13. August 2012

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Liebe Leserinnen und Leser
 
Eheverträge, Scheidungsunterhalt, eheliches Güterrecht, Kindesrecht, Vormundschaftsrecht sind nur eine Auswahl an Bereichen des Familienrechts, über die das Bundesgericht regelmässig zu entscheiden hat: Allein im ersten Halbjahr dieses Jahres waren es fast 300 Entscheidungen. Prof. Dr. Regina Aebi-Müller fasst die relevanten Entscheide des Bundesgerichts zum Familienrecht im Zeitraum von November 2010 bis Juli 2012 thematisch zusammen und bietet so einen für die Praxis relevanten Überblick.
 
Sport, Musik und Wirtschaft sind Beispiele aus dem alltäglichen Leben, in denen der Verein als dominierende Rechtsform auftreten kann. In der Schweiz gibt es inzwischen deutlich mehr als 100‘000 Vereine. Jeder dieser Vereine hat durchschnittlich drei bis fünf Vorstandsmitglieder. Damit sind rund eine halbe Million Menschen in der Schweiz von der Haftungsproblematik des Vereinsvorstandes (potentiell) betroffen. Dem besonderen Fall der Haftung des Vereinsvorstandes für nichtabgelieferte AHV-Beiträge widmet sich Simon Hürbin. Er berücksichtigt hierbei die seit Januar 2012 geltende Änderung des Art. 52 AHVG (Haftung des Arbeitgebers), durch welche eine subsidiäre Arbeitgeberorganhaftung gesetzlich verankert wurde.
 
Kann ein ausländischer Insolvenzverwalter in der Schweiz Forderungen einklagen oder vollstrecken? Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichts ist eine ausländische Insolvenzverwaltung aufgrund fehlender Prozessführungsbefugnis in der Schweiz faktisch handlungsunfähig. Rolf Kuhn und Marjolaine Jakob beleuchten diese aktuelle bundesgerichtliche Rechtsprechung und untersuchen unter anderem, ob einem ausländischen Insolvenzverwalter mittels einer Schiedsvereinbarung die Prozessführungsbefugnis eingeräumt werden kann.
 
Vielen Menschen mangelt es auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch immer an einer akzeptablen Grundversorgung mit Wasser. Dr. Christian Hofer geht der Frage nach, inwieweit alle Menschen ein Recht auf Wasser haben und wie sich ein solches Recht begründen lässt; welche Pflichten aus einem solchen Recht resultieren und inwieweit diese Pflichten mit dem Einbezug Privater in die Wasserversorgung vereinbar sind.
 
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche.
 
   
Simone Kaiser Sarah Montani
RA, stellv. Verlagsleiterin
Leiterin Jusletter
Mitinhaberin Weblaw AG
Kommentierte Rechtsprechungsübersicht
Aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Familienrecht
Regina Aebi-Müller
Regina Aebi-Müller
Mehrere hundert Urteile fällt das Schweizerische Bundesgericht jedes Jahr unter dem Titel «Familienrecht». Den Überblick über die wesentlichen Entwicklungen zu behalten, scheint kaum möglich zu sein. Der Beitrag fasst alle amtlich als BGE publizierten sowie zahlreiche nur im Internet veröffentlichten Urteile zusammen. Ziel ist es, dem familienrechtlichen Praktiker, dem die Grundlagen des Schweizerischen Familienrechts vertraut sind, eine rasche Übersicht über die neusten Entwicklungen zu bieten. Einzelne Urteile werden darüber hinaus auch kritisch beleuchtet. Der Beitrag umfasst die Rechtsprechung der letzten eineinhalb Jahre (von November 2010 bis und mit Juli 2012; massgeblich ist das Datum der Veröffentlichung im Internet).
Beiträge
Die Haftung des Vereinsvorstands für nichtabgelieferte AHV-Beiträge
Simon Hürbin
Simon Hürbin
Entrichtet ein im Rechtsverkehr als Arbeitgeber auftretender Verein keine Sozialversicherungsbeiträge, wird er unter gewissen Voraussetzungen der Ausgleichskasse schadenersatzpflichtig. Die Interpretation und teils exzessive Auslegung des Gesetzestextes durch das Gericht ist dabei nur ein fragwürdiger Punkt. Seit einem Grundsatzentscheid des EVG aus dem Jahre 1970 kann die Ausgleichskasse bei Zahlungsunfähigkeit des Vereins subsidiär auf die Arbeitgeberorgane zurückgreifen. Trotz dieser in der Lehre stark kritisierten Rechtsprechung hat sich der Gesetzgeber entschieden, diese subsidiäre Arbeitgeberorganhaftung gesetzlich zu verankern.
Die ausländische Insolvenzverwaltung in der Schweiz – eine Standortbestimmung
Rolf Kuhn
Rolf Kuhn
Marjolaine Jakob
Marjolaine Jakob
Bedingt durch die geltende Rechtsprechung wird eine ausländische Insolvenzverwaltung in der Schweiz aufgrund der fehlenden Prozessführungsbefugnis als faktisch handlungsunfähig betrachtet. Diese Situation erweist sich verschiedentlich als unbefriedigend und steht zum Teil im Widerspruch zur EuInsVO. Während die Rechtslage bezüglich staatlicher Gerichte durch die Rechtsprechung geklärt ist, bleibt bisher offen ob mittels Schiedsvereinbarung einem ausländischen Insolvenzverwalter die Prozessführungsbefugnis eingeräumt werden kann. Ferner bestehen verschiedene ungeklärte Fragen bei der Anerkennung und Vollstreckung von internationalen Schiedssprüchen.
Essay
Wasserversorgung im Spannungsfeld von Menschenrecht und kommerzieller Nutzung
Christian Hofer
Christian Hofer
Haben Menschen ein Recht auf Wasser? Wie lässt sich ein solches Recht begründen? Enthält z.B. der UNO-Pakt I über die Wirtschaftlichen, Sozialen und Kulturellen Rechte ein Recht auf Wasser? Was ist der Inhalt dieses Rechts? Welche Pflichten sind mit dem Recht auf Wasser verbunden? Sind diese Pflichten z.B. mit dem Einbezug Privater in die Wasserversorgung vereinbar? Der Aufsatz liefert einen Beitrag zur Diskussion dieser Fragen.
Aus dem Bundesgericht
Neuer Prozess nach Fehler des Pflichtverteidigers
Jurius
Jurius
BGer – Das Zürcher Obergericht muss den Prozess gegen einen Mann wiederholen, der 2007 auf seine Ex-Freundin geschossen hatte. Laut Bundesgericht hätte sein Pflichtverteidiger ausgewechselt werden müssen, weil er die Interessen seines Mandanten verletzt hat. (BGE 6B_770/2011)
Ausländer dürfen nach Tod des Ehepartners bleiben
Jurius
Jurius
BGer – Ausländische Ehegatten dürfen nach dem Tod ihres Schweizer Partners in der Regel auch bei kurzer Ehe in der Schweiz bleiben. Soweit keine Anzeichen auf Missbrauch bestehen, liegt laut Bundesgericht ein Härtefall vor, der zum weiteren Aufenthalt berechtigt. (BGE 2C_993/2011)
Stromnetz: Bundesgericht mildert Strompreissenkung ab
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht hat eine von der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom) verfügte Strompreissenkung für das Jahr 2009 nur teilweise gebilligt. Die ElCom muss nun nochmals über die Bücher. Die Kunden profitieren vorerst nicht vom Urteil. (BGE 2C_25/2011)
Taggeldversicherung: Klausel in Helsana-AGB ungültig
Jurius
Jurius
BGer – Die Helsana hat einem Zahnarzt zu Unrecht die Taggelder halbiert, nachdem er wegen einer Depression arbeitsunfähig geworden war. Laut Bundesgericht ist die entsprechende Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ungewöhnlich und damit ungültig. (BGE 4A_24/2012)
Stadt Winterthur verliert Haftungsstreit
Jurius
Jurius
BGer – Die Stadt Winterthur hat den Streit um die Haftung für die Mehrkosten wegen Fehlern beim Bau des Schulhauses Sennhof verloren. Laut Bundesgericht hat das Zürcher Handelsgericht die Klage gegen einen Bauingenieur und eine Baufirma zu Recht abgewiesen. (Urteil 4A_53/2012 und 4A_55/2012)
Unternehmenssteuerreform: Zürcher Bestimmung aufgehoben
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht hat eine Bestimmung in der Zürcher Verordnung zur Unternehmenssteuerreform II des Bundes aufgehoben. Betroffen ist die Frage der Besteuerung von stillen Reserven nach der Aufgabe einer selbständigen Tätigkeit wegen Alter oder Invalidität. (Urteil 2C_809/2011)
Pas de dérogation pour le début de l’année scolaire
Jurius
Jurius
BGer – Der Kindergarteneintritt wird in Genf zeitlich nicht nach vorne verschoben. Das Bundesgericht lehnt die Beschwerde der Eltern eines vierjährigen Kindes ab. Der Geburtstag des Kindes fiel auf ein Datum kurz nach der Frist vom 31. Juli. Die Eltern forderten einen früheren Beginn für ihr Kind. (Urteil 2C_491/2012) (sk)
Sehbehinderte Geochemikerin erhält keinen 17-Zoll-Laptop
Jurius
Jurius
BGer – Eine stark sehbehinderte Geochemikerin aus dem Kanton Thurgau hat keinen Anspruch auf einen Laptop mit 17-Zoll-Bildschirm auf Kosten der Invalidenversicherung (IV). Dies hat das Bundesgericht entschieden, indem es eine Beschwerde der Frau abwies. (Urteil 9C_80/2012)
Annulation d’un non-lieu rendu en faveur d’un médecin genevois
Jurius
Jurius
BGer – Das Verfahren gegen den Chefarzt einer Genfer Klinik wurde nach dem Tod eines Patienten, der einen Verkehrsunfall erlitten hatte, ohne weitere Untersuchung eingestellt. Das Bundesgericht hat nun diese Entscheidung der Genfer Justiz zur Neubeurteilung zurückgewiesen. (Urteil 1B_24/2012) (sk)
Strassenverkehr: Unbelehrbarer Raser erneut verurteilt
Jurius
Jurius
BGer – Ein Luzerner Raser ist vor Bundesgericht erneut erfolglos geblieben. Das Gericht hat seine Verurteilung zu 13 Monaten Gefängnis bestätigt, die er im Anschluss an die Strafe von sechs Jahren für einen tödlichen Unfall von 2005 verbüssen muss. (Urteil 6B_297/2012)
Katholisch bleiben trotz Austritt aus der Staatskirche
Jurius
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BGer – Nach zehn Jahren ist der Versuch einer Luzernerin, aus der katholischen Staatskirche auszutreten, endlich rechtskräftig. Die Luzerner Kirchgemeinde wollte den Austritt zuletzt an ein Gespräch mit dem Generalvikar knüpfen. Das Bundesgericht hat dies abgelehnt. (Urteil 2C_406/2011)
Aus dem Bundesverwaltungsgericht
Moneyhouse.ch darf Personensuche wieder anbieten
Jurius
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BVGer – Moneyhouse.ch darf seinen Dienst «Personensuche» laut Bundesverwaltungsgericht wieder in Betrieb nehmen. Will jemand seine Daten löschen lassen, muss das Portal aber gleichentags reagieren. Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) will die Einhaltung der Auflage überwachen und droht mit dem Bundesgericht. (Zwischenverfügung im Verfahren A-3831/2012)
Neubeurteilung der Einreisesperre gegen Ex-Terrorist der RAF
Jurius
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BVGer – Das Bundesverwaltungsgericht hat die 1988 verhängte Einreisesperre gegen das frühere RAF-Führungsmitglied Christian Klar aufgehoben. Das Bundesamt für Polizei muss auf Basis der heutigen Situation über eine allfällige neue Sperre gegen den 60-Jährigen entscheiden. (Urteil C-5331/2009)
UVEK muss Bewilligungsentzug für AKW Mühleberg prüfen
Jurius
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BVGer – Das UVEK muss das Gesuch um Entzug der Betriebsbewilligung für das AKW Mühleberg inhaltlich prüfen, welches Anwohner des Berner Kraftwerks nach der Fukushima-Katastrophe 2011 gestellt haben. Das Bundesverwaltungsgericht hat den AKW-Gegnern erneut Recht gegeben. (Urteil A-6030/2011)
Aus dem Bundesstrafgericht
Bundesanwaltschaft kann gegen algerischen Ex-Minister ermitteln
Jurius
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BStGer – Die Bundesanwaltschaft kann gegen den früheren algerischen Verteidigungsminister Khaled Nezzar wegen Verdachts auf Kriegsverbrechen ermitteln. Das Bundesstrafgericht hat eine Beschwerde Nezzars abgewiesen. (Urteil BB.2011.140)
Medienmitteilungen
Flughafen Zürich: Ausbau der Parkierungsanlagen
Jurius
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Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) hat den Ausbau der Parkierungsanlagen am Flughafen Zürich teilweise genehmigt. Es hat der Flughafen Zürich AG die Plangenehmigung für die Ost-Erweiterung des Parkhauses 6 und den Bau eines Parkdecks neben dem Werkhof erteilt. Dabei handelt es sich um 3'000 Parkplätze. Das Gesuch für weitere knapp 4'000 Parkplätze hat das UVEK noch nicht bewilligt.
FINMA: Anhörung zu neuen Rundschreiben im Prüfwesen
Jurius
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Die Zusammenarbeit der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA mit den für aufsichtsrechtliche Aufgaben mandatierten Prüfgesellschaften soll künftig noch wirksamer, wirtschaftlicher und einheitlicher ausgestaltet sein. Zwei neu ausgearbeitete Rundschreiben setzen die damit verbundene Neuausrichtung des Prüfwesens regulatorisch um.
FINMA: Anhörung zum Rundschreiben «Liquidität Versicherer»
Jurius
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Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht konkretisiert mit ihrem Rundschreiben «Liquidität Versicherer» die aufsichtsrechtlichen Bestimmungen über das Risikomanagement, indem Prinzipien zur Liquiditätsberichterstattung der Versicherer festgelegt werden.
Gesetzgebungsübersicht
Verzeichnis der auf August 2012 in Kraft getretenen Erlasse des Bundes
Jurius
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Die vorliegende Zusammenstellung beinhaltet alle schweizerischen Bundesgesetze, Bundesbeschlüsse, Bundesrats- und Departementsverordnungen sowie einzelne Artikel, die im August 2012 in Kraft treten. Die einzelnen Erlasse und Änderungen können via Links direkt abgerufen werden.