Jusletter

Ausländische Sozialhilfebeziehende im Fokus der Migrationsbehörde

Unfaire Sanktionspraxis als Folge des meritokratischen Irrglaubens

  • Autor/Autorin: Marc Spescha
  • Beitragsart: Wissenschaftliche Beiträge
  • Rechtsgebiete: Sozialhilferecht, Ausländer- und Asylrecht
  • DOI: 10.38023/3210596e-833a-4b17-a567-0b27b8aa3f78
  • Zitiervorschlag: Marc Spescha, Ausländische Sozialhilfebeziehende im Fokus der Migrationsbehörde, in: Jusletter 8. März 2021
Der vorliegende Aufsatz behandelt die Rechtslage und -praxis zum migrationsrechtlichen Widerrufsgrund des Sozialhilfebezugs. Ins Zentrum rückt die Frage, wann und inwieweit der Sozialhilfebezug als «selbstverschuldet» qualifiziert wird. Hierbei zeigt sich, dass ein «Selbstverschulden» in der migrationsamtlichen Praxis vielfach leichthin unterstellt und sanktioniert wird. Der Autor plädiert stattdessen dafür, Bewilligungswiderruf und Rückstufung wegen Sozialhilfebezugs auf Fälle zu beschränken, in denen ein allfälliges Verschulden – analog der mutwilligen Anhäufung von Schulden – qualifiziert vorwerfbar erscheint.

Inhaltsverzeichnis

  • 1. Der Widerrufsgrund des Sozialhilfebezugs im Ausländer- und Integrationsgesetz
  • 2. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu den ausländerrechtlichen Folgen des Sozialhilfebezugs
  • 2.1. Widerruf oder Nichtverlängerung der Bewilligung infolge Sozialhilfebezugs
  • 2.1.1. Invalidenversicherungsrechtlich basierte Beurteilung des «Selbstverschuldens»
  • 2.1.2. Integrationsbeurteilung unter Bezugnahme auf den konkreten Arbeitsmarkt
  • 2.1.3. Faktische Wegweisung eines binationalen Ehepaars (Schweiz – Algerien)
  • 2.1.4. Sozialhilfebezug ist kein absolutes Nachzugshindernis
  • 2.1.5. Umgekehrter Familiennachzug trotz Sozialhilfebezug – bei Schweizer Kindern
  • 2.1.6. Integrationsgrad von Kindern als massgebliches Kriterium beim umgekehrten Familiennachzug
  • 2.1.7. Wegweisung eines Elternteils wegen erheblicher Integrationsdefizite
  • 2.1.8. Würdigung der bundesgerichtlichen Widerrufs- und Verweigerungspraxis
  • 2.2. Rückstufung infolge von Integrationsdefiziten
  • 3. Die Praxis des Zürcher Migrationsamtes bei Sozialhilfebezug
  • 3.1. Alleinerziehende, ergänzend Sozialhilfe beziehende Mutter zweier Schweizer Kinder
  • 3.2. Wegweisung der ausländischen Ehefrau eines Schweizers mit gemeinsamer Schweizer Tochter
  • 3.3. Nichterteilung der Niederlassungsbewilligung an die Ehefrau eines Schweizers mit gemeinsamer Tochter
  • 3.4. Arbeitslosigkeit oder Sozialhilfebezug aufgrund der Corona-Krise
  • 3.4.1. Bundesrätlicher Positionsbezug
  • 3.4.2. Restriktive «Rezeption» der bundesrätlichen Signale durch das Zürcher Migrationsamt
  • 3.4.3. Konkreter Anwendungsfall – argumentativ auf Abwegen
  • 3.5. Rückstufung eines langjährig niedergelassenen, teilzeiterwerbstätigen Familienvaters
  • 4. Sanktionierung ausländischer Sozialhilfebezüger*innen im Spiegel des meritokratischen Irrglaubens
  • 4.1. Rechtliche Würdigung der referierten Sanktionspraxis
  • 4.2. Das meritokratische Prinzip und dessen Kehrseite
  • 4.3. Stigmatisierung und Ausgrenzung Armutsbetroffener?
  • 5. Plädoyer für einen Paradigmenwechsel: Sanktionierung von Sozialhilfebezug nur bei qualifizierter Vorwerfbarkeit

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