Jusletter

Schwerpunkt-Ausgabe (Digitaler Tagungsband):
«27. Internationale Konferenz der Datenschutzbeauftragten»
«27th International Conference on Privacy and Personal Data Protection»
www.privacyconference2005.org

 

Liebe Leserinnen und Leser

Über 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus fast allen Kontinenten haben sich vom 14. bis 16. September 2005 in Montreux an der 27. Internationalen Konferenz der Datenschutzbeauftragten zusammengefunden und den «Schutz der Personendaten und der Privatsphäre in einer globalisierten Welt» diskutiert. Dabei trafen sich Repräsentantinnen und Repräsentanten der Datenschutzbehörden, Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft, Berater aus der Wirtschaft und der Administration, Informatiker und Vertreterinnen internationaler Organisationen aus über 40 Staaten.

Die rasant stattfindende Globalisierung ist auch für den Datenschutz eine gewaltige Herausforderung geworden. Austausch von und Zugang zu Information ist heute eine zentrale Voraussetzung für das Funktionieren und den Erfolg von Wirtschaft und Gesellschaft. Die moderne Technologie erlaubt es, Informationen sehr schnell, meist in Realzeit, zu verarbeiten und zu sammeln - oft ohne das Wissen der Betroffenen. Diese Informationen können ungeachtet der Landesgrenzen verbreitet und auch ausserhalb des ursprünglichen Kontexts weiterverwendet werden.

Die Datenbearbeitung im internationalen Kontext ist verschiedenen Rechtssystemen unterworfen. So entwischt sie zunehmend dem notwendigen Schutz, der weitgehend national organisiert ist. Die gleiche Datenbearbeitung ist darüber hinaus Objekt unterschiedlicher Notifikations- und Kontrollverfahren. Manchmal wird eine notwendige Datenbearbeitung durch zu restriktive Regeln oder durch den schlechten Willen der Akteure behindert. In andern Fällen kann die betroffene Person ihre Rechte wegen der Verbreitung der Information an beliebige Orte gar nicht mehr wahrnehmen. Das Internet stellt uns diesbezüglich vor eine völlig neue Herausforderung.

Der gegenwärtige, international geführte Kampf gegen den Terrorismus hat uns drastisch vor Augen geführt, wie wichtig die Verteidigung der fundamentalen Freiheitsrechte geworden ist. Der Schutz der Privatsphäre als zentrales Element einer modernen Demokratie und liberalen Gesellschaft ist zunehmend in Gefahr.

Die Herausforderung durch die Globalisierung, verbunden mit der rasanten Entwicklung der Informationstechnologien, zeigt die Brüchigkeit der geltenden Datenschutzregelungen auf. Heute erlauben die zur Verfügung stehenden Technologien die systematische und unbemerkte Verfolgung des Individuums: Internet, Videoüberwachung, RFID Chips, biometrische Daten, Mobiltelefone, Biobanken und GPS sind längst geläufige Begriffe. In ihrer Kombination enthalten diese Technologien ein gewaltiges Potential an Überwachungsmöglichkeiten.

Wir Datenschützerinnen und Datenschützer sind demgegenüber im internationalen Vergleich mit den unterschiedlichen Schutzniveaus und sich immer wieder neu öffnenden Lücken konfrontiert. Das unterstreicht die Notwendigkeit, gemeinsam über neue Wege zu reflektieren, wie die universellen Prinzipien des Datenschutzes gestärkt werden können, um dem Individuum - egal wo es sich befindet - die Respektierung seiner Rechte zu garantieren. Das immer im Bewusstsein, dass den verantwortlichen Datenbearbeitern bei der Erfüllung ihrer Aufgabe keine unverhältnismässigen Einschränkungen auferlegt werden sollen.

Wir betrachten es als grossen Erfolg dieser Konferenz, dass in der geschlossenen Sitzung der Datenschutzbeauftragten die Erklärung von Montreux verabschiedet wurde, welche als wichtigste Forderung die Anerkennung des Rechts auf Privatsphäre als universelles Menschenrecht postuliert und die internationale Gemeinschaft, allen voran die UNO, auffordert, dieses Grundrecht in ihre Charta aufzunehmen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass als Teil der Erklärung auch vereinbart wurde, sich jährlich darüber Rechenschaft abzulegen, welche Schritte bei der Umsetzung dieser Forderung bereits unternommen wurden und welche konkreten Anstrengungen noch in Angriff zu nehmen sind.

Die Dokumentation zahlreicher Referate des Kongresses in dieser Schwerpunkt-Ausgabe von «Jusletter» wird dazu beitragen, dass die nötigen Diskussionen zu den einzelnen Themen über die Datenschutzkonferenz hinaus und mit einem breiten Publikum fortgesetzt werden können.

Hanspeter Thür

Eidg. Datenschutzbeauftragter

 

Weiterführende Infos: www.edsb.ch/d/aktuell/index.htm