben.