Liebe Leserinnen und Leser
Der französische Frühsozialist Pierre Joseph Proudhon hat einmal gesagt, Eigentum sei Diebstahl («la propriété, c´est le vol»). Jeder Mensch dürfe nur so viel besitzen, wie für seinen Lebensunterhalt nötig sei. Für einen Bauern oder eine Bäuerin bildet das Eigentum am oder mindestens der Besitz von Boden notwendige Lebensgrundlage. RA und Notar Dr. iur. Roland Pfäffli widmet sich in seinem Beitrag dem bäuerlichen Bodenrecht und präsentiert eine umfassende systematische Darstellung der einzelnen Rechtsfragen.
Ob eine Krankenkasse psychiatrische Pflegeleistungen, die zu Hause erbracht wurden, aus der Grundversicherung bezahlen muss, weiss RA Christoph Lüthy. Er bespricht vier aktuelle kantonale Urteile.
Prof. Dr. iur. RA Urs R. Behnisch richtet sein kritisches Augenmerk auf das steuerrechtliche Urteil 2A.331/2003 vom 11. Juni 2004 und das in der Folge publizierte Rundschreiben der ESTV vom 8. September 2004. Er führt u.a. aus, das Bundesgericht habe «mit der Transponierungs- und (erweiterten) indirekten Teilliquidationstheorie faktisch eine Beteiligungsgewinnsteuer eingeführt, die im Wesentlichen auf steuersystematischen Erwägungen beruhe».
Prof. Dr. iur. Andreas Lienhard macht sich Gedanken zum Thema Regulierungsdichte.
Mit besten Grüssen
Nils Güggi
Koordination Jusletter
Abstract
Seit der Inkraftsetzung des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) sind zehn Jahre vergangen. Zwischenzeitlich wurden bereits drei Teilrevisionen durchgeführt. Der Autor befasst sich mit dem heute geltenden Recht und gibt eine umfassende systematische Darstellung zu den einzelnen Rechtsfragen, wozu u.a. die Verfügungsbeschränkungen, die Erwerbsbewilligung, das Zerstückelungs- und Realteilungsverbot und die Belastungsgrenze gehören.
Abstract
Im Laufe des Monats Juli 2004 sind vier kantonale Urteile den Parteien zugestellt worden, die alle die Krankenkasse Helsana verpflichten, psychiatrische Pflegeleistungen zu Hause aus der Grundversicherung zu bezahlen. Drei Urteile wurden vom Sozialversicherungsgericht Zürich gefällt, das vierte vom Versicherungsgericht des Kantons Thurgau. Der Autor hat als Anwalt bei Pro Mente Sana bei zwei dieser Fälle die Versicherten vertreten. Im Folgenden werden die vier zurzeit noch nicht rechtskräftigen Urteile kommentiert.
Abstract
Das Bundesgericht hat kürzlich den Anwendungsbereich des steuerfreien, privaten Kapitalgewinns bei einer KMU-Nachfolgelösung weiter eingeschränkt. Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat darauf mit einem Rundschreiben reagiert, in dem unter anderem die Vorlage aller offenen Fälle verlangt wird. Angesichts der bei einer Beteiligungsveräusserung anfallenden hohen Steuerlast ist der Gesetzgeber gefordert, der die ins Stocken geratene Unternehmenssteuerreform II in Schwung bringen sollte.
Abstract
Die Thematik des schweizerischen Juristentags 2004 ist an sich nicht neu, gewinnt aber vor dem Hintergrund jüngster Entwicklungen wieder an Aktualität: So ist zwar gemäss einer Studie des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) der Regulierungsdichte-Indikator (RDI) in fünf untersuchten Bundesgesetzen von 1998 bis 2002 immerhin um 2,34 % gesunken. Dennoch sollen nach dem Willen von Bundesrat Deiss die administrativen Hürden insbesondere für KMU durch gezielte Deregulierungen weiter herabgesetzt werden. Solchen Bestrebungen stehen neue Regulierungen gegenüber, wie etwa die mehreren Dutzend Regulierungsvorhaben, die direkt oder indirekt das Bankgeschäft betreffen. In diesem Kontext von zunehmender Bedeutung sind Selbstregulierungen, wie beispielsweise der von Economiesuisse erlassene Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance.
Abstract
Das Bundesgericht hat die disziplinarische Verwarnung eines Genfer Anwalts bestätigt, der als Vertreter von Fahrenden gegenüber dem zuständigen kantonalen Departementschef von Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesprochen und das Projekt eines neuen Standplatzes für Zigeuner als «völkermörderisch» bezeichnet hatte.
Abstract
Wer auf einer Autobahn die gesuchte Ausfahrt verpasst und allein deswegen brüsk abbremst, der handelt grob fahrlässig und rücksichtslos.
Abstract
Das Bundesgericht verlangt die mildere Bestrafung eines Musiklehrers, der vom Obergericht des Kantons Schaffhausen wegen sexueller Handlungen mit zwei 14-jährigen Schülerinnen zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von 24 Monaten verurteilt worden war. Der heute 33-jährige Mann hatte mit den beiden Mädchen zunächst per Handy erotisch anzügliche SMS-Kurzmitteilungen ausgetauscht. Danach war es in seiner Wohnung zu Zungenküssen und Petting sowie mit einem Mädchen auch zu oralem und analem Verkehr gekommen. Dabei respektierte der Täter, dass beide Opfer vaginalen Geschlechtsverkehr ablehnten.
Abstract
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau muss im Zusammenhang mit einem tödlichen Unfall in einem Schulhaus eine Strafuntersuchung eröffnen. Das verlangt das Bundesgericht auf eine staatsrechtliche Beschwerde der Familie des verunglückten Kindes hin, das auf dem Handlauf der Schulhaustreppe rückwärts vom zweiten Stock hinuntergerutscht und dabei in den Keller gestürzt war. Es gilt abzuklären, wer für den Umstand verantwortlich ist, dass das Treppengeländer ohne weiteres als Rutschbahn benutzt werden konnte.
Abstract
Das Bundesgericht hat wenig überraschend ein Revisionsgesuch der in Bern wegen des Mordes an ihrem Ehemann zu 18 Jahren Zuchthaus verurteilten Damaris Keller abschlägig beantwortet. Erstaunlicher ist die Besetzung der Richterbank, die theoretisch staatsrechtliche und praktisch handfeste Bedenken weckt.
Abstract
Der Bundesrat hat am 15. Sep. 2004 das EJPD beauftragt, bis 2006 eine Botschaft zur Schaffung einer einheitlichen schweizerischen Zivilprozessordnung auszuarbeiten. Der Vorentwurf einer Expertenkommission ist in der Vernehmlassung sehr gut aufgenommen worden. Ein grosses Anliegen der Kantone ist die Kostenneutralität der Revision.
Abstract
Der Bundesrat hat die Botschaften zum zweiten Paket der KVG-Revision zuhanden des Parlaments verabschiedet. Bei der Spitalfinanzierung hält er am Wechsel von der Objekt- zur Leistungsfinanzierung fest. Ebenfalls sollen die Kosten der Spitalleistungen je hälftig von Krankenversicherern und Kantonen getragen werden. Integrierte Versorgungsnetze sollen ferner als zusätzliche Versicherungsform im Gesetz verankert und damit Managed Care gefördert werden.
Abstract
Verurteilte Personen können künftig auch ohne ihr Einverständnis in ihren Heimatstaat zur Strafverbüssung überstellt werden. Das Zusatzprotokoll zum Überstellungsübereinkommen des Europarats tritt für die Schweiz am 1. Oktober 2004 in Kraft. Die erforderlichen Anpassungen des Rechtshilfegesetzes hat der Bundesrat auf den gleichen Zeitpunkt in Kraft gesetzt.
Abstract
Die Gesellschaft besser vor gefährlichen Straftätern schützen ohne die Grundsätze der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zu missachten. Dieses Ziel verfolgen der Bericht und Vorentwurf zur Umsetzung der Verwahrungsinitiative, die das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) am 15. September 2004 im Auftrag des Bundesrates bis am 15. Dezember 2004 in die Vernehmlassung geschickt hat.
Abstract
Schweizerinnen und Schweizer sollen ab Ende 2005 einen Pass mit biometrischen Daten beantragen können. Der Bundesrat hat sich in seiner Sitzung vom 15. Sep. 2004 für die Einführung biometrischer Pässe entschieden. Die Ausstellung solcher Pässe erfolgt vorerst in einem fünf Jahre dauernden Pilotprojekt, während dem Schweizerinnen und Schweizer auf freiwilliger Basis in einer von etwa fünf speziell ausgerüsteten Antragsstellen das biometrische Dokument beantragen können, falls sie dieses tatsächlich brauchen. Parallel dazu werden aber weiterhin auch Pässe ohne biometrische Daten vom Modell 2003 ausgestellt, das Schweizerinnen und Schweizern noch auf Jahre hinaus ein problemloses Reisen erlauben dürfte.
Abstract
Werke der Literatur und Kunst sowie damit verbundene Produkte wie Bücher, Tonträger oder Sendungen sollen auch im Zeitalter der Digitaltechnologie angemessen geschützt sein. Das macht eine Teilrevision des Urheberrechtsgesetzes notwendig. Einen entsprechenden Vorentwurf schickt das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement im Auftrag des Bundesrats bis 31. Januar 2005 in die Vernehmlassung.
Abstract
Die Disziplinarkommission der SWX Swiss Exchange hat der Swiss International Air Lines Ltd. (Swiss) eine Busse von CHF 10'000 und die Publikation der Sanktion auferlegt. Swiss wird vorgeworfen, dass 2003 trotz früheren Erfahrungen, wonach im Unternehmen wiederholt Informationslecks aufgetreten sind, keine Vorkehrungen getroffen wurden, um bei neuen Indiskretionen eine unverzügliche Information vornehmen zu können.
Abstract
Mit der «Verwaltungspraxis der Bundesbehörden» (VPB) gibt die Bundeskanzlei eine Zeitschrift heraus, die der Publikation von rechtskräftigen Entscheidungen und Verlautbarungen von grundsätzlicher Bedeutung und allgemeinem Interesse dient, welche vom Bundesrat, den Eidg. Departementen oder Ämtern der Bundesverwaltung sowie von den eidg. Rekurskommissionen ausgehen. Die Zeitschrift enthält auch Entscheide des Bundesgerichts, die dieses in seiner amtlichen Sammlung nicht publiziert hat. Schliesslich findet sich darin auch ein Teil der Rechtsprechung internationaler Behörden, welche die Schweiz betrifft. Im Folgenden wird eine Übersicht (mit Verweis auf den jeweiligen Volltext) zum kürzlich erschienen Heft 68 / IV Nr. 81 – 112 abgedruckt.
Jusletter