Gasteditorial: «Big Bang» am 1. März 2004, um 12.00 Uhr
Liebe Leserinnen und Leser
An der Fachtagung «Domain pulse» vom 5./6.2.2004 in Zürich wurde der Zeitpunkt, ab dem Registrierungen von Internationalized Domain Names (IDN) (Domain-Namen mit Akzenten und Umlauten: à, ä, ö, é etc., insg. 31 zusätzliche Buchstaben) in der Schweiz möglich sind, bestimmt. Der sog. «Big Bang» wurde auf Montag, 1.3.2004, 12.00 Uhr, festgelegt. Die zuständige Stiftung SWITCH verzichtet dabei auf eine sunrise-Periode, in der in einem ersten Schritt alle Markenrechtsinhaber ihre Marken registrieren lassen können. Zur Anwendung kommt das «First comes, first served»-Prinzip.
Roland Eugster, Manager Marketing & PR bei der SWITCH, liefert Ihnen in der heutigen Ausgabe letzte «Tipps und Tricks für den Registrierungsprozess von Domain-Namen mit Akzenten und Umlauten».
Ebenfalls auf den 1. März 2004 eingeführt wird der Streitbeilegungsdienst für Domain Namen mit der Endung .ch/.li. RA Nicole Beranek Zanon, Legal Counsel SWITCH, erklärt in ihrem Beitrag «Streitbeilegungsdienst für «.ch» und «.li» Domain-Namen ab dem 1. März 2004» das zweistufige Streitbeilegungsverfahren mit Schlichtern und Experten.
Die Einführung des Streitbeilegungsdienstes ist umstritten. Vgl. dazu in Jusletter 24. Februar 2003: Jann Six, Die Zuteilung und Verwaltung von Domain-Namen unter der Top-Level-Domain «.ch». Neuerungen per 01. März 2003 (www.weblaw.ch/jusletter/Artikel.asp?ArticleNr=2231) bzw. in Jusletter 11. März 2002: Patrick Sutter, Die Schweiz braucht kein eigenes Domain-Namen-Schiedsgericht (www.weblaw.ch/jusletter/Artikel.asp?ArticleNr=1551). In Österreich hat der vor Jahresfrist eingeführte Streitbeilegungsdienst (www.streitschlichtung.at) keine Nachfrager gefunden. Das erste Verfahren ist erst seit Anfang dieses Monats hängig. Im Gegensatz zum Schweizer Modell ist für die Durchführung des Schlichtungsverfahrens in Österreich die Zustimmung beider Parteien notwendig. In Deutschland entscheiden die Gerichte. In der heutigen Ausgabe finden sie zwei deutsche Domain-Namen-Urteile («Donline» und «schuhmarkt.de») sowie eine Pressemitteilung des BGH («kurt-biedenkopf.de»).
Aufgrund der Einführung der Domain-Namen mit Akzenten und Umlauten (IDN) und der Einführung des Streitbeilegungsdienstes passt SWITCH die AGB für Domain-Namen an. Die neuen AGB (www.switch.ch/de/id/terms/agb_v6.html) gelten ab 1. März 2004.
An Beiträgen ausserhalb des Domain-Namen-Rechts präsentiert Ihnen Jusletter u.a.:
«Will das Bundesgericht den Künstlern keine monetären Ansprüche im Falle von unautorisierten Bildvermarktungen durch Dritte gewähren?» Prof. Rolf H. Weber stellt dem Bundesgericht die Gretchenfrage in seiner Besprechung von BGE 129 III 715 («Vom Bild ohne Geld»).
RA Michael Krampf und Notar Roger von Burg rezensieren Publikationen von Martin Plenio (Das Erfüllungsrecht der Konkursverwaltung und schuldrechtliche Verträge im Konkurs) und Ingrid Jent-Sørensen (Die Rechtsdurchsetzung bei der Grundstückverwertung in der Spezialexekution).
Mit freundlichen Grüssen
lic.iur. Mathias Kummer
PS: Der vorgesehene «Big Bang» zur Einführung der IDN stösst nicht überall auf Gegenliebe. Die Portalbetreiberin Reisen.ch AG hat am 15.2.2004 beim BAKOM Beschwerde eingereicht. Reisen.ch AG drängt das BAKOM zu einer Entscheidung bis zum heutigen Tag: «Sollten Sie deshalb bis am Mittag des kommenden Montag, 23.2.2004 noch nicht über unser Gesuch um Anordnung vorsorglicher Massnahmen entschieden und uns die betreffende Verfügung zugestellt haben, dann sehen wir uns gezwungen, in der Sache eine Rechtsverzögerungsbeschwerde zu ergreifen.» (Quelle: Themenseite der Reisen.ch AG inkl. Beschwerdeschrift und Briefwechsel mit dem BAKOM: www.reisen.ch/idn). Stellungnahme der Switch vom 9.2.2004: www.switch.ch/de/about/news.html?id=63.
Abstract
Die Übernahme einer älteren Filmsequenz in einen neuen Werbespot ohne Einwilligung des Künstlers hält ein kürzlich ergangener Bundesgerichtsentscheid zwar für persönlichkeitsverletzend, doch wird dem Schauspieler in extensiver Auslegung von Art. 34 URG und mangels Schwere des Eingriffs ein Schadenersatz- bzw. Genugtuungsanspruch versagt. Diese Rechtsprechung trägt den heute gesellschaftlich akzeptierten Kommerzialisierungen von Persönlichkeitsattributen nicht angemessen Rechnung; vielmehr wäre es sachgerecht, die monetären Vermarktungsrechte von Künstlern zu stärken und besser zu konkretisieren.
Abstract
Ab 1.3.2004 können Streitigkeiten über Domain-Namen unter der Domain «.ch» und «.li» vor einem aussergerichtlichen Streitbeilegungsdienst beseitigt werden. Das zweistufige Verfahren berücksichtigt die Verletzung von Schweizer Kennzeichenrecht und versucht in einem ersten Verfahrensschritt die Parteien zu schlichten, während im zweiten Verfahrensschritt bei Bedarf ein Experte entscheidet.
Abstract
Am 1. März 2004 um 12:00 Uhr wird die Registrierung von Domain-Namen mit Akzenten und Umlauten unter .ch und .li erstmals möglich. Die SWITCH rechnet mit einer sehr hohen Anzahl Anfragen und Anträgen über die Website von SWITCH. Für einen möglichst reibungslosen Ablauf hat der Autor hier einige Tipps und Tricks aufgelistet, die den Registrierungsprozess für Sie beschleunigen.
Abstract
Die Unabhängigkeit angestellter Anwälte, eine der Voraussetzungen für den Eintrag ins kantonale Anwaltsregister, der die Türen zu sämtlichen Gerichten in der Schweiz öffnet, wird vom Bundesgericht in einem Leiturteil zum neuen Anwaltsgesetz des Bundes mit Umsicht und Augenmass interpretiert.
Abstract
Der baselstädtische Mietpreisraster ist laut einem neuen Urteil des Bundesgerichts zwar eine seriöse amtliche Statistik, die indes nicht in jeder Hinsicht den Anforderungen der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen genügt (Art. 11).
Abstract
Die Wettbewerbskommission (Weko) war nicht verpflichtet, im derzeit ruhenden Streit zwischen der Swatch-Tochter ETA SA und dem Rohwerkveredler Sellita SA preisbildend einzugreifen. Das Bundesgericht hat einstimmig eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Sellita SA abgewiesen, mit der die Weko dazu gezwungen werden sollte, eine von ETA zum 1. Januar 2003 verfügte Preiserhöhung auf dem Weg vorsorglicher Massnahmen zu reduzieren.
Abstract
Der ehemalige Zürcher Kantonspolizist Rolf Walker, der von einem Einzelrichter am Bezirksgericht Zürich wegen mehrfacher grober verbaler sexueller Belästigung einer Arbeitskollegin zu einer Busse von 500 Franken verurteilt worden war (NZZ vom 9. 4. 03), blieb auch in Lausanne ohne Erfolg. Wie zuvor das Zürcher Obergericht hat jetzt auch das höchste Gericht des Landes den Schuldspruch bestätigt. Wegen der Vorwürfe war Walker im Sommer 2002 nach 24 Dienstjahren suspendiert worden, und er konnte in der Folge nicht wie vorgesehen eine Stelle als Kommandant der Stadtpolizei Solothurn antreten.
Abstract
Das Bundesgericht hat eine Busse von 480 Franken für den Verwaltungsrat eines Unternehmens bestätigt, der sich geweigert hatte, den Strafbehörden Auskunft über die Identität des Fahrers eines Firmenfahrzeugs zu erteilen. Diese Angabe muss der Halter eines Firmenwagens gemäss Genfer Einführungsgesetz zur eidgenössischen Strassenverkehrsgesetzgebung machen, wenn mit dem Fahrzeug gegen eine Verkehrsregel verstossen wurde.
Abstract
Die Wettbewerbskommission (Weko) hat am 16. Februar 2004 zwei Untersuchungen gegen Swisscom eröffnet. Die Untersuchungen betreffen das Angebot «Talk & Surf» von Swisscom und den Bereich «Telefoniedienstleistungen für Geschäftskunden». In beiden Untersuchungen handelt es sich möglicherweise um den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung.
Abstract
Aufgrund der aktuell geltenden rechtlichen Bestimmungen kann ein marktbeherrschender Anbieter zur Entbündelung der letzten Meile verpflichtet werden. Zu diesem Schluss kommt die Eidgenössische Kommunikationskommission (ComCom) in einem am 20. Februar 2004 publizierten Entscheid. Die ComCom folgt damit der Einschätzung des Bundesrates anlässlich der Änderung der Fernmeldediensteverordnung (FDV) im Februar 2003.
Abstract
Der Bundesrat hat am 18. Februar 2004 die Teilrevision der Verordnung über die Einführung des freien Personenverkehrs gutgeheissen. Am 31. Mai 2004 endet die erste Phase der Übergangsregelungen beim Personenfreizügigkeitsabkommen mit den EU-/EFTA-Staaten. Ab dem 1. Juni werden die Bestimmungen über den Inländervorrang und über die Kontrolle der Lohn- und Arbeitsbedingungen aufgehoben.
Abstract
Der Bundesrat hat keine Einwände gegen den Vorschlag, die vorläufige Anwendung von völkerrechtlichen Verträgen auf Gesetzesstufe klar zu regeln. Dies hält er in einer Stellungnahme zu einem Bericht der Staatspolitischen Kommission des Ständerates fest.
Abstract
Die Volksinitiative «Für fairere Kinderzulagen!» verlangt schweizweit einheitliche Kinderzulagen von mindestens 450 Franken je Kind und Monat. Dadurch würden die heutigen Leistungen von durchschnittlich 184 Franken weit mehr als verdoppelt. Daraus würden Mehrkosten von 6,7 Milliarden Franken resultieren.
Abstract
Der Kläger ist der frühere Ministerpräsident des Freistaats Sachsen. Die Beklagte ist die DENIC; sie vergibt die Internet-Adressen (Domain-Namen), die mit «de» enden. Der Kläger hatte von der Beklagten die Löschung des für einen Dritten eingetragenen Domain-Namens «kurt-biedenkopf.de» verlangt. Die Beklagte erkannte diesen Anspruch an und nahm die Löschung vor. Mit seiner Klage verlangt der Kläger, der die Internet-Adresse nicht für sich selbst eintragen lassen will, dass die Beklagte auch in Zukunft die Domain nicht für andere Personen vergibt.
Abstract
Zur Freude des Praktikers wird wieder vermehrt im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (SchKG) publiziert. Doch nicht jede Veröffentlichung vermag seinen hohen Ansprüchen zu genügen. Allzu oft findet der Praktiker keine Antwort auf die sich ihm stellenden Detailfragen. Die zwei vorliegenden Rezensionen erfolgten mit Blick auf ihre Verwendbarkeit in der Praxis.
Abstract
«Ist dem Verkehr im Bereich der Telekommunikation der Begriff «online» wie auch die Marke «T-Online» bekannt, kann dadurch auch die für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr massgebliche Sprechweise eines anderen Zeichens auf demselben Geschäftsbereich (hier: «DONLINE») beeinflusst sein.» Das Urteil (I ZR 148/01) des deutschen BGH vom 27. Nov. 2003 wird nachfolgend im Volltext wiedergegeben.
Abstract
Anbei handelt es sich um ein rechtskräftiges Urteil (3 U 154/01) des OLG Hamburg vom 24. Juli 2003. Ein sog. «Schlechthin-Verbot» einer Internet-Domain, ohne Rücksicht auf die sich dahinter verbergenden Inhalte, sei grundsätzlich nicht möglich, da sich ohne Kenntnis, wofür die Internetadresse stehe, keine Aussagen zur Verwechslungsgefahr oder Unlauterkeit des Angebots machen liessen. Dass der Inhaber der Domain «schuhmarkt.de» mehr als 30'000 Domains registriert habe und diese nicht auf den Inhaber von «SCHUHMARKT Trends & Mode» überträgt, begründe auch keinen Verstoss gegen das UWG. Weiter habe der Gattungsbegriff «Schuhmarkt» «für eine Zeitschrift, die über den nationalen und internationalen Schuhhandelsmarkt berichtet, bestenfalls normale Kennzeichnungskraft», weshalb eine Verwechslungsgefahr mit schuhmarkt.de auszuschliessen sei.
Jusletter