Liebe Leserinnen und Leser
Die zweite Schwerpunkt-Ausgabe von Jusletter zum «Sozialhilferecht» umfasst wissenschaftliche Beiträge zu relevanten Fragestellungen rund um das Sozialhilferecht und eine umfassende Besprechung eines für die Praxis im Sozialbereich bedeutsamen Bundesgerichtsurteils zur Anwendbarkeit der IVSE (Interkantonale Vereinbarung für soziale Einrichtungen).
Die Sozialhilfegesetzgebung hat den Sinn und Zweck, die Existenzsicherung und die soziale und berufliche Integration der Betroffenen zu ermöglichen. Sie kostet aber die Kantone und Gemeinden auch Geld. Die Rechtsstaatlichkeit der Verfahren in der Sozialhilfe, die Einhaltung des rechtlichen Gehörs, der weiteren Verfahrensrechte und der materiell-rechtlichen Rahmenbedingungen sind vor diesen Hintergründen in der Sozialhilfe für die Praxis herausfordernd und nicht immer und überall selbstverständlich. Tobias Hobi zeigt die Bedeutung, die (zu) engen Voraussetzungen und die Rahmenbedingungen für den Rechtsschutz und insb. die unentgeltliche Prozessführung im Bereich der Sozialhilfeverfahren. Der Aufsatz beinhaltet bedenkenswerte Anregungen für die weitere Diskussion dieses wesentlichen Aspekts der Verwirklichung von Grundrechten. Auch als Qualitätssicherung der rechtsstaatlich verfassten Sozialhilfe.
Die angespannte Diskussion um die Sozialhilfe und deren Finanzierung hat das Rechtsinstitut der Rückerstattung an Bedeutung gewinnen lassen. Dogmatisch sind Rückerstattungen von Sozialhilfe, welche ungerechtfertigterweise bezogen wurde, zu unterscheiden von Fällen von Rückerstattungen bei rechtmässigem Sozialhilfebezug. Die Rückerstattung ist unbestritten, wenn bei Bedürftigkeit Leistungen durch die Sozialhilfe bevorschusst werden, obwohl wahrscheinlich andere Ansprüche bestehen, welche aber noch in Abklärung sind oder deren Auszahlung noch nicht erfolgt. Sehr unterschiedlich geregelt in den kantonalen Sozialhilfegesetzen sind hingegen Rückerstattungen rechtmässig bezogener Sozailhilfe ausserhalb von Bevorschussungen.
Der Aufsatz von Guido Wizent stellt die Rückerstattung von Sozialhilfe praxisnah und dogmatisch fundiert dar. Dieser Aufsatz ist hoffentlich Fundament für die weitere dogmatische Auseinandersetzung mit diesem Rechtsinstitut, das häufig einschneidende und langfristige Konsequenzen für die betroffenen Bedürftigen hat.
Die Sozialhilfe ist bekanntermassen im Wesentlichen kantonal geregelt und kantonal bzw. kommunal organisiert und finanziert. Für die Praxis stellen sich vor diesem Hintergrund heikle Fragen der (örtlichen) interkantonalen und interkommunalen Zuständigkeit. Diese sind häufig juristisch anspruchsvoll, insbesondere auch im Bereich der Finanzierung von stationären Unterbringungen. Insoweit spielt die Interkantonale Vereinbarung für stationäre Einrichtungen eine zentrale Rolle. Das wegweisende Bundesgerichtsurteil 8C_285/2017 vom 21. November 2017 zur Zuständigkeitsregelung gemäss jenem interkantonalen Abkommen wird von Karin Anderer und Daniela Sieber eingehend dargestellt und kritisch dogmatisch gewürdigt.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre.
Prof. Peter Mösch Payot
Hochschule Luzern
Redaktor Jusletter