3. März 2014

Text

Liebe Leserinnen und Leser
 
Am 28. Januar hat das Bundesgericht erstmals einen Entscheid getroffen zum Verhältnis von Erbrecht und gebundener Selbstvorsorge. Prof. Dr. Regina Aebi-Müller betrachtet den Entscheid zum einen in rechtlicher Hinsicht, aber auch bezüglich der schriftlichen Ausführungen. Sie begrüsst einerseits die Feststellungen des Gerichts zur grundsätzlichen Unterstellung der Säule 3a unter das Erbrecht und zur Pflichtteilsrelevanz von Zuwendungen aus der gebundenen Selbstvorsorge. Auf der anderen Seite kritisiert sie aber die Praxis des «Selbstplagiats» bei der Gerichtsschreibung. Im Entscheid wurden Textpassagen und Verweise auf einschlägige Literatur und Gesetzestexte eines am selben Tag gefällten Urteils zum gleichen Bereich verwendet. Genau diese führen aber im konkreten Urteil nicht zur vertieften Analyse spezifischer Rechtsfragen, sondern verwirren an dieser Stelle eher.
 
Der Auflösung von Miteigentum unter Ehegatten bei Scheidung und den drei dazu in jüngster Zeit ergangenen Urteilen des Bundesgerichts widmen sich Prof. Dr. Alexandra Rumo-Jungo und Sybille Gassner. Aus mehreren Gründen halten die Autorinnen die neueste Rechtsprechung des Bundesgerichts für unhaltbar: Sie vermischt die sachen- und güterrechtliche Zuordnung von Grundstücken, blendet den Art. 206 ZGB aus und zwingt den Eheleuten eine einfache Gesellschaft auf, ohne dass eine solche vereinbart wäre.
 
Dr. Roger Rudolph beleuchtet Tücken bei der Ausübung des arbeitsrechtlichen Kündigungsrechts. Wie ist eine Kündigung zu formulieren? Wer kann die Kündigung aussprechen? Welche Formerfordernisse gibt es? Wie muss die Zustellung erfolgen? Was ist bei der Entlassung von Organpersonen zu beachten? Fehler beim Kündigungsvorgang kommen in der Praxis häufiger vor als man denkt und können fatale Folgen haben.
 
Bei der 2007 beschlossenen Neuordnung der Spitalfinanzierung im Bundesgesetz vom 18. März 1994 über Krankenversicherungen (KVG) standen der Übergang zur Leistungsfinanzierung sowie die Einführung von Fallpauschalen (SwissDRG) im Zentrum. Dr. Agnes Leu, Prof. Dr. Thomas Gächter und Prof. Dr. Bernice Elger stellen die Ergebnisse einer Befragung aus dem Jahr 2012 von Spitalverantwortlichen zu den Missbrauchsgefahren des neuen Tarifsystems SwissDRG vor und analysieren, inwieweit die nun geltenden Regelungen den von den Experten geäusserten Befürchtungen hinsichtlich des Datenschutzes Rechnung tragen.
 
Lorena Rota betrachtet unterschiedliche Geldstrafenmodelle unter dem Gesichtspunkt sozio-ökonomischer Entwicklungen. Im Vordergrund der Betrachtungen stehen das Bussen- und Tagessatzsystem.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche.
 
   
Simone Kaiser Sandrine Lachat
Verlagsleiterin Editions Weblaw Leiterin Jusletter Suisse Romande
Urteilsbesprechungen
Regina Aebi-Müller
Regina Aebi-Müller
Abstract

Angesichts stetig wachsender Vorsorgevermögen stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis die gebundene Selbstvorsorge der Säule 3a zum Erbrecht steht. Zwar ist sich die Lehre diesbezüglich mittlerweile weitgehend einig, ein entsprechendes Urteil des Bundesgerichts fehlte jedoch bislang. Ein zur amtlichen Publikation vorgesehenes Urteil des Bundesgerichts 9C_523/2013 vom 28. Januar 2014 befasst sich nun erstmals ausdrücklich mit dem Verhältnis von Erbrecht und gebundener Selbstvorsorge. Die Erwägungen der II. sozialrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts sind allerdings, wie nachfolgend ausgeführt wird, mit Vorsicht zu geniessen.

Alexandra Jungo
Alexandra Jungo
Sybille Gassner
Sybille Gassner
Abstract

Die neue Praxis des Bundesgerichts zur Auflösung von Miteigentum unter Ehegatten ist unter mehreren Gesichtspunkten unhaltbar: Sie widerspricht nicht nur der früheren ständigen Praxis (ohne dass sich das Bundesgericht dazu bekennen würde), sondern vermischt auch die sachen- und güterrechtliche Zuordnung von Grundstücken, blendet den Art. 206 ZGB aus und zwingt den Eheleuten eine einfache Gesellschaft auf, ohne dass eine solche vereinbart wäre.

Beiträge
Roger Rudolph
Roger Rudolph
Abstract

Die arbeitsrechtlichen Urteilssammlungen sind gespickt mit Entscheiden zu missbräuchlichen oder fristlosen Kündigungen. Das Unheil über der kündigenden Partei kann sich aber ganz losgelöst von diesen «Hotspots» des Kündigungsrechts zusammenbrauen, nämlich dann, wenn beim Kündigungsvorgang als solchem Fehler unterlaufen, was in der Praxis gar nicht so selten vorkommt und fatale Folgen haben kann. Es geht um Fragen, wie eine Kündigung zu formulieren ist, wer überhaupt zum Aussprechen der Kündigung kompetent ist, welche Form einzuhalten ist, wie die Zustellung zu erfolgen hat oder was bei der Entlassung von Organpersonen zu bedenken ist.

Agnes Leu
Agnes Leu
Thomas Gächter
Thomas Gächter
Bernice Elger
Bernice Elger
Abstract

Im Rahmen eines Projekts des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) wurden in der ersten Jahreshälfte 2012 Spitalverantwortliche u.a. danach gefragt, welche Gefahren sie im Zusammenhang mit dem neuen Tarifsystem «SwissDRG» für den Schutz der Patientendaten sehen. Der Beitrag stellt die Ergebnisse dieser Befragung vor und setzt sie in Beziehung zu den seitherigen Entwicklungen. Er analysiert, ob die nun geltenden Regelungen den Befürchtungen der befragten Experten hinreichend Rechnung tragen und kommt zum Schluss, dass die geltende rechtliche Regelung klare Akzente im Sinn des Datenschutzes setzt.

Lorena Rota
Lorena Rota
Abstract

Der Beitrag setzt sich mit der Funktion der Generalprävention der Geldstrafe, welche in der Schweiz 2007 eingeführt wurde, auseinander. Insbesondere werden das (frühere) Bussen-System und das Tagessatzsystem – im Lichte der im Bereich der ökonomischen Analyse des Strafrechts entwickelten Abschreckungsmodelle und der optimalen Strafhöhe – in Bezug auf das Ziel der Generalprävention der monetären Strafe verglichen. (bk)

Aus dem Bundesgericht
Jurius
Jurius
Abstract

BGer – Die Behörden dürfen das Allgemeinwissen zur Schweiz von Einbürgerungskandidaten nur mit Vorankündigung prüfen. Das Bundesgericht hat einer Familie aus dem zürcherischen Weiningen Recht gegeben, die bei einer «Einladung zum Gespräch» getestet wurde. (Urteil 1D_3/2013)

Jurius
Jurius
Abstract

Im Gefängnis Champ-Dollon besteht seit mehreren Jahren eine schwere und dauernde Überbelegung. Beim Bundesgericht wurden vier Beschwerden eingereicht, welche sich gegen die Haftbedingungen richteten. (Urteile 1B_335/2013, 1B_336/2013, 1B_369/2013 und 1B_404/2013)

Jurius
Jurius
Abstract

BGer – Der als «Carlos» bekannte junge Straftäter muss auf Geheiss des Bundesgerichts aus der geschlossenen Unterbringung entlassen werden. Laut Gericht wurde das Sondersetting unter dem Druck von Medien und Öffentlichkeit und damit aus sachfremden Gründen abgebrochen. (Urteil 6B_85/2014)

Jurius
Jurius
Abstract

BGer – Ein gebürtiger Montegriner verliert seinen Schweizer Pass, weil er sich gegenüber den Einbürgerungsbehörden nicht als Drogendealer geoutet hat. Der Mann hatte sich vor Bundesgericht erfolglos auf das Recht berufen, sich nicht selber belasten zu müssen. (Urteil 1C_835/2013)

Jurius
Jurius
Abstract

BGer – Der vor drei Jahren in Appenzell Ausserrhoden verurteilte Nacktwanderer bleibt straffrei. Laut Bundesgericht sind sowohl die unbezahlt gebliebene Busse von 100 Franken als auch die an ihre Stelle getretene eintägige Freiheitsstrafe mittlerweile verjährt. (Urteil 6B_955/2013)

Medienmitteilungen
Jurius
Jurius
Abstract

Der Bundesrat schlägt eine Verlängerung der befristeten, dringlichen Änderungen des Asylgesetzes vor. Die dringlichen Massnahmen sollen verlängert werden, um eine mögliche Lücke bis zur Inkraftsetzung der Neustrukturierung des Asylbereichs zu vermeiden. Die entsprechende Botschaft hat der Bundesrat am 26. Februar 2014 zuhanden des Parlaments verabschiedet.

Jurius
Jurius
Abstract

Der Bundesrat hat am 26. Februar 2014 die Botschaft zur Stromeffizienz-Initiative verabschiedet. Obwohl der Bundesrat die wachsende Bedeutung der Stromeffizienz anerkennt und die grundsätzlichen Anliegen der Initianten teilt, empfiehlt er den eidgenössischen Räten, die Initiative ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag abzulehnen. In seiner Begründung verweist der Bundesrat auf die Botschaft zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050, die auf die Senkung des gesamten Energieverbrauchs ausgerichtet ist und nicht nur auf den Stromverbrauch fokussiert. Ausserdem seien die Stromeffizienzziele der Energiestrategie 2050 tendenziell sogar strenger als diejenigen der Initiative.

Gesetzgebungsübersicht
Jurius
Jurius
Abstract

Die vorliegende Zusammenstellung beinhaltet alle schweizerischen Bundesgesetze, Bundesbeschlüsse, Bundesrats- und Departementsverordnungen sowie einzelne Artikel, die im März 2014 in Kraft treten. Die einzelnen Erlasse und Änderungen können via Links direkt abgerufen werden.