Liebe Leserinnen und Leser
 
Das Geschäft mit Nachahmer-Ware, die dem Original zum Verwechseln ähnlich sieht, wird Produktpiraterie, Produktfälschung oder Markenpiraterie genannt. Dabei werden beispielsweise Markenrechte oder wettbewerbsrechtliche Vorschriften verletzt. Produktpiraterie stellt ein globales Problem dar, das auch an der Schweiz nicht spurlos vorübergeht. So ist in den Jahren 2006 bis 2010 die Anzahl der auf Immaterialgüterrechten basierenden Zollinterventionen um 730% gestiegen. Prof. Dr. Ingeborg Schwenzer und David Tebel besprechen das Urteil des Bundesgerichts vom 17. April 2012, in dem sich das Gericht mit der Belastung der Kaufsache mit Immaterialgüterrechten Dritter im internationalen Kontext zu befassen hatte.
 
Die Revision des Bundesgesetzes über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) hat bereits zu vielen Diskussionen hinsichtlich Überwachungsmassnahmen und deren Rechtfertigung geführt (vgl. auch Jusletter-Beiträge). So müssen Fernmeldedienstleisterinnen gemäss BÜPF Überwachungsleistungen teilweise vornehmen, ohne Rücksicht darauf, ob die entsprechende Überwachungsart gemäss StPO rechtlich zulässig ist. Eine Verwaltungsbehörde, die prüft, zu welchen Überwachungsleistungen eine Fernmeldedienstleisterin verpflichtet werden kann, gibt es nicht: Ein konzeptioneller Fehler? Andreas Heiniger zeigt die Vorkehrungen auf, die im Hinblick auf die Revision getroffen werden müssen.
 
Eva Werren widmet sich Art. 216c OR, nach welchem ein Vorkaufsfall vorliegt, wenn das Grundstück verkauft wird sowie bei jedem anderen Rechtsgeschäft, das wirtschaftlich einem Verkauf gleichkommt. In der Lehre ist die Bedeutung des Begriffs «wirtschaftlich» umstritten. Anhand von zwei Praxisbeispielen – Vereinbarung eines Baurechts und Übertragung der Mehrheit von Aktien einer Immobiliengesellschaft – werden die Unterschiede der in der Lehre entwickelten finalen und wirtschaftlichen Betrachtungsweise des Vorkaufsfalls dargestellt und der Frage nachgegangen, ob bei einer Simulation oder gemischten Schenkung ein Vorkaufsfall vorliegt.
 
Nils Güggi rezensiert die Dissertation von Daniel Hürlimann «Suchmaschinenhaftung – Zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Betreiber von Internet-Suchmaschinen aus Urheber-, Marken- Lauterkeits-, Kartell- und Persönlichkeitsrecht».
 
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche.
 
   
Simone Kaiser Sarah Montani
RA, Stv. Verlagsleiterin
Leiterin Jusletter
Mitinhaberin Weblaw AG
Urteilsbesprechungen
Ingeborg Schwenzer
Ingeborg Schwenzer
David Tebel
David Tebel
Abstract

Die jüngste Entscheidung des Bundesgerichts zur Haftung des Verkäufers für die Schutzrechtsfreiheit der Kaufsache fällt in eine Zeit der weltweit wachsenden Bedeutung von Produktpiraterie. Die Autoren nehmen diese im Rahmen der United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods (CISG) ergangene Entscheidung zum Anlass, die Art. 42 CISG zugrundeliegenden Wertungen aufzuarbeiten.

Beiträge
Andreas Heiniger
Andreas Heiniger
Abstract

Ein Fehler im Bundesgesetz über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) sorgt dafür, dass Fernmeldedienstanbieterinnen im Prinzip zu beliebigen Überwachungen verpflichtet werden können, ohne Rücksicht darauf, ob die entsprechende Überwachungsart gemäss der Eidgenössischen Strafprozessordnung rechtlich möglich ist. Wörtlich spricht eine Bestimmung jenes Gesetzes gar davon, dass auch «klar unrichtige» Überwachungen durchgeführt werden müssen. Im Beitrag wird aufgezeigt, wie sich die Gerichte mit diesem Umstand schwer getan haben und was anlässlich der bevorstehenden BÜPF-Revision vorzukehren ist.

Eva Werren
Eva Werren
Abstract

Nach Art. 216c OR liegt ein Vorkaufsfall vor, wenn das Grundstück verkauft wird sowie bei jedem andern Rechtsgeschäft, das wirtschaftlich einem Verkauf gleichkommt. In der Lehre ist umstritten, was unter dem Begriff «wirtschaftlich» zu verstehen ist und das Bundesgericht hat sich noch nicht eindeutig zu dieser Frage geäussert. Die Autorin zeigt die Unterschiede der in der Lehre entwickelten finalen und wirtschaftlichen Betrachtungsweise anhand von zwei Praxisbeispielen (Vereinbarung eines Baurechts und Übertragung der Mehrheit von Aktien einer Immobiliengesellschaft) auf und geht darauf ein, ob bei den Sachverhalten Simulation und gemischte Schenkung ein Vorkaufsfall vorliegt.

Rezension
Nils Güggi
Nils Güggi
Abstract

Suchmaschinen wie Google, Bing, Search.ch oder juristische «Schwestern» wie z.B. Lawsearch sind heute im Umgang mit dem Internet schlicht nicht mehr wegzudenken. Sie sind unerlässlich für jegliche Recherchen. Die Dissertation von Dr. iur. Daniel Hürlimann beschäftigt sich mit der Frage, ob sich nach Schweizer Recht eine zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Betreiber von Internetsuchmaschinen aus Urheber-, Marken-, Lauterkeits-, Kartell- und Persönlichkeitsrecht erkennen lässt.

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
Jurius
Jurius
Abstract

EGMR – Youssef Nada hat den Streit mit der Schweiz um seine jahrelange Festsetzung in der italienischen Enklave Campione gewonnen. Laut dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wurde sein Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt. (Urteil 10593/08)

Aus dem Bundesgericht
Jurius
Jurius
Abstract

BGer – Der Kanton Bern darf von über 65-jährigen Personen eine einkommensabhängige Beteiligung an den Kosten für Spitex-Leistungen verlangen. Laut Bundesgericht stellt die seit dem vergangenen April geltende Regelung keine Altersdiskriminierung dar. (BGE 8C_44/2012)

Medienmitteilungen
Jurius
Jurius
Abstract

Der Bundesrat hat am 14. September 2012 die Teilrevision der Verordnung über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) verabschiedet. Aufgrund der Resultate einer Anhörung verzichtet er derzeit aber darauf, Bürgerinnen und Bürger aus 33 Drittstaaten für Aufenthalte von maximal 90 Tagen von der Visumspflicht zu befreien. Dieser Punkt wird allerdings im Rahmen einer Optimierung des gesamten Visumverfahrens noch einmal geprüft.

Jurius
Jurius
Abstract

Mit einem fünfjährigen Programm will der Bundesrat das Phänomen Zwangsheirat in der Schweiz eindämmen. Ziel ist es, die Zusammenarbeit unter Beratungsstellen, Berufsleuten und Schulen zu verstärken und Lücken bei Prävention, Beratung, Schutz und Schulung zu schliessen. Das Programm versteht sich als Ergänzung zum neuen Bundesgesetz über Massnahmen gegen Zwangsheiraten, das von den eidgenössischen Räten am 15. Juni 2012 verabschiedet wurde.

Aus der Herbstsession 2012
Jurius
Jurius
Abstract

Nachfolgend wird eine nach Tagen geordnete Auflistung der wichtigsten Entscheide des Parlaments in der Woche vom 10. bis 13. September 2012 wiedergegeben.

Jurius
Jurius
Abstract

Der Bundesrat kann die Europäische Landschaftskonvention ratifizieren. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat grünes Licht gegeben. In der grossen Kammer war der Schritt allerdings umstritten.

Jurius
Jurius
Abstract

Der Nationalrat hat am 13. September 2012 die inhaltlichen Differenzen beim Präventionsgesetz ausgeräumt. Das Gesetz geht dennoch zurück an den Ständerat, weil dieser bei der letzten Debatte die Ausgabenbremse nicht gelöst hatte.

Jurius
Jurius
Abstract

Das Parlament soll zu bundesrätlichen Verordnungen ein Veto einlegen können, wenn es der Meinung ist, die Regierung habe den Willen des Gesetzgebers nicht korrekt wiedergegeben. Der Nationalrat hat am 13. September 2012 einer Parlamentarischen Initiative der SVP-Fraktion mit 127 zu 34 Stimmen Folge gegeben.

Jurius
Jurius
Abstract

Die Regulierung der systemrelevanten Banken biegt auf die Zielgerade ein. Der Ständerat hat am 13. September 2012 als erster Rat zwei Verordnungen zu den schärferen Eigenmittelvorschriften ohne Gegenstimme mit einer Enthaltung genehmigt.

Jurius
Jurius
Abstract

Die Schweiz soll bei Gruppenanfragen Amtshilfe leisten und so dazu beitragen, dass Steuersünder identifiziert werden können. Nach dem Ständerat hat sich auch der Nationalrat dafür ausgesprochen, solche Anfragen zuzulassen.

Jurius
Jurius
Abstract

Bei Fondsinvestitionen geniessen Anleger in der Schweiz auch weiterhin nicht gleichwertigen Schutz wie Anleger in der EU. Der Nationalrat beschloss am 12. September 2012 als Zweitrat zahlreiche Abstriche am Kollektivanlagengesetz (KAG). Die Schweiz steht bei der Regulierung kollektiver Kapitalanlagen und Vermögensverwalter unter Zugzwang: Nachdem die EU als Lehre aus der Finanzkrise und Skandalen wie dem Maddoff-Schneeballsystem in den USA griffigere Regeln erliess, um Anleger zu schützen, muss auch die Schweiz bis Mitte 2013 nachziehen.

Jurius
Jurius
Abstract

Der Ständerat will das Asylgesetz nicht so drastisch verschärfen wie der Nationalrat. Er hat sich gegen ein generelles Nothilfe-Regime ausgesprochen. Vielen Massnahmen stimmte er aber zu. So sollen renitente Asylsuchende in speziellen Zentren untergebracht werden.

Jurius
Jurius
Abstract

Die Kantone sollen Impfungen für bestimmte Berufsgruppen für obligatorisch erklären können, sofern eine erhebliche Gefahr besteht. Dafür hat sich der Nationalrat am 11. September 2012 im Rahmen der Revision des Epidemiegesetzes mit 88 zu 78 Stimmen ausgesprochen.

Jurius
Jurius
Abstract

In der Schweiz soll eine gesetzliche Grundlage für verdeckte Fahndung geschaffen werden. Ausserdem soll verdeckte Ermittlung enger umschrieben werden. Der Nationalrat hat am 10. September 2012 einem entsprechenden Gesetz zugestimmt. Nicht regeln will der Rat die präventive Ermittlung und Fahndung: Für die Vorschriften bei Ermittlungen, die dazu dienen, eine Straftat zu verhindern, sollen die Kantone zuständig bleiben. Ein Teil des Rates wollte ins Gesetz schreiben, dass Polizei und Staatsanwaltschaft verdeckte Fahndung nicht nur bei Verdacht auf eine begangene Straftat anordnen können, sondern auch bei Verdacht auf eine bevorstehende.

Jurius
Jurius
Abstract

Seit Februar 2010 ist das Informationssystem Ausweisschriften (ISA) aufgeschaltet. Im Gegensatz zum Grenzwachtkorps kann die Polizei die Fotos der Ausweisinhaber nicht einsehen. Der Nationalrat hat am 10. September 2012 eine Motion mit 85 zu 82 Stimmen überwiesen, welcher der Polizei vollen Zugriff auf die Datenbank erlauben soll.

Jurius
Jurius
Abstract

Bei Grossprojekten mit grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen soll die Schweiz weiterhin die Nachbarstaaten zurate ziehen. Nach dem Nationalrat hat am 10. September 2012 auch der Ständerat mit 34 zu 0 Stimmen ohne Enthaltung einer Ergänzung der sogenannten Espoo-Konvention zugestimmt.

Jurius
Jurius
Abstract

Niemand soll künftig nach einem Umzug doppelt Radio- und TV-Gebühren zahlen müssen. Der Ständerat hat am 10. September 2012 eine Motion, die eine entsprechende Gesetzesänderung verlangt, stillschweigend überwiesen. Der Bundesrat will das Anliegen bei der Ausarbeitung des neuen Gebührensystems berücksichtigen.