Jusletter

Liebe Leserinnen und Leser

«Wer seine Sache einem Vertragspartner anvertraut, schafft durch Übertragung des Besitzes zurechenbar den Rechtsschein der Verfügungsbefugnis. Der gutgläubige Dritte, der die Sache kauft, erwirbt Eigentum – dem Rechtsschein wird zulasten des ursprünglichen Eigentümers folglich entsprochen. Wem eine Sache gestohlen wird, dem wird dieser Rechtsschein mangels eigener Handlung nicht zugerechnet». Rechtsanwalt Dr. Arnold F. Rusch, LL.M., widmet sich dem gutgläubigen Fahrniserwerb vom Nichtberechtigten. Er prüft, ob dieser wirklich unter die Rechtsscheinlehre fällt und auch in Spezialfällen zu sinnvollen Ergebnissen führt.

Dr. iur. Denis Masmejan bespricht das Urteil der Grossen Kammer des EGMR im Fall Martin Stoll. Er hatte 1997 in der «Sonntags-Zeitung» Auszüge aus einem vertraulichen Bericht des damaligen Schweizer Botschafters in den USA, Carlo Jagmetti, veröffentlicht und wurde dafür gebüsst. Die Grosse Kammer fand nun, das verletze die EMRK nicht. Der Autor plädiert trotzdem für eine Revision des Schweizer Rechts.

«Wer befürchtet, dass gegen ihn demnächst eine superprovisorische Massnahme getroffen wird, [...] kann [...] sich mit einer sog. Schutzschrift an das zuständige Gericht wenden und die Gründe darlegen, die gegen die Massnahme oder zumindest gegen eine überfallartige Anordnung sprechen. Mit der Schutzschrift greift eine vorausschauende potentielle Gegenpartei ihrem rechtlichen Gehör vor. Andererseits steht das Gericht einem superprovisorischen Gesuch – wird es wirklich gestellt – auch nicht mehr ganz unvoreingenommen gegenüber.» (Botschaft zur ZPO, BBl 2006 7221, S. 7357). Michael Tuchschmid präsentiert eine aktuelle Übersicht zur kantonalen Gerichtspraxis betreffend (die momentan gesetzlich noch nicht geregelten) Schutzschriften.

Der Sonderstrafgerichtshof in Sierra Leone ist zuständig für die strafrechtliche Verfolgung der Hauptverantwortlichen für schwere Verbrechen, die nach dem 30. November 1996 auf Sierra Leones Territorium begangen wurden. Urs Wiedemann unterzieht den Aufbau und die Funktionsweise des Sonderstrafgerichtshofs einer eingehenden Würdigung und Analyse. Er widmet sich dabei insb. dem Finanzierungsmodell des Gerichts und dem geltenden Verfahrensrecht.

Legen Sie als Anwalt Rechtsmittel am Bundesgericht ein? Falls ja, sollten Sie die zwei Daten beachten, auf die Prof. Dr. iur. Thomas Koller in seinem Beitrag aufmerksam macht. Mit dem Inkrafttreten des BGG hat sich nämlich die Berechnung des Fristenlaufs geändert, für den Fall, dass der anzufechtende Entscheid während der «Gerichtsferien» zugestellt wird.

Herzliche Grüsse
 
Nils Güggi