12. März 2018

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Liebe Leserinnen und Leser

Bei der Begründung von Stockwerkeigentum wird jedem Anteil eine Wertquote zugewiesen. Markus W. Stadlin zeigt auf, unter welchen Voraussetzungen eine Wertquote nachträglich angepasst werden kann und was bereits bei der Festlegung zu beachten ist.

Frauen in Führungspositionen und deren Fehlen sind immer wieder Thema. Für bestimmte Aktiengesellschaften sollen künftig Geschlechterrichtwerte in Verwaltungsrat und Geschäftsleitung gelten. Christian Rioult würdigt dieses Revisionsvorhaben im Licht der geltenden Rechtslage.

Art. 39d E-URG verpflichtet Hoster, proaktiv zu verhindern, dass bereits einmal gelöschte illegale Inhalte erneut auf ihre Server hochgeladen werden können; allerdings mit starken Einschränkungen. Florian Schmidt-Gabain hält die Norm für symbolisch und befürchtet eine Verschlechterung für die Rechteinhaber. Er plädiert für eine Umformulierung des Art. 39d E-URG.

Die revidierte Energiegesetzgebung enthält Neuerungen zum Zusammenschluss zum gemeinsamen Eigenverbrauch. David Sifonios stellt die zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse im Spannungsfeld von Energie-, Miet- und Gesellschaftsrecht dar und weist auf mögliche Fallstricke hin.

Die eidgenössische Strafprozessordnung – inzwischen seit sieben Jahren in Kraft – soll praxistauglicher werden. Der Vorentwurf des Bundesrats enthält zahlreiche Änderungen, etwa eingeschränkte Teilnahmerechte und ein angepasstes Strafbefehlsverfahren. Ivan Dunjic führt durch die Änderungen und analysiert diese kurz.

Vom Strand in Hawaii aus eine Klage bei einem Pariser Gericht einreichen? Für französische Rechtsanwälte ist das möglich, sofern sie über die nötige Hard- und Software verfügen. Marco Itin, selbst als Rechtsanwalt in Frankreich tätig, gibt einen Einblick in den elektronischen Rechtsverkehr in Frankreich.

Roland Pfäffli widmet sich in seiner auf Französisch verfassten Rezension dem Buch «La profession de notaire» von Etienne Jeandin. Es stellt eine Bereicherung der Literatur zum Notariatsrecht dar und behandelt interessante Einzelfragen, z.B. über die Rechtsbelehrungspflicht oder das Berufsgeheimnis des Notars

Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und eine schöne Woche.

Anna Steger
Leiterin Jusletter

Beiträge
Nachträgliche Änderung der Stockwerkeigentums-Wertquote (Art. 712e Abs. 2 ZGB)
Markus W. Stadlin
Markus W. Stadlin
Der Autor befasst sich mit den materiellen Voraussetzungen der nachträglichen Anpassung der nicht korrekten Stockwerkeigentums-Wertquote. Er legt hierbei den Fokus auf nicht einvernehmliche Sachverhalte, um festzustellen, dass bei beiden gesetzlich gegebenen Tatbeständen der Nachweis, dass ein Irrtum vorliegt oder bauliche Veränderungen zu nicht mehr adäquaten Wertquoten führten, in der Regel schwierig bis gar nicht zu erbringen ist. Er fordert deshalb, dass die Herleitung der Wertquoten (bei der Begründung oder einer späteren Anpassung) offen zu legen ist.
Geschlechterrichtwerte für Verwaltungsrat und Geschäftsleitung
Christian Rioult
Christian Rioult
Gemäss Vorschlag des Bundesrates im Rahmen der Aktienrechtsrevision sollen für Verwaltungsrat und Geschäftsleitung von wirtschaftlich bedeutenden Publikumsgesellschaften Geschlechterrichtwerte von 30% respektive 20% gelten. Nach geltendem Recht stehen hingegen die Pflichten und Aufgaben der Unternehmensführung sowie die Gestaltungsmöglichkeiten in Statuten und Organisationsreglement bei der Verwirklichung von Geschlechterdiversität in den Leitungsgremien im Fokus. Der vorliegende Beitrag analysiert den Vorschlag des Bundesrats und zeigt Alternativen im geltenden Gesellschaftsrecht auf.
Ein Trojanisches Pferd im Entwurf für ein neues Urheberrechtsgesetz
Florian Schmidt-Gabain
Florian Schmidt-Gabain
Im Entwurf für ein revidiertes Urheberrecht ist auch eine Stay-down-Pflicht vorgesehen. Damit sollen Hoster verpflichtet werden, proaktiv zu verhindern, dass auf ihren Servern Inhalte ohne Zustimmung der Rechteinhaber zum Download oder Streamen bereitgestellt werden. Dies ist grundsätzlich zu begrüssen. Doch leider weist der Entwurf gravierende handwerkliche Mängel auf, die zu beseitigen sind.
Les regroupements d’autoconsommateurs dans la nouvelle LEne
David Sifonios
David Sifonios
Das neue Energiegesetz weitet die Möglichkeiten aus, selbstgewonnenen Strom direkt am Ort der Gewinnung zu verbrauchen, namentlich wenn ein Vermieter diesen Strom seinen Mietern verkaufen will. Bei solchen «Zusammenschlüssen» bleiben aber verschiedene Fragen offen, etwa bezüglich Verkaufspreis der Energie zum Eigenverbrauch. Auch wenn diese Fragen das Verhältnis Vermieter/Mieter betreffen, müssen sie im Licht des Energierechts ausgelegt werden, um die Ziele der Bestimmungen zum Eigenverbrauch zu erreichen: die Förderung erneuerbarer Energien. (as)
Strafprozessordnung soll praxistauglicher werden
Ivan Dunjic
Ivan Dunjic
Am 1. Dezember 2017 hat der Bundesrat einen Vorentwurf der neuen schweizerischen Strafprozessordnung in die Vernehmlassung geschickt. Ziel der Revision soll es sein, praktische Probleme, die sich seit dem Inkrafttreten der eidgenössischen Strafprozessordnung gestellt haben, zu beseitigen. Der Autor des vorliegenden Beitrags fasst einige der bundesrätlichen Vorschläge zusammen und analysiert diese kurz.
Der elektronische Rechtsverkehr in Frankreich
Marco Itin
Marco Itin
In Frankreich läuft der elektronische Rechtsverkehr über zwei Datennetzwerke. Ein erstes Netzwerk bzw. eine Gruppe von Netzwerken für den Rechtsverkehr zwischen Anwälten und Gerichten (RPVA) ist auf Initiative der Nationalen Anwaltskammervereinigung (CNB) im Jahr 2005 aufgegleist worden. Im Jahr 2007 hat das französische Justizministerium ein zweites Netzwerk für die Gerichte (RPVJ) eröffnet. Dieses letztere Netzwerk ist den Anwälten nicht zugänglich und wird weiter nicht behandelt. Es bestehen Verbindungen zwischen den beiden Netzwerken bzw. Netzwerkgruppen.
Rezension
Recension : La profession de notaire
Roland Pfäffli
Roland Pfäffli
Ein aktuelles Buch befasst sich eingehend mit dem Beruf des Notars, insbesondere mit seiner haupt- und nebenberuflichen Tätigkeit, seinen Berufspflichten und seiner Rechtsberatung. Dieses Buch bildet die Grundlage für die vorliegende Rezension.
Aus dem Bundesgericht
Verbandsbeschwerde gegen Bewilligungen für Pflanzenschutzmittel
Jurius
Jurius
BGer – Die Stiftung WWF Schweiz erhält im Verfahren zur Überprüfung der Bewilligung eines Pflanzenschutzmittels Parteistellung und kann gegen die entsprechenden Verfügungen Beschwerde erheben. Zur Ausübung des Verbandsbeschwerderechts in diesem Bereich ist es nicht erforderlich, dass sich die fragliche Verfügung auf einen bestimmten Ort bezieht. Das Bundesgericht weist eine Beschwerde des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung ab und bestätigt den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts. (Urteil 1C_312/2017)
La bonne foi s’applique pour décider s’il y a prêt ou donation
Jurius
Jurius
BGer – Beim Entscheid, ob eine Geldsumme unter dem Titel Darlehen oder Schenkung übergeben wurde, ist auf den Willen der Parteien nach den Grundsätzen von Treu und Glauben und Vertrauensschutz abzustellen. (Urteil 4A_635/2016) (as)
Policier neuchâtelois et violation du secret de fonction
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht hat die Verurteilung eines Polizisten aus Neuenburg wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses teilweise aufgehoben. Der Mann hatte Informationen über den Abbau eines Geschwindigkeitsradars und über eine Rauferei auf Facebook verbreitet. (Urteil 6B_532/2017) (as)
Tötungsversuch: Pflegefachmann bleibt in Haft
Jurius
Jurius
BGer – Ein Pflegefachmann aus dem Kanton Zürich, der 2011 seine neugeborene Tochter vergiften wollte, bleibt im vorzeitigen Strafvollzug. Das Bundesgericht hat die Ablehnung eines Haftentlassungsgesuchs des Mannes bestätigt. (Urteil 1B_61/2018)
Fall «Marie»: Verurteilung wegen Mordes bestätigt; lebenslängliche Freiheitsstrafe
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht bestätigt die Verurteilung wegen Mordes durch das Kantonsgericht des Kantons Waadt sowie die lebenslängliche Freiheitsstrafe gegenüber dem Mann, der 2013 die junge Frau «Marie» getötet hat. Die vom Kantonsgericht angeordnete lebenslängliche Verwahrung hebt das Bundesgericht auf, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Das Strafgesetzbuch verlangt dafür unter anderem, dass zwei Sachverständige den Täter unabhängig voneinander als «dauerhaft untherapierbar» einstufen. Im konkreten Fall ergibt sich dies nur aus einem Gutachten. Das Kantonsgericht wird neu entscheiden müssen. (Urteil 6B_35/2017)
Bauprojekt für Erstwohnungen in der Gemeinde Saillon (VS) gestoppt
Jurius
Jurius
BGer – Der Bau von 27 Erstwohnungen auf einer Parzelle beim Thermalbad Bains de Saillon (VS) ist nicht zulässig. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Das kommunale Baureglement lässt dort nur Bauten zu, die im Zusammenhang mit dem Betrieb des Bades stehen. (Urteil 1C_131/2017)
Kritik an Zürcher Verwaltungsgericht wegen unvollständiger Akten
Jurius
Jurius
BGer – Das Zürcher Verwaltungsgericht hat einem Mann die Ausstellung eines Waffenerwerbsscheines mit einem Urteil verweigert, das sich auf nicht komplette Akten und einen Zeitungsbericht stützt. Das geht nicht, hat das Bundesgericht entschieden, und den Entscheid aufgehoben. (Urteil 2C_444/2017)
Chauffard confondu par des vidéos sur smartphone
Jurius
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BGer – Das Bundesgericht hat die Verurteilung eines Rasers bestätigt, der dank Videos auf dem Smartphone seines Mitfahrers überführt werden konnte. (Urteil 6B_630/2017) (as)
Etappensieg für Walliser Winzer Dominique Giroud gegen RTS
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht hat eine Beschwerde des Westschweizer Fernsehens RTS im Zusammenhang mit einer ausgestrahlten Sendung über den Walliser Winzer Dominique Giroud abgewiesen. Das Gericht hält fest, dass Giroud im umstrittenen Beitrag negativ dargestellt worden sei. (Urteil 2C_125/2017)
Keine Wiederaufnahme des Verfahrens gegen bekennenden Pädophilen
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht hat die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen den bekennenden Pädophilen Beat Meier abgewiesen. Meier wurde 2003 vom Obergericht Zürich wegen sexuellen Handlungen mit Kindern verurteilt. Das Obergericht ordnete zudem eine Verwahrung an. (Urteil 6B_947/2017)
Ex-Freundinnen vergewaltigt: Vier Jahre Freiheitsstrafe bestätigt
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht hat die Verurteilung eines Kosovaren zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren bestätigt. Der Mann vergewaltigte, schlug und drangsalierte zwei Ex-Freundinnen. Auch die Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme bleibt bestehen. (Urteil 6B_25/2018)
Streit um Kompost unweit einer Gartenwirtschaft
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht hat sich mit einem Kompost befassen müssen, der zwischen einer Restaurant-Besitzerin und ihrem Nachbarn für dicke Luft sorgte. Wie das Kantonsgericht Basel-Landschaft ist das Bundesgericht der Ansicht, dass ein Kompost nicht zwingend stinkt. (Urteil 5A_774/2017)
Ausstand für Zürcher Staatsanwältin wegen unfairen Verfahrens
Jurius
Jurius
BGer – Eine Staatsanwältin aus dem Kanton Zürich muss in einer Strafuntersuchung wegen Menschenhandels in den Ausstand treten. Sie hat diverse Verfahrensfehler begangen, die insgesamt schwerwiegend sind. Dies hat das Bundesgericht entschieden. (Urteil 1B_375/2017 und 1B_379/2017)
Aus dem Bundesverwaltungsgericht
Alle Doppelstockzüge der SBB dürfen befristet rollen
Jurius
Jurius
BVGer – Das Bundesverwaltungsgericht entzieht der Beschwerde des Dachverbands der Behindertenorganisationen auch bei den noch nicht fertiggestellten Zügen die aufschiebende Wirkung. Damit können die SBB die Doppelstockzüge vorläufig in Betrieb nehmen. (Zwischenverfügung A-359/2018)
Le Tribunal administratif fédéral donne raison à une assurée
Jurius
Jurius
BVGer – Wer in einer Schweizer Einrichtung lebt, hat dort Wohnsitz, auch wenn die Eltern im Ausland wohnhaft sind. Das Bundesverwaltungsgericht beendet die Praxis der Invalidenversicherung, in solchen Fällen an den elterlichen Wohnsitz anzuknüpfen. (Urteil C-4007/2017 und C-4008/2017) (as)
Medienmitteilungen
Bundesrat passt Schwerverkehrsabgabeverordnung an
Jurius
Jurius
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 9. März 2018 diverse Änderungen der Schwerverkehrsabgabeverordnung (SVAV) beschlossen. Diese treten am 1. Mai 2018 in Kraft
Neue Steuerabzüge für Hausbesitzer treten am 1. Januar 2020 in Kraft
Jurius
Jurius
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 9. März 2018 die totalrevidierte Liegenschaftskostenverordnung verabschiedet. Sie konkretisiert die im Zuge der Energiestrategie 2050 beschlossenen neuen Abzüge für Hausbesitzer bei der direkten Bundessteuer. Die Bestimmungen treten am 1. Januar 2020 in Kraft.
WEKO – Beschwerden zum Tessiner Gewerbegesetz (LIA) gutgeheissen
Jurius
Jurius
Das Verwaltungsgericht des Kantons Tessin hat die Beschwerden der Wettbewerbskommission (WEKO) betreffend das Tessiner Gesetz über die Gewerbebetriebe (Legge sulle imprese artigianali, LIA) gutgeheissen. Damit wird der Marktzugang im Tessin für Gewerbebetriebe aus anderen Kantonen gestützt auf das Bundesgesetz über den Binnenmarkt unabhängig von der LIA gewährleistet.
Schweiz und Afghanistan – Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe
Jurius
Jurius
Der Schweizer Botschafter Thomas Kolly und der afghanische Finanzminister H.E. Eklil Hakimi haben am 6. März 2018 in Kabul ein Rahmenabkommen betreffend technische und finanzielle Zusammenarbeit sowie humanitäre Hilfe unterzeichnet. Dieses vervollständigt die rechtlichen Grundlagen für die Zusammenarbeit der beiden Länder. Die Schweiz ist seit den 1970er Jahren in Afghanistan tätig, seit 2002 mit einer permanenten Präsenz vor Ort. Mit dem laufenden Programm der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA unterstützt die Schweiz den politischen und wirtschaftlichen Reformprozess im Land und leistet humanitäre Hilfe.
Rechtsprechungsübersicht
Übersicht über die Rechtsprechung des Bundesgerichts und des EGMR (Januar – Februar 2018)
Jurius
Jurius
Die Rechtsprechungsübersicht führt die zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenen Urteile des Schweizerischen Bundesgerichts vom 17. Januar 2018 bis und mit 16. Februar 2018 sowie die Urteile des EGMR mit Beteiligung der Schweiz auf. Neben Dossiernummer, Urteilsdatum, Abteilung/Kammer, Prozessgegenstand und Vorinstanz wird ein Hyperlink zum Originalentscheid und – sofern vorhanden – zur jeweiligen Mitteilung bzw. Besprechung in Jusletter und im dRSK wiedergegeben.