Liebe Leserinnen und Leser

Alexandre Flückiger und Valérie Junod widmen sich dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 8. November 2016. Dieser legt hier Art. 10 EMRK (Freiheit auf Meinungsäusserung) dahingehend aus, dass ein Recht auf Zugang zu Informationen eingeschlossen sein soll. Die Autoren begrüssen dieses Urteil und weisen darauf hin, dass das Schweizer Recht heute diesbezüglich noch nicht in vollem Umfang den Anforderungen des EGMR entspricht.
 
Internationale Kaufverträge stellen die Parteien vor Herausforderungen. Zum einen erfordern sie meistens einen grenzüberschreitenden Transport des Kaufgegenstandes und sind deshalb aufwand- und kostenintensiv. Zum anderen müssen sich die Parteien darauf einigen, welche Rechtsordnung sie auf ihren Vertrag zur Anwendung bringen wollen (siehe auch Christoph Brunner / Markus Vischer, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Kaufvertragsrecht im Jahr 2015 – «unpublizierte» und «publizierte» Entscheide, in: Jusletter 17. Oktober 2016). Das UN-Kaufrecht von 1980 (CISG) ist das massgebende internationale Übereinkommen zum materiellen Kaufrecht. Mirjam Eggen beleuchtet die Vertragsaufhebung nach den Regeln des CISG und nimmt dabei rechtsvergleichenden Bezug auf die in internationalen Konstellationen ebenfalls relevanten Regeln des englischen Kaufrechts. Sie bemerkt insbesondere, dass das englische Kaufrecht eine Vertragsaufhebung durch den Käufer bei mangelhafter Qualität der Kaufsache deutlich einfacher zulässt als das CISG.
 
Wo liegen die Grenzen der kantonalen Souveränität im Steuerbereich? Andrea Opel und Urs R. Behnisch beleuchten u.a. die grundrechtlichen Schranken am Beispiel der derzeit geplanten Einführung einer als «Spitalsteuer» bezeichneten Abgabe im Kanton Zürich. Sie konkretisieren, dass vor allem die verfassungsmässigen Grundsätze der Besteuerung und der Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit, namentlich das Gebot der Gleichbehandlung von Konkurrenten, von den Kantonen beachtet werden muss.
 
Gemäss Art. 839 Abs. 3 des ZGB kann die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts nicht verlangt werden, wenn der Grundeigentümer für die angemeldete Forderung hinreichende Sicherheit leistet. Welche Anforderungen stellen zudem die Gerichte an die Leistung einer sog. «hinreichenden Sicherheit»? Meinrad Vetter und Matthias Brunner geben eine Übersicht aus Lehre und Rechtsprechung zu Funktion, Art und Umfang dieser geforderten Sicherheit.
 
Schliesslich bietet uns Roland Pfäffli eine Besprechung des Buches: «Das Grundbuch im Europa des 21. Jahrhunderts», herausgegeben von Arkadiusz Wudarski.
 
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche.
 
Leiterin Jusletter
Simone Kaiser
Verlagsleiterin Editions Weblaw
 
Urteilsbesprechungen
La reconnaissance d’un droit d’accès aux informations détenues par l’Etat fondée sur l’article 10 CEDH
Alexandre Flückiger
Alexandre Flückiger
Valérie Junod
Valérie Junod
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat einen Grundsatzentscheid getroffen, in welchem er anerkennt, dass Artikel 10 der EMRK nun eindeutig das Recht begründet, vom Staat zu verlangen, Informationen die in seinem Besitz sind zur Verfügung zu stellen. Dieses Recht unterliegt verschiedenen Bedingungen, dessen Folgen für das Schweizer Recht in diesem Beitrag analysiert werden. Die Autoren zeigen auf, dass das Schweizer Recht, Kantonales- wie auch Bundesrecht, heute noch nicht in vollem Umfang den Anforderungen des EGMR entspricht. (sts)
Beiträge
Die Vertragsaufhebung nach CISG
Mirjam Eggen
Mirjam Eggen
Das CISG lässt eine Vertragsaufhebung nur dann zu, wenn eine wesentliche Vertragsverletzung vorliegt. Die geschädigte Partei muss dafür so stark benachteiligt sein, dass ihr der aus der Vereinbarung erwartete Genuss im Wesentlichen entgeht. Eine strenge Auslegung dieser Anforderungen kann zu einer einseitigen Benachteiligung der Käuferposition führen. Der Beitrag beleuchtet, wie die Voraussetzungen der Vertragsaufhebung in der Praxis ausgelegt werden. Er nimmt dabei rechtsvergleichend Bezug auf die in internationalen Konstellationen ebenfalls relevanten Regeln des englischen Kaufrechts.
Grenzen der kantonalen Souveränität im Steuerbereich – dargestellt am Beispiel der Zürcher Spitalsteuer
Andrea Opel
Andrea Opel
Urs R. Behnisch
Urs R. Behnisch
Im Kanton Zürich macht derzeit eine neuartige Spitalsteuer von sich reden, die zwecks Aufbesserung der kantonalen Finanzen eingeführt werden soll. Dieses Vorhaben gibt Anlass, grundsätzlich über die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen nachzudenken, welche die kantonalen Gesetzgeber bei der Schaffung neuer Steuern zu beachten haben. Nachfolgend werden die kompetenzrechtlichen sowie grundrechtlichen Schranken aufgezeigt und jeweils anhand der geplanten Zürcher Spitalabgabe konkretisiert.
Die hinreichende Sicherheit gemäss Art. 839 Abs. 3 ZGB
Meinrad Vetter
Meinrad Vetter
Matthias Brunner
Matthias Brunner
Gemäss Art. 839 Abs. 3 ZGB kann der Grundeigentümer durch Leistung einer hinreichenden Sicherheit die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts abwenden bzw. die Löschung eines bereits eingetragenen Bauhandwerkerpfandrechts erreichen. Entsprechend ist praktisch relevant, welche Anforderungen die Gerichte an die Leistung einer hinreichenden Sicherheit stellen. Im Beitrag wird unter Darstellung von Lehre und Rechtsprechung auf diese Anforderungen und weitere Problemkreise im Zusammenhang mit Art. 839 Abs. 3 ZGB kritisch eingegangen.
Rezension
Rezension: Das Grundbuch im Europa des 21. Jahrhunderts
Roland Pfäffli
Roland Pfäffli
Ein gut funktionierender Grundstückverkehr ist für die Volkswirtschaft ein wichtiger Faktor. Dazu gehört als Teil der Rechtssicherheit ein gewissenhaft und zuverlässig geführtes Grundbuch. Das vorliegende Buch vermittelt Informationen zu Grundbuchsystemen anderer Länder, die man sonst in solch zusammengefasster Form kaum findet.
Aus dem Bundesgericht
Kein Schweizer Markenschutz für Louboutins rotbesohlte Highheels
Jurius
Jurius
BGer – Highheels mit roter Sohle sind das Markenzeichen des Pariser Schuh- und Taschendesigners Christian Louboutin. Im Gegensatz zu anderen Ländern wird diese Kreation in der Schweiz jedoch keinen Markenschutz erhalten. (Urteil 4A_363/2016)
Filmförderungsbeiträge der Stiftung «Cinéforom»
Jurius
Jurius
BGer – Bei der Gewährung von Filmförderungsbeiträgen durch die Stiftung «Cinéforom» der Westschweizer Kantone sowie der Städte Genf und Lausanne besteht für potentielle Empfänger ein ausreichender Rechtsschutz. (Urteil 2C_684/2015)
Ausschluss der Presse durch Obergericht
Jurius
Jurius
BGer – Das Obergericht des Kantons Zürich hat mit dem Ausschluss der akkreditierten Gerichtsberichterstatter von der Berufungsverhandlung und der mündlichen Urteilsverkündung in einem Strafprozess den Grundsatz der Justizöffentlichkeit sowie die Medien- und Informationsfreiheit verletzt. (Urteile 1B_349/2016, 1B_350/2016)
Aus dem Bundesverwaltungsgericht
Flexibilisierung laufender Altersrente abgelehnt
Jurius
Jurius
BVGer – Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass das System flexibler Altersrenten, welches die Pensionskasse der PricewaterhouseCoopers vor einigen Jahren für Neurentner eingeführt hat, nicht auf bereits laufende Altersrenten übertragen werden darf. (Urteil A-7617/2015)
Aus dem Bundesstrafgericht
Beschwerde gegen Auslieferung abgewiesen
Jurius
Jurius
BStGer – Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts in Bellinzona hat eine Beschwerde eines Mitglieds der kalabresischen Mafia ’Ndrangheta abgewiesen. Der Mann soll nach Italien ausgeliefert werden. (Urteil RR.2016.246)
Medienmitteilungen
Gegen Beschränkungen des interkantonalen Marktzugangs
Jurius
Jurius
Die Wettbewerbskommission (WEKO) hat in den Kantonen Bern, Waadt und Tessin untersucht, ob die Zulassungsverfahren für ausserkantonale Unternehmen und Selbstständigerwerbende mit dem Binnenmarktgesetz übereinstimmen. Sie kam dabei zum Schluss, dass der Marktzugang für Sicherheitsdienste, das Gastgewerbe, Kinderbetreuung, Handwerker, Architekten und Ingenieure sowie für Treuhänder immer noch durch kantonale Regulierungen behindert wird.