Liebe Leserinnen und Leser

Das interdisziplinäre Autorenteam bestehend aus Henriette Haas, Sabrina Wacker und Christoph Ill widmet sich dem Nachweis der Arglist beim Vorschussbetrug. Dabei werden in persönlichen Anschreiben gegen vorgängige Bezahlung einer Gebühr ausserordentliche Profite in Aussicht gestellt. Der Beitrag beleuchtet die rechtlichen und kriminologischen Aspekte dieses Phänomens sowie dessen spezifische Viktimologie. Anhand der Reverse-Engineering-Methode aus der Psychologie wird aufgezeigt, wie aus dem systematischen Beobachten Hypothesen abgeleitet werden können, die den Nachweis der Arglist ermöglichen.

Michel Clerc bespricht das Urteil des Handelsgerichts St. Gallen HG.2014.229-HGK, welchem das Dreiecksverhältnis zwischen Arbeitsgemeinschaft (Schuldnerin), Unternehmerin (Gläubigerin) und Grundeigentümerin (Bürgin) zugrunde liegt. In casu verneint das Gericht ein Rechtsschutzinteresse der Gläubigerin an einer Klage gegen die Bürgin auf Feststellung einer gesetzlichen Bürgschaft und Bestehen der entsprechenden Forderung. Der Argumentation des Gerichts stellt der Autor Lehrmeinungen gegenüber, welche aufgrund des Gesetzeswortlauts ein solches Feststellungsinteresse bejahen.

Wie kann und wird eine Bank rechtlich gegen den Verrat von Geschäftsgeheimnissen durch ehemalige Arbeitnehmende vorgehen? Sarkis Homberger zeigt zunächst die Rechtslage nach Gesetz und Arbeitsvertrag auf und geht danach der Frage nach, warum in diesem komplexen juristischen System die zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel von den Banken nur zurückhaltend genutzt werden. Einen Grund erkennt der Autor in der Öffentlichkeit von Gerichtsverfahren, welche die Banken Reputationsschäden befürchten lässt.
(vgl. die dem Beitrag zugrundeliegende Masterarbeit: Sarkis Homberger, Les moyens d’actions de la banque en tant qu’employeur : la fin des rapports de travail, in: Magister, Editions Weblaw, Bern 2017)

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche.
 
Leiterin Jusletter
Simone Kaiser
Verlagsleiterin Editions Weblaw
Wissenschaftliche Beiträge
Bauernfängerei: Urteilsunfähige als Opfer von Vorschussbetrug
Henriette Haas
Henriette Haas
Sabrina Wacker
Sabrina Wacker
Christoph Ill
Christoph Ill
In den nächsten Jahrzehnten dürften die Gerichte vermehrt mit den Belangen von finanziell urteilsunfähigen Personen beschäftigt sein. Viele leben (noch) selbstständig und sind eine leichte Beute für Geschäftemacher. Mit juristischer und werbepsychologischer Fachkenntnis entwerfen diese ein Fangnetz von Lottogewinn- und esoterischen Heilsversprechen gegen Vorschusszahlung. Die unlautere Werbepost richtet sich gezielt an verwirrte oder intelligenzbehinderte Menschen. Im Folgenden zeigen wir auf, wie man durch eine systematische Analyse die Arglist hinter dieser Betrugsmasche nachweisen kann.
Urteilsbesprechungen
Kein Feststellungsinteresse bei der gesetzlichen Bürgschaft
Michel Clerc
Michel Clerc
Das HGer St. Gallen tritt mangels Rechtsschutzinteresse auf die Klage einer Unternehmerin auf Feststellung des Bestehens einer gesetzlichen Bürgschaft und das Bestehen einer entsprechenden Forderung nicht ein. Denn trotz missverständlicher Formulierung in Art. 839 Abs. 4 ZGB begründet dieser entgegen anderslautenden Lehrmeinungen kein Feststellungsinteresse, sondern gibt lediglich «die Selbstverständlichkeit wieder, dass die Bürgin gegen ihren Willen nicht zu einer Zahlung an die Gläubigerin verpflichtet werden kann, wenn nicht zuvor in einem gerichtlichen Verfahren festgestellt wurde, dass eine Forderung besteht, für die sie zu bürgen hat».
Beiträge
Les actions civiles et pénales de la banque contre son ex-employé
Sarkis Homberger
Sarkis Homberger
Die Banken verfügen über zahlreiche Geschäftsgeheimnisse und andere Leistungen, die das Ergebnis ihrer Arbeit sind. Diese sollen nach Ende der Arbeitsverhältnisse von ihren Angestellten nicht verraten oder benutzt werden. Nach einer Darstellung des durch Gesetz und Arbeitsvertrag gewährten Schutzes erklärt der Autor das komplexe juristische System und seine verschiedensten Zivil- und Strafklagen, die durch die Banken praktisch wenig genutzt werden. Die Lösung dieses Problems liegt wohl in einer Gesetzesreform und dem Ende der automatischen Öffentlichkeit der Prozesse.
Aus dem Bundesgericht
Aufschiebende Wirkung für Waadtländer Bettelverbot
Jurius
Jurius
BGer – Das vor rund einem Jahr verabschiedete Bettelverbot im Kanton Waadt tritt noch nicht in Kraft. Das Bundesgericht hat einer Beschwerde gegen die entsprechende Änderung des kantonalen Strafrechts die aufschiebende Wirkung gewährt. (Verfügung in der Sache 1C_443/2017)
Auslieferungsentscheid gegen mutmassliche Mafiosi ist rechtskräftig
Jurius
Jurius
BGer – Die Auslieferungsentscheide des Bundesamtes für Justiz (BJ) für neun mutmassliche Mafiosi der Frauenfelder Zelle der ’Ndrangheta sind rechtskräftig. Somit dürfen die Männer an Italien ausgeliefert werden. (Urteile 1C_399/2017 – 1C_401/2017 und 1C_403–408/2017)
Steuererklärung: Velopauschale und ÖV-Abo zugleich abziehbar
Jurius
Jurius
BGer – Wer mit dem Velo an den Bahnhof und von dort mit dem Zug bis an seinen Arbeitsort fährt, kann in der Steuererklärung die Velopauschale von CHF 700 und das Abonnement abziehen. Dies hat das Bundesgericht entschieden. (Urteil 2C_745/2017)
Verurteilung wegen Rassendiskriminierung aufgehoben
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht hat eine Verurteilung wegen Rassendiskriminierung in der Waadt aufgehoben. Das Kantonsgericht hatte sich bei seinem Entscheid wesentlich auf einen Eintrag im Internet-Wörterbuch «Wiktionnaire» abgestützt und der Betroffene hatte keine Möglichkeit, sich dazu zu äussern. Nun muss die Vorinstanz über die Bücher. (Urteil 6B_986/2016)
Flowtex-Konkursfall liegt erneut beim Bezirksgericht Meilen
Jurius
Jurius
BGer – Das Bezirksgericht Meilen (ZH) muss im Zusammenhang mit dem Fall Flowtex, einem der grössten Betrüge deutscher Wirtschaftskriminalität, ein Urteil zu einer Forderung des deutschen Insolvenzverwalters fällen. Dieser hat ein Haus in St. Moritz im Visier, das zu 40% der Ex-Frau des ehemaligen Flowtex-Geschäftsführers gehört. (Urteil 4A_65/2017)
Selbständigkeit von Kindern hat keine Folgen für IV-Rente
Jurius
Jurius
BGer – Die Rente von Teilzeit arbeitenden IV-Bezügerinnen darf aufgrund der Geburt von Kindern nicht verändert werden. Gleiches gilt, wenn eine nicht erwerbstätige Mutter und IV-Bezügerin wegen der zunehmenden Selbständigkeit der Kinder wieder eine Teilzeitstelle annehmen könnte. Dies hat das Bundesgericht entschieden. (Urteil 9C_752/2016)
Confirmation d’un veto de la Suva contre plusieurs fabricants
Jurius
Jurius
BGer – Die SUVA erhält in letzter Instanz Recht, nachdem sie mehreren Unternehmen aus Sicherheitsgründen ein Verbot des Verkaufs von Maschinen auferlegt hat. Das Bundesgericht bestätigt das Verbot. (Urteile 2C_75/2016 – 2C_80/2016) (as)
Medienmitteilungen
Klimaübereinkommen von Paris tritt für die Schweiz am 5. November 2017 in Kraft
Jurius
Jurius
Mit der Übergabe der Ratifikationsurkunde am 6. Oktober 2017 in New York wird die Schweiz offiziell Mitglied des Klimaübereinkommens von Paris. Es wird für die Schweiz 30 Tage später, also am 5. November 2017, in Kraft treten. Es sieht unter anderem die Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2° C gegenüber vorindustriellen Werten vor. Die Schweiz hatte sich bei den Verhandlungen zum Klimaübereinkommen stark engagiert.
Schweiz unterzeichnet europäische Deklaration zu E-Government
Jurius
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Bundesrat Ueli Maurer hat am Freitag, 6. Oktober 2017, im Rahmen der «Ministerial eGovernment Conference» in Estland eine von EU und EFTA gemeinsame erarbeitete «Declaration on eGovernment» unterzeichnet. Die Deklaration enthält fünf zentrale Prinzipien für E-Government und soll als Leitfaden zur Weiterentwicklung dienen.
Publikationen
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA sucht:
Jurius
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Eine Expertin oder einen Experten für die Schweiz im beratenden Ausschuss für das Rahmenübereinkommen des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten.
Rechtsprechungsübersicht
Übersicht über die Rechtsprechung des Bundesgerichts und des EGMR (August – September 2017)
Jurius
Jurius
Die Rechtsprechungsübersicht führt die zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenen Urteile des Schweizerischen Bundesgerichts vom 17. August 2017 bis und mit 16. September 2017 sowie die Urteile des EGMR mit Beteiligung der Schweiz auf. Neben Dossiernummer, Urteilsdatum, Abteilung/Kammer, Prozessgegenstand und Vorinstanz wird ein Hyperlink zum Originalentscheid und – sofern vorhanden – zur jeweiligen Mitteilung bzw. Besprechung in Jusletter und im dRSK wiedergegeben.