Jörg Paul Müller
Die Funktionsfähigkeit einer Demokratie steht und fällt mit der Lebendigkeit einer Öffentlichkeit, in der die politischen und staatlichen Handlungen vorbereitet, diskutiert, bewertet, kritisiert oder unterstützt werden können. Im heutigen Medien- und Informationszeitalter ist eine solche Öffentlichkeit in Frage gestellt durch die Möglichkeiten einer Steuerung oder Manipulation der Informations-, Meinungs-, und Stimmungsgrundlagen auch der demokratischen Meinungsbildung durch finanziell mächtige und organisatorisch schlagkräftige Gruppen oder mit populistischen Attraktionen lockende Kräfte. Zu einer Wiederaufwertung des staatsrechtlichen Begriffs der normativen Öffentlichkeit (die sich in der Wirklichkeit aus verschiedenen Teilöffentlichkeiten zusammensetzt) als unabdingbarer Voraussetzung jeder Demokratie kann ein neues Studium der Kant`schen Republiklehre viel beitragen, aber auch der Versuch, Montesqieus Gewaltenteilungslehre auch unter den Bedingungen der gegenwärtigen Medienzivilsation neu fruchtbar zu machen. Das Ergebnis ist der Vorschlag, eine politische Diskurstheorie neu zu formulieren, die weniger vom vernünftigen Individuum ausgeht, als von der Pluralität der Kräfte und Interessen in der wirklichen Gesellschaft, und die versucht, aus der Reibung und Gliederung dieser gesellschaftlichen Kräfte jene Machtkontrolle, Transparenz und schliesslich jenen auch individuellen Gewinn an gesellschaftlicher Freiheit hervorzubringen, wie er Montesquieu vorschwebte.
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Rechtsgebiete: Rechtsphilosophie. Rechtstheorie. Rechtssoziologie
Christoph Spenlé
Mit ihrem Beitritt zum Internationalen Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung von 1965 am 29. November 1994 hat die Schweiz bekräftigt, dass rassistisches und menschenverachtendes Verhalten nicht toleriert werden. Nachdem unser Land mit der Revision des Strafrechts (Einführung von Art. 261bis StGB) den Anforderungen des Übereinkommens nachgekommen ist, trat dieses am 29. Dezember 1994 in Kraft. Nicht abgegeben wurde damals jedoch die Erklärung gemäss Art. 14 Abs. 1 des Übereinkommens, welche die Einführung eines individuellen Mitteilungsverfahrens für die Opfer von rassistischer oder fremdenfeindlicher Diskriminierung und Intoleranz vorsieht. Diese Bestimmung sieht vor, dass Opfer von rassendiskriminierenden Akten nach dem Durchlaufen des nationalen Instanzenzuges, die Angelegenheit mit einer „Mitteilung“ dem UNO-Ausschuss zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (Committee on the Elimination of Racial Discrimination [CERD]) zur Kenntnis bringen können, wenn sie auf nationaler Ebene keine Genugtuung erlangt haben. Am 29. August 2001 hat nun der Bundesrat eine Botschaft betreffend die Annahme des Mitteilungsverfahrens gemäss Art. 14 Abs. 1 des Übereinkommens verabschiedet und damit seinen Willen zur konsequenten Umsetzung des Übereinkommens und seiner Kontrollmechanismen bekräftigt. Die Vorlage befindet sich zur Zeit noch in der parlamentarischen Beratung.
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Rechtsgebiete: Menschenrechte
Rachel Liechti-McKee
Rs. T-177/01, Urteil des Gerichts erster Instanz vom 3. Mai 2002*
Im Bestreben, den Rechtsschutz für Einzelpersonen und Unternehmen in der EU zu stärken, definiert das Gericht erster Instanz die «individuelle Betroffenheit» neu.
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Rechtsgebiete: Europarecht
Tanja Reist /
René Rhinow
Grundrechtsfall für Anfänger
Grundrechtsproblematik bei der Ausweisung ausländischer Ehegatten von Schweizer Bürger/innen - genügende gesetzliche Grundlage - öffentliches Interesse - Zumutbarkeit, eine Ehe im Ausland zu führen - Abwägung der gegenüberstehenden Interessen.
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Rechtsgebiete: Schutz des Privatlebens vor staatlichen Eingriffen
Jurius
Erwägungen zum Urteil des Kreisgerichtes VIII Bern-Laupen vom 11.6.2002 (anonymisierte Version)
Gegen das Urteil des Kreisgerichtes VIII Bern-Laupen vom 11.6.2002 wurde nicht appelliert. Auf eine ausführliche schriftliche Begründung des Urteils konnte deshalb verzichtet werden. Die nachfolgenden Erwägungen beschränken sich auf eine Kurzzusammenfassung der mündlichen Urteilsbegründung.
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Rechtsgebiete: Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
fel.
Dem konkursiten Arbeitgeber ungesicherten Kredit gewährt
Der Präsident und ein Mitglied des Stiftungsrats einer Personalfürsorgestiftung müssen solidarisch für einen Schaden von über 155 000 Fr. einstehen, der entstanden war, weil die Pensionskasse einer inzwischen konkursiten Arbeitgeberfirma in Verletzung der Anlagevorschriften der Verordnung 2 über die berufliche Versorge (BVV 2) einen ungesicherten Kredit gewährt hatte.
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Rechtsgebiete: Berufliche Vorsorge
fel.
Unzulässige Werbung für wohltuenden Badezusatz
Wer Badezusätze als «wohltuend bei Erkältungsgefahr» oder «wohltuend auch bei Muskelkater» anpreist, verstösst gegen das in der Verordnung über Gebrauchsgegenstände verankerte Verbot von Heilanpreisungen für Kosmetika. So hatte im September 2001 das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft - wenn auch nur knapp mit Stichentscheid des Präsidenten - entschieden. Und so entschied nunmehr das Bundesgericht - sogar einstimmig.
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Rechtsgebiete: Gesundheitsrecht
fel.
Staatsrechtliche Beschwerde des Mieterverbands abgewiesen
Die vom Kantonsrat des Kantons Zürich am 8. Januar 2001 beschlossene Neuregelung der Festsetzung von Eigenmietwert und Vermögenssteuerwert verstösst nicht gegen die Bundesverfassung. Das Bundesgericht hat am Mittwoch mit vier gegen drei Stimmen eine gegen die Gesetzesrevision gerichtete staatsrechtliche Beschwerde des Mieterverbands Zürich abgewiesen.
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Rechtsgebiete: Einkommenssteuer u. direkte Steuern im Allgemeinen
fel.
Urteilsbegründung im Streit um Arbeitszeit von Spitalärzten
Die im Arbeitsgesetz festgelegte Höchstarbeitszeit von 50 Stunden pro Woche gilt zwar für Assistenz- und Oberärzte an öffentlichen Spitälern nicht. Arbeitszeiten von gegen 100 Stunden pro Woche würden aber gegen die ebenfalls im Arbeitsgesetz enthaltenen Bestimmungen über den Gesundheitsschutz verstossen, und die gelten auch für Spitalärzte. Das geht aus der schriftlichen Begründung des Urteils des Bundesgerichts im Streit um die Arbeitszeiten an den öffentlichen Spitälern des Kantons Zürich hervor (NZZ 20. 6. 02).
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Rechtsgebiete: Arbeitsrecht
Jurius
Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) hat am 8. Juli 2002 einen von einer gemischten Arbeitsgruppe erarbeiteten Entwurf für eine Geldwäschereiverordnung veröffentlicht. Der Entwurf sieht verschärfte Abklärungspflichten zur Verhinderung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung sowie weiterführende Sorgfaltsregeln im Umgang mit Vermögenswerten politisch exponierter Personen vor. Er berücksichtigt den derzeitigen Stand der internationalen Diskussionen auf diesem Gebiet.
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Rechtsgebiete: Wirtschafts- und Wirtschaftsverwaltungsrecht
Jurius
Eröffnung des Vernehmlassungsverfahrens
Zwei Lungenerkrankungen der Schweine, die Enzootische Pneumonie (EP) und die Actinobacillose (APP), sollen schweizweit koordiniert bekämpft werden. Dafür würde die sog. Flächensanierung in der Tierseuchenverordnung (TSV) festgeschrieben. Diese sowie weitere Anpassungen der TSV gibt das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement EVD in die Vernehmlassung.
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Rechtsgebiete: Land- und Forstwirtschaft
fel.
Das Bundesgericht hat die staatsrechtliche Beschwerde eines Strafgefangenen in der Strafanstalt Pöschwies abgewiesen, der seine Strafe abgesessen hat, aber im Zusammenhang mit einem sogenannten Nachverfahren in Sicherheitshaft behalten wird.
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Rechtsgebiete: Strafen und Massnahmen. Pönologie
fel.
Die Genfer Justiz ist zuständig
Das Buch «Die verbotene Wahrheit. Die Verstrickungen der USA mit Usama bin Ladin» darf in der Schweiz weiterhin nicht vertrieben werden. Das Bundesgericht hat eine Berufung von Yeslam bin Ladin, einem Halbbruder von Usama bin Ladin, gutgeheissen und einen Entscheid der Genfer Cour de justice aufgehoben. Diese hatte ein in erster Instanz vorsorglich erlassenes Verkaufsverbot mit der Begründung ausser Kraft gesetzt, der Streit falle gar nicht in die Kompetenz der Justiz des Kantons Genf.
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Rechtsgebiete: Zivilprozessrecht
fel.
Praxis zur Arbeitslosenversicherung
Es bleibt beim Grundsatz, dass bei der Ermittlung des gegen Arbeitslosigkeit versicherten Verdienstes von den tatsächlichen Lohnbezügen auszugehen ist (BGE 123 V 72). Von dieser Regel kann laut einem neuen Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts (EVG) im Einzelfall nur dann abgewichen werden, wenn ein Missbrauch in Form fiktiver Löhne, die in Wirklichkeit nie ausbezahlt wurden, praktisch ausgeschlossen werden kann.
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Rechtsgebiete: Arbeitslosenversicherung
Jurius
Mit der «Verwaltungspraxis der Bundesbehörden» (VPB) gibt die Bundeskanzlei eine Zeitschrift heraus, die der Publikation von rechtskräftigen Entscheidungen und Verlautbarungen von grundsätzlicher Bedeutung und allgemeinem Interesse dient, welche vom Bundesrat, den Eidg. Departementen oder Ämtern der Bundesverwaltung sowie von den eidg. Rekurskommissionen ausgehen. Die Zeitschrift enthält auch Entscheide des Bundesgerichts, die dieses in seiner amtlichen Sammlung nicht publiziert hat. Schliesslich findet sich darin auch ein Teil der Rechtsprechung internationaler Behörden, welche die Schweiz betrifft. Im Folgenden wird eine Übersicht (mit Verweis auf den jeweiligen Volltext) zum kürzlich erschienen Heft 66 / II Nr. 23 - 49 abgedruckt.
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Rechtsgebiete: Publikationen