Liebe Leserinnen und Leser

Es ist verführerisch, Daten als Sachen zu betrachten. Aber sind sie das? Gianni Fröhlich-Bleuler ordnet zuerst den Begriff «Daten» ein, stellt darauf den urheberrechtlichen Schutz von Daten dar und widmet sich dann der Hauptfrage, ob Daten Sachen und so als Eigentum geschützt sind. Er kommt zum Schluss: «Daten sind keine Sachen; an ihnen besteht kein Eigentumsrecht.»
 
Am 28. November 2010 wurde die sogenannte «Ausschaffungsinitiative» angenommen. Art. 121 BV wurde damit um die Absätze 3 bis 6 ergänzt, wonach Ausländerinnen und Ausländer, die wegen bestimmter Straftaten verurteilt worden sind oder missbräuchlich Leistungen der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe bezogen haben, ihr Aufenthaltsrecht in der Schweiz verlieren (siehe auch Matthias Bertschinger, «Sozialmissbrauch» führt zu automatischer «Ausschaffung» – darf das Volk alles?, in: Jusletter 14. Dezember 2015). Matthias Jenal findet die Voraussetzungen für die Strafbarkeit beim Sozialleistungsmissbrauch und die an ihn geknüpfte Landesverweisung stark – und darüber hinaus rechtsstaatlich – bedenklich.
 
Personenkontrollen, d.h. Identitätsfeststellungen, berühren die persönliche Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV, Art. 8 Abs. 1 EMRK). Sie bedürfen daher nach Art. 36 Abs. 1 BV einer gesetzlichen Grundlage. Markus H. F. Mohler bemängelt das Fehlen tauglicher gesetzlicher Kriterien im Zusammenhang v.a. mit «Rasse» zur Vermeidung diskriminierender Personenkontrollen. Er fordert zum Schutz der Würde der Menschen, die sich insbesondere durch äusserlich erkennbare Eigenschaften von der überwiegenden Mehrheit hierzulande unterscheiden, brauchbarere qualifizierte Rechtsbegriffe für die polizeiliche Arbeit.
 
Jörg Paul Müller untersucht die Relevanz des Subsidiaritätsprinzips des Art. 5a BV für das Verhältnis der SRG zu privaten Veranstaltern. Er kommt zum Ergebnis, dass nicht das Subsidiaritätsprinzip des Art. 5a, sondern der Leistungsauftrag nach Art. 93 BV (Radio- und Fernsehartikel) zusammen mit den allgemeinen Prinzipien des Art. 5 BV (Legalitätsprinzip, Gebot der Verhältnismässigkeit) den Umfang legitimer Tätigkeit der SRG umschreiben. Die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 und 94 BV) kommt ins Spiel, wenn die SRG ausserhalb des konzessionierten Bereichs tätig wird.
 
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche.
 
Leiterin Jusletter
Simone Kaiser
Verlagsleiterin Editions Weblaw

 

Beiträge
Eigentum an Daten?
Gianni Fröhlich-Bleuler
Gianni Fröhlich-Bleuler
Im Zentrum der digitalen Ökonomie stehen Daten, die erfasst, gespeichert und weiterverarbeitet werden. Sind diese Daten Sachen? Und werden sie wie Eigentum geschützt? Ist ein sachenrechtlicher Schutz überhaupt sinnvoll? Der Beitrag greift diese Themen auf und analysiert diese.
Der Sozialleistungsmissbrauch (Art. 148a StGB) und die obligatorische Landesverweisung (Art. 66a Abs. 1 StGB) – ein neuer Straftatbestand schafft Probleme
Matthias Jenal
Matthias Jenal
Der neue Straftatbestand des «Sozialleistungsmissbrauchs» (Art. 148a StGB) ist mit dem Betrug verwandt und wie dieser als Erfolgsdelikt konzipiert. Der Autor zeigt am Verhältnis der beiden Straftatbestände auf, dass der neue Straftatbestand das Schuldprinzip zu verletzen droht. Ferner analysiert der Autor die ins StGB aufgenommene obligatorische Landesverweisung von Ausländern bei einer Verurteilung wegen Sozialleistungsmissbrauchs (Art. 66a Abs. 1 StGB) und zeigt auf, dass diese in einem Spannungsverhältnis zum Verhältnismässigkeitsgrundsatz steht. Den dargestellten Problemen werden jeweils Lösungsansätze gegenübergestellt.
Diskriminierende Personenkontrollen: Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Vorgaben – Rechtslage und Praxis
Markus Mohler
Markus Mohler
Das Diskriminierungsverbot in Art. 8 Abs. 2 der Bundesverfassung stützt sich u.a. auf Anknüpfungskriterien wie «Rasse» und (ethnische) Herkunft. Diese Ausdrücke werden von der Kulturanthropologie aber als unbrauchbar, von der Rechtswissenschaft als unhaltbar bezeichnet. Dennoch wird in diesem Zusammenhang an ihnen festgehalten. Andere objektive Kriterien und der Einbezug der subjektiven Seite könnten mit deutlicheren Vorgaben bessere Ergebnisse zeitigen. Dabei stellt die Plausibilität eines vernünftigen Anfangsverdachts ein wesentliches Element dar. Es liegt in der Verantwortung der Politik, nicht für mehr, sondern besseres Recht zu sorgen.
Zur Relevanz des Subsidiaritätsprinzips nach Art. 5a BV im Verhältnis der SRG zu privaten Anbietern
Jörg Paul Müller
Jörg Paul Müller
In der gegenwärtigen Auseinandersetzung um die Abgrenzung des Tätigkeitsbereichs der SRG gegenüber den privaten Veranstaltern wird auch auf das Subsidiaritätsprinzip des Art. 5a BV hingewiesen. Der Beitrag vertritt die Auffassung, dass sich Art. 5a BV primär auf das bundesstaatliche Verhältnis Bund-Kantone bezieht und nicht zur Abgrenzung öffentlichrechtlicher und privater Tätigkeit im Bereich R+F taugt. Entscheidend ist der verfassungsmässige Leistungsauftrag nach Art. 93 BV, der auf gesetzlicher Grundlage nach dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit (Art. 5 BV) ausgeübt werden muss.
Aus dem Bundesgericht
Transsexuelle muss Brustvergrösserung selbst bezahlen
Jurius
Jurius
BGer – Eine Krankenkasse muss die Kosten für eine Brustvergrösserung bei einer Transsexuellen nicht übernehmen. Das Bundesgericht hat eine Beschwerde der Betroffenen abgewiesen. (Urteil 9C_255/2016)
Kühe mit Revolver bedroht
Jurius
Jurius
BGer – Ein Mann aus dem Toggenburg ist definitiv zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt worden, weil er mit einem geladenen Revolver auf Kühe gezielt hat, die sich wiederholt am Rand seines Gartens verköstigt haben. Das Bundesgericht hat seine Beschwerde abgewiesen. (Urteil 6B_495/2016)
Ausstandsbegehren gegen BAZL-Angestellte abgewiesen
Jurius
Jurius
BGer – Sechs Mitarbeitende des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL) müssen im Zusammenhang mit dem geplanten Bau einer Frachthalle am Flughafen Zürich durch die Flughafenbetreiberin nicht in den Ausstand treten. Das Bundesgericht hat eine Beschwerde der Priora Airport Immobilien AG abgewiesen. (Urteil 1C_488/2016)
Outlet Landquart – Limitierte Einsicht in Dokumente bestätigt
Jurius
Jurius
BGer – Eine Journalistin des Regionaljournals Graubünden des Schweizer Radios (SRF) erhält nur einen eingeschränkten Einblick in amtliche Dokumente, die im Zusammenhang mit dem Sonntagsverkauf im Outlet Landquart (GR) zwischen dem Kanton und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) entstanden sind. (Urteil 1C_129/2016)
Victoire en dernière instance de trois cliniques genevoises
Jurius
Jurius
BGer – Der Kanton Waadt muss sich an den Spitalkosten seiner Staatsangehörigen in drei Genfer Kliniken beteiligen. Das Bundesgericht akzeptierte eine Klage der betroffenen Einrichtungen. (Urteile 9C_151/2016, 9C_153/2016, C_155/2016 und 9C_507/2016) (sts)
Aus dem Bundesverwaltungsgericht
Schweiz darf Finanzdaten weitergeben
Jurius
Jurius
BVGer – Die Schweiz darf Informationen zu den Finanzverhältnissen des österreichisch-kanadischen Milliardärs Frank Stronach an die österreichischen Behörden weiterleiten. (Urteil A_6394/2016)
Gesetzgebungsübersicht
Verzeichnis der auf März 2017 in Kraft getretenen Erlasse des Bundes
Jurius
Jurius
Die Zusammenstellung beinhaltet alle schweizerischen Bundesgesetze, Bundesbeschlüsse, Bundesrats- und Departementsverordnungen sowie einzelne Artikel, die im März 2017 in Kraft treten. Die einzelnen Erlasse und Änderungen können via Links direkt abgerufen werden.