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Liebe Leserinnen und Leser
 
Am 9. Februar 2014 haben Volk und Stände die eidgenössische Initiative gegen Masseneinwanderung und damit den neuen Art. 121a BV angenommen, der gleichentags in Kraft getreten ist. Die Umsetzung von Art. 121a BV beschäftigt seither Politik und Medien. Aus einer rein verfassungsrechtlichen Sicht stellt sich die Frage, wie die neue Bestimmung zu verstehen ist. Dazu gibt es bisher kaum gesicherte Erkenntnisse. Prof. Dr. Peter Uebersax unternimmt einen ersten Auslegungsversuch der Verfassungsnorm über die Zuwanderungssteuerung und beleuchtet das Verhältnis der Bestimmung zu anderen Verfassungsnormen sowie zum Völkerrecht. Er wirft die Frage auf, ob der eigentliche Gehalt des neuen Verfassungsrechts nicht in den zwei Unterbestimmungen zu den völkerrechtlichen Verträgen liegt.
 
Kann der aufgrund einer geistigen Behinderung fehlende Wille zur Einbürgerung den alleinigen Grund für die Nichteinbürgerung darstellen? Die behördliche Einbürgerungspraxis tendierte in diese Richtung. Mit BGE 139 I 169 hat das Bundesgericht diese Praxis allerdings als diskriminierend gewertet und festgestellt, dass vielmehr auf den mutmasslichen Einbürgerungswillen der betroffen Person abzustellen sei. Nicole Scheiber stimmt dem Entscheid des Bundesgerichts im Ergebnis zu, sieht die angewendeten Beurteilungskriterien für das Vorliegen eines solchen mutmasslichen Willens im konkreten Fall allerdings als kritisch an.
 
Dr. Julien Gafner widmet sich dem Cyberterrorismus, einer neuen Form der Kriminalität, die in der Ära der Kommunikations- und Informationstechnologien entstanden ist. Das Phänomen ist sowohl in kriminologischer als auch in juristischer Hinsicht interessant. Im Hinblick auf die Position, die der schweizerische Gesetzgeber gegenüber Terrorismusbekämpfung einnimmt, zeigt eine Analyse des besonderen Teils des StGB, dass das schweizerische Recht zur Bekämpfung der zu Terrorismuszwecken begangenen Internetmissbräuche geeignet ist. Es bleibt aber die Frage, ob der Cyberterrorismus in der Schweiz tatsächlich eine Gefahr darstellt.
 
Zu guter Letzt berichtet Carina Alexandra Weisser vom zweiten Forum Cybercrime der nationalen Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (KOBIK).
 
Am kommenden Ostermontag erscheint kein Jusletter. Wir wünschen Ihnen schöne Ostertage und freuen uns darauf, Sie zur nächsten Ausgabe am 28. April 2014 wieder begrüssen zu dürfen.
 
   
Simone Kaiser Sandrine Lachat
Verlagsleiterin Editions Weblaw Leiterin Jusletter Suisse Romande
Wissenschaftliche Beiträge
Peter Uebersax
Abstract

Seit der Annahme von Art. 121a BV gilt verfassungsrechtlich, dass die Schweiz die Zuwanderung ausländischer Personen eigenständig steuert. Die neue Bestimmung ist allerdings in mehrfacher Hinsicht auslegungsbedürftig. Verschiedene verfassungsrechtliche Begriffe sowie die vorgesehenen Steuerungsvorgänge bedürfen der Klärung. Auch das Verhältnis der neuen Verfassungsnorm zum bestehenden Verfassungs- und Völkerrecht ist unklar. Es ist festzulegen, wie mit allfälligen Widersprüchen umgegangen werden muss. Der Beitrag gibt erste Leitlinien für die Auslegung von Art. 121a BV und des damit verbundenen Übergangsrechts.

Urteilsbesprechungen
Nicole Scheiber
Abstract

In BGE 139 I 169 beurteilt das Bundesgericht die behördliche Praxis, Personen mit geistiger Behinderung alleine darum nicht einzubürgern, weil sie aufgrund der geistigen Beeinträchtigung keinen Einbürgerungswillen bilden können, als diskriminierend. Damit würde die Einbürgerung nämlich für eine ganze Untergruppe von Menschen mit Behinderungen verunmöglicht. Vielmehr sei auf den mutmasslichen Einbürgerungswillen der betroffenen Person abzustellen. Dieser Rechtsprechung kann im Ergebnis zugestimmt werden, wobei die bundesgerichtliche Beurteilung des Vorliegens des mutmasslichen Einbürgerungswillens im vorliegenden Fall kritisch beurteilt wird.

Beiträge
Julien Gafner
Abstract

Cyberterrorismus ist eine der neuen Formen der Kriminalität in der Ära der Informations- und Kommunikationstechnik. Die Studie und die Definition dieses Phänomens sind sowohl aus kriminologischer als auch aus juristischer Sicht interessant. Angesichts des vom Schweizer Gesetzgeber verabschiedeten Konzepts zur Bekämpfung des Terrorismus erlauben es die Straftatbestände im Besonderen Teil des Strafgesetzbuches, den Missbrauch des Internets für terroristische Zwecke zu ahnden. Der letzte Abschnitt des Beitrags ist der Frage gewidmet, ob Cyberterrorismus in der Schweiz eine echte Bedrohung darstellt. (bk)

Tagungsberichte
Carina Alexandra Weisser
Abstract

In zweiter Ausgabe wurde das Forum Cybercrime von KOBIK, der nationalen Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität, durchgeführt. Es dient der Erleichterung der Arbeit der Staatsanwaltschaften und der Effizienzsteigerung bei der Strafverfolgung. Dank spannenden Beiträgen konnten wichtige Grundlagen zur Internetkriminalität, zum Gebrauch und Missbrauch von Informations- und Kommunikationstechnologien und zum juristisch-technischen Zusammenspiel vermittelt werden. Im Rahmen von praktischen Workshops wurden die Möglichkeiten und Grenzen von Hausdurchsuchungen, P2P Überwachungen und verdeckten Ermittlungen in Chats aufgezeigt.

Europäischer Gerichtshof
Jurius
Abstract

EuGH – Die Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Daten beinhaltet einen Eingriff von grossem Ausmass und besonderer Schwere in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten, der sich nicht auf das absolut Notwendige beschränkt. (Urteile C-293/12 und C-594/12)

Aus dem Bundesgericht
Jurius
Abstract

BGer – Die Schweizerische Post kann das Wort «ePostSelect» in schwarzen Lettern auf gelbem Grund nicht als schützenswerte Marke eintragen lassen. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Der Wortkombination und Gestaltung des Logos fehle es an besonderer Originalität. (Urteil 4A_528/2013)

Jurius
Abstract

BGer – Die Universität Luzern hat einen deutschen Studenten nicht zum Jura-Studium zugelassen mit der Begründung, er verfüge über zu wenig Physikkenntnisse. Das Bundesgericht hat eine Beschwerde des Studenten gegen diesen Entscheid gutgeheissen. (Urteil 2C_457/2013)

Jurius
Abstract

BGer – Pensionskassen, deren Leistungsangebot die obligatorische Vorsorge übersteigt, dürfen innerhalb bestimmter Grenzen auch bei einer Überdeckung auf die Verzinsung des Altersguthabens von Versicherten verzichten. (Urteil 9C_114/2013)

Jurius
Abstract

BGer – Der Stadtrat Luzern hat die Stimmberechtigten zur Steuererhöhung und zum Voranschlag 2013 korrekt informiert, stellt das Bundesgericht aufgrund einer Stimmrechtsbeschwerde fest. Unzulässig waren aber Schreiben an bestimmte Personengruppen mit gezielten Informationen. (Urteil 1C_641/2013)

Jurius
Abstract

BGer – Die zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilte 53-jährige Mittäterin im Dreifachmord von Grenchen (SO) vom Juni 2009 muss in Sicherheitshaft bleiben. Das Bundesgericht erachtet die Fluchtgefahr als zu gross und lehnt deshalb eine Beschwerde ab. (Urteil 1B_88/2014)

Jurius
Abstract

BGer – Der französische Genetiker Lawrence Ségalat hatte keinen Erfolg auf Ablehnung der kantonalen Richter, die nach Auffassung des Bundesgerichts ihre ursprünglich ausgesprochene Haftstrafe von 16 Jahre reduzieren sollten. Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgelehnt. (Urteil 1B_67/2014) (sk)

Jurius
Abstract

BGer – Bewohner der Umgebung von Kernkraftwerken können Entscheide des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI) anfechten. Diesen Grundlagenentscheid hat das Bundesgericht am 11. April 2014 gefällt. (Urteil 2C_255/2013)

Aus dem Bundesverwaltungsgericht
Jurius
Abstract

BVGer – Die Eidgenössische Schätzungskommission Kreis 10 (ESchK) hat verschiedenen von den Ostanflügen betroffenen Grundeigentümern aus Kloten eine Entschädigung zugesprochen. Gegen 21 Entscheide wurde seitens des Flughafens und der Grundeigentümer beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde geführt. Dieses heisst einen Grossteil der Beschwerden teilweise gut. (Urteil A-2132/2012)

Jurius
Abstract

BVGer – L’Ouest lausannois wird nicht als eine von Lausanne unabhängige Kinoregion anerkannt. Das Bundesverwaltungsgericht wies einen Antrag der Firma, die das Kino Cinétoile de Malley in Prilly betreibt, ab. (Urteil C-698/2013) (sk)

Aus dem Bundesstrafgericht
Jurius
Abstract

BStrGer – Mehr als 23 Millionen Dollar bleiben auf Ersuchen peruanischer Behörden in der Schweiz blockiert. Das Bundesstrafgericht wies die Klage des Inhabers eines verdächtigen Kontos ab, auf dem 780‘000 Dollar vor elf Jahren aufgrund von Rechtshilfe eingefroren wurden. (Urteil RR.2013.164) (sk)

Medienmitteilungen
Jurius
Abstract

Minderjährige und andere schutzbedürftige Menschen werden in Zukunft dank einem umfassenden Tätigkeitsverbot sowie einem Kontakt- und Rayonverbot besser vor einschlägig vorbestraften Tätern geschützt. Der Bundesrat hat am 9. April 2014 diese Änderungen des Strafgesetzbuches auf den 1. Januar 2015 in Kraft gesetzt, nachdem die Referendumsfrist am 6. April 2014 unbenutzt abgelaufen ist.

Jurius
Abstract

Der Bundesrat hat am 9. April 2014 die Botschaften zur Übernahme von zwei Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands verabschiedet. Die eine präzisiert und ergänzt die Regeln zur vorübergehenden Wiedereinführung der Personenkontrollen an den Binnengrenzen des Schengen-Raums. Mit der anderen wird der Schengen-Evaluierungsmechanismus angepasst, durch den Mängel bei der Umsetzung oder Anwendung des Schengen-Rechts in Zukunft effizienter behoben werden sollen.

Jurius
Abstract

Der Bundesrat hat am 9. April 2014 einer Änderung des Zollübereinkommens zur vorübergehenden Verwendung von Waren mittels eines Carnet ATA (internationales Zolldokument) zugestimmt. Dieses Übereinkommen regelt mithilfe eines international genormten Zolldokuments die vorübergehende Warenein- und -ausfuhr.

Jurius
Abstract

Der Bundesrat hat im Rahmen des Projektes «Zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur» (ZEB) die vierte Vereinbarung zwischen Bund und SBB gutgeheissen. Damit wird eine weitere Tranche von Infrastrukturmassnahmen für die Umsetzung freigegeben. Die grössten Einzelprojekte in diesem Paket sind das vierte Gleis zwischen Lausanne und Renens mit Anpassungen am Bahnhof Renens sowie Ausbauten und Modernisierungen in Bellinzona.

Jurius
Abstract

Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) fasst den Begriff der Expatriates enger und präzisiert die Bestimmungen zum Wohn-, Schulkosten- und Pauschalabzug von Expatriates. Die Abzüge für die besonderen Berufskosten von Expatriates werden aber grundsätzlich beibehalten. Das EFD folgt damit den Empfehlungen der Arbeitsgruppe, welche die bestehenden Abzüge überprüft hat. Das EFD hat zu den vorgeschlagenen Änderungen der Expatriates-Verordnung eine Anhörung eröffnet, die drei Monate dauert.

Rechtsprechungsübersicht
Jurius
Abstract

Die Rechtsprechungsübersicht führt die zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenen Urteile des Schweizerischen Bundesgerichts vom 17. Februar bis und mit 16. März 2014 sowie die Urteile des EGMR mit Beteiligung der Schweiz auf. Neben Dossiernummer, Urteilsdatum, Abteilung/Kammer, Prozessgegenstand und Vorinstanz wird ein Hyperlink zum Originalentscheid und – sofern vorhanden – zur jeweiligen Mitteilung bzw. Besprechung in Jusletter und im dRSK wiedergegeben.