Jusletter

Liebe Leserinnen und Leser
 
Ursprünglich gab es in der Schweiz 25 kantonale Strafprozessordnungen und das Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege (BStP), dann, seit dem Beitritt des Kantons Jura zur Eidgenossenschaft im Jahre 1979, waren es sogar 26 kantonale Verfahrensordnungen und das BStP. Nach nun fast 70 Jahren der Anwendung des Schweizerischen Strafgesetzbuches durch 26 – und später also 27 – verschiedene Strafprozessordnungen ist vor etwa einem Jahr, am 1. Januar 2011, die neue bundeseinheitliche Strafprozessordnung (StPO) in Kraft getreten.
 
Die Verbindung und Anpassung der einzelnen kantonalen Organisationen der Strafbehörden an die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen der StPO ist aber offensichtlich nicht ganz reibungslos verlaufen.
 
Das Schweizer Strafverfahren ist insbesondere durch eine starke Staatsanwaltschaft, den grossen Einfluss des Vorverfahrens auf den Strafprozess im Ganzen, die Existenz des Zwangsmassnahmengerichts und eine Generalisierung der Berufung als Heilmittel gegen Urteile der ersten Instanz gekennzeichnet.
 
Obwohl es allgemein anerkannt ist, dass ein gutes Verfahren eher von den Frauen und Männern der Praxis abhängt, als von den Regelungen des Gesetzes selbst, so behindern einige Mängel des Gesetzes doch die Arbeit der Praktiker. Deshalb legen die Autoren dieser Schwerpunkt-Ausgabe von Jusletter ihren Fokus gerade auf die Verbesserungsmöglichkeiten des Verfahrens.
 
So finden Sie Überlegungen zu folgenden spannenden Themen: Daniel Kettiger widmet sich Schnittstellenfragen der Schweizerischen Strafprozessordnung zu anderen Verfahren und Rechtsgebieten; mit dem Anwalt der ersten Stunde und dem Zeitpunkt seines Einsatzes beschäftigt sich Miriam Mazou; Sylvie Bertrand stellt die Zusammenarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft dar und analysiert die Weisungen der kantonalen Staatsanwaltschaften; der Frage der Überwachung von Chatrooms und der Lücke der StPO in diesem Bereich stellt sich Martin Schubarth; das freiwillige oder obligatorische Schlichtungsverfahren thematisiert Amandine Francey;  Catherine Faller und Aude Reymond betrachten das Strafbefehlsverfahren – welches im Gegensatz zum ordentlichen Verfahren statistisch immer mehr zum «üblichen» Verfahren wird – während Yvan Jeanneret diesen Themenbereich sowie das abgekürzte Verfahren in seinen Ausführungen vertieft; die Praxis der psychiatrischen Begutachtung im Strafverfahren und der grosse Einfluss der Begutachtung auf die Urteilsfindung problematisiert Stephan BernardSarah Maurer diskutiert die Verwertung und Verwendung von illegalen Beweisen, insbesondere als entlastendes Beweismaterial; das Fehlen klarer Standards für Prozesskosten kritisieren Jürg Bähler und Christof Riedo; zu guter Letzt widmen sich Cédric Genton und Camille Perrier dem Entschädigungs- und Genugtuungsanspruch.
 
Ich hoffe, dass Sie in dieser reich gefüllten Schwerpunkt-Ausgabe: StPO – Erste Erfahrungen einige  Inhalte finden werden, die Ihr Interesse wecken.
 
 
André Kuhn
Universität Neuchâtel und Lausanne
Redaktion Jusletter

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