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Liebe Leserinnen und Leser

Auf der Überprüfungskonferenz zum Statut des Internationalen Strafgerichtshofs in Kampala (Uganda), die vom 31. Mai bis 11. Juni 2010 stattfand, haben die anwesenden Staaten einen neuen Art 8bis verabschiedet. Darin wird der Begriff «Verbrechen der Aggression» definiert. Madeleine Hirsig-Vouilloz erklärt den Anwendungsbereich der neuen gesetzlichen Regelung und zeigt die verschiedenen Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof auf.

Art. 5 Abs. 2 der Bundesverfassung sagt: «Staatliches Handeln muss (…) verhältnismässig sein». In den letzten Jahren hatten Volk und Stände verschiedentlich über Volksinitiativen zu befinden, die im Spannungsfeld oder gar in einem Widerspruch zu diesem Verfassungsprinzip stehen, da sie Behörden und Gerichte verpflichten, quasi automatisch genauso strikte Rechtsfolgen anzuordnen, wie der verfassungsrechtlich umschriebene Sachverhalt vorgibt. Besonders deutlich wird dies am Beispiel der sog. Durchsetzungsinitiative. Jörg Künzli und Walter Kälin nehmen diese zum Anlass, das Verhältnismässigkeitsprinzip im Völkerrecht näher zu betrachten. Sie gelangen zum Schluss, dass Eingriffe in menschenrechtlich verankerte Freiheitsrechte, die im Lichte des Verhältnismässigkeitsprinzips nicht einmal im Notstand gerechtfertigt werden könnten, menschenrechtlich zwingend verboten sind. Daher bestünden gute Gründe dafür, Volksinitiativen, welche Garantien der EMRK und von Pakt II infolge von Automatismen in klar unverhältnismässiger Weise verletzen, in diesem Ausmass für ungültig zu erklären.

Am 1. Januar 2014 ist das neue Sanierungsrecht (SchKG) in Kraft getreten, welches die Sanierung von in Schieflage geratenen Unternehmen erleichtern soll. Diese Revision des SchKG beinhaltet neben zahlreichen anderen Anpassungen die Abschaffung der insolvenzrechtlichen Privilegierung von Mehrwertsteuerforderungen. Jean-Daniel Schmid legt dar, weshalb die Abschaffung des Privilegs möglichst zeitnah Wirkung zeigen muss.

James Menz und David Mamane widmen sich der neuen Richtlinie der Europäischen Union zur Erleichterung von Schadenersatzansprüchen bei Kartellrechtsverstössen. Sie beleuchten die wesentlichen Inhalte der Richtlinie, unter anderem vor dem Hintergrund des schweizerischen Kartellgesetzes und dessen derzeit diskutierten Revision.

Einen Jahresrückblick 2013 zu den Entwicklungen im Schweizer Kartellrecht bietet Kevin Hubacher. Dieser schliesst an seinen vorhergehenden Bericht an, vgl. Kevin Hubacher, Schweizer Kartellrecht 2012 – ein Jahresrückblick, in: Jusletter 11. März 2013.

Roland Pfäffli rezensiert die zweite Auflage des Werkes von Michel Mooser, Le droit notarial en Suisse.

Wir wünschen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche!

 

Simone Kaiser
Verlagsleiterin Editions Weblaw

Sandrine Lachat
Leiterin Jusletter Suisse Romande
 

 

Wissenschaftliche Beiträge
Madeleine Hirsig-Vouilloz
Abstract

Auf der Überprüfungskonferenz zum Statut des Internationalen Strafgerichtshofs in Kampala (Uganda), die vom 31. Mai bis 11. Juni 2010 stattfand, haben die anwesenden Staaten einen neuen Art 8bis verabschiedet. Darin wird der Begriff «Verbrechen der Aggression» definiert. Der Beitrag versucht, den Anwendungsbereich der neuen gesetzlichen Regelung zu erklären und zeigt die verschiedenen Verfahren auf, die sich für die Staatsanwaltschaft und die Staaten im Falle der Befassung des Strafgerichtshofes mit der Begehung eines solchen Verbrechens eröffnen.

Beiträge
Jörg Künzli
Walter Kälin
Abstract

Welche Position nimmt das Verhältnismässigkeitsprinzip im Völkerrecht ein? Vor dem Hintergrund neuer Volksinitiativen, deren Inhalte im Spannungsfeld oder gar im Widerspruch zu diesem zentralen rechtsstaatlichen Prinzip stehen, untersucht der Beitrag, ob das Verhältnismässigkeitsgebot an sich heute Bestandteil des zwingenden Völkerrechts oder notstandsfester vertraglicher Vorgaben ist. Er gelangt zum Schluss, dass Bestimmungen, welche auch im Fall klarer Unverhältnismässigkeit Eingriffe in Freiheitsrechte automatisch anordnen und die Prüfung der Verhältnismässigkeit vollständig unterbinden, für die Schweiz zwingend verboten sind.

Jean-Daniel Schmid
Abstract

Am 1. Januar 2014 wurde das Insolvenzprivileg zu Gunsten der Mehrwertsteuer aufgehoben. Wann die Aufhebung dieses wirtschaftlich bedeutenden Vorzugsrechts effektiv greift, ist nicht in jedem Fall klar. Der Beitrag legt dar, weshalb die Abschaffung des Privilegs möglichst zeitnah Wirkung zeitigen muss.

James Menz
David Mamane
Abstract

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union werden in naher Zukunft eine Richtlinie zur Erleichterung von Schadenersatzansprüchen bei Kartellrechtsverstössen umsetzen müssen. Die Richtlinie soll kartellrechtliche Schadenersatzklagen erleichtern und wird voraussichtlich zu einer Zunahme solcher Klagen führen. Sie löst jedoch gewisse Probleme nicht bzw. wirft neue praktische Fragen auf, die der Gestaltung der nationalen Gesetzgebung überlassen bleiben bzw. die erst in den zu erwartenden Gerichtsverfahren geklärt werden können. Der Beitrag beleuchtet die wesentlichen Inhalte der Richtlinie, unter anderem vor dem Hintergrund des schweizerischen Kartellgesetzes und dessen derzeit diskutierten Revision.

Kevin Hubacher
Abstract

In Weiterführung der letztjährigen Berichterstattung informiert dieser Beitrag über ausgesuchte Entwicklungen im Schweizer Kartellrecht im Berichtsjahr 2013. Nebst dem Freihandelsabkommen und den Richtlinien für ökonomische Gutachten werden vorwiegend Urteile des Bundesgerichts sowie des Bundesverwaltungsgerichts dargestellt. Eingang in den Artikel finden sodann zwei Beratungen des Sekretariats der Wettbewerbskommission (WEKO). Der Beitrag schliesst mit einer Übersicht über im Jahr 2013 publizierte Literatur.

Rezension
Roland Pfäffli
Abstract

Kürzlich ist im Stämpfli-Verlag die 2. Auflage des Standardwerks zum Schweizerischen Notariatsrecht in französischer Sprache erschienen. Es wurde verfasst von Michel Mooser und behandelt neben den grundsätzlichen Fragen zum Notariatsrecht und Notariatsprozess auch die aktuelle Entwicklung (Freizügigkeit).

Aus dem Bundesgericht
Jurius
Abstract

BGer – Das Bundesgericht tritt auf eine Beschwerde von Christoph Mörgeli nicht ein. Der SVP-Nationalrat hat den Entscheid der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen bezüglich der Beiträge des Fernsehens SRF nach Lausanne weitergezogen. (Urteil 2C_430/2014)

Jurius
Abstract

BGer – Das Obergericht Bern und nun auch das Bundesgericht lehnen die Haftentlassung des Mazedoniers ab, der vor dem Club 3000 in Lätti in der Gemeinde Rapperswil im September 2013 einen Kosovaren tödlich verletzt haben soll. Grund für den Entscheid ist die drohende Fluchtgefahr. (Urteil 1B_180/2014)

Jurius
Abstract

BGer – Das Bundesgericht weist die Beschwerde des Aero Club Genf und anderer Nutzer der Graspiste am Flughafen Cointrin ab. 250 Meter von der asphaltierten Landebahn entfernt, ist ihre Nutzung nach den neuen Standards geregelt, um den Verkehr der kleinen Flugzeuge insbesondere an Wochenenden zu reduzieren. (Urteile 2C_1019/2013, 2C_1027/2013 und 2C_1051/2013) (sk)

Aus dem Bundesverwaltungsgericht
Jurius
Abstract

BVGer – Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA hat zu Recht schwere Verletzungen von aufsichtsrechtlichen Bestimmungen bei der La Roche 1787 festgestellt, schreibt das Bundesverwaltungsgericht in seinem am 19. Juni 2014 publizierten Urteil. (Urteil B-6815/2013)

Aus dem Bundesstrafgericht
Jurius
Abstract

BStGer – Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts hat die Beschwerde eines Mannes gegen seine Auslieferung an Italien abgelehnt. Der Beschwerdeführer ist Ende 2013 im Tessin festgenommen worden und muss in Italien eine Haftstrafe von 20 Jahren verbüssen. (Urteile RR.2014.148 und RP.2014.48)

Medienmitteilungen
Jurius
Abstract

Der Spitalverband H+ will juristisch gegen die vom Bundesrat beschlossenen Anpassungen im TARMED-System vorgehen. Den Verband stört, dass für Leistungen in Spitälern der Zuschlag ausgeschlossen wird, zum Beispiel wenn Hausärzte in Spitälern Notfalldienst machen.

Jurius
Abstract

Ins Strafregister sollen künftig mehr Behörden Einblick erhalten als heute. Allerdings wird sichergestellt, dass sie nur sehen, was sie auch angeht. Gleichzeitig verbessert sich der Datenschutz für die Bürger. Sie können Auskunft verlangen, wer etwas über sie wissen wollte.

Jurius
Abstract

Ein erster Schritt auf einer heiklen Gratwanderung ist getan. Der Bundesrat hat am 20. Juni 2014 die Eckwerte zur Umsetzung der Zuwanderungsinitiative vorgestellt. Das Konzept orientiert sich eng am Verfassungstext, weicht aber in einigen Punkten von den Forderungen der Initianten ab.

Jurius
Abstract

Der internationale Bankenstandard Basel III sieht eine ungewichtete Eigenmittelquote «Leverage Ratio» vor. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA eröffnet am 17. Juni 2014 die Anhörung für das neue Rundschreiben «Leverage Ratio Banken», um die notwendigen Berechnungsvorschriften in der schweizerischen Regulierung festzulegen. Zudem revidiert die FINMA das Rundschreiben «Offenlegung Banken». Die Anhörung für beide Rundschreiben dauert bis zum 31. August 2014.

Aus der Sommersession 2014
Jurius
Abstract

Im Folgenden finden Sie eine Übersicht der in der Sommersession 2014 verabschiedeten Schlussabstimmungstexte. Die Vorlagen der Redaktionskommission sind im Format PDF abrufbar.

Jurius
Abstract

Der Ständerat will Kunden, die voreilig am Telefon oder im Internet einen Vertrag abschliessen, besser schützen. Neu soll für Telefonverträge sowie beim Versand- und Onlinehandel ein Widerrufsrecht von 14 Tagen gelten.

Jurius
Abstract

Das revidierte Kartellgesetz droht im Parlament zu scheitern. Um trotzdem etwas gegen die Hochpreisinsel Schweiz zu unternehmen, will nach dem Nationalrat auch der Ständerat die Zollverfahren vereinfachen. Die kleine Kammer hat am 17. Juni 2014 drei entsprechende Motionen an den Bundesrat überwiesen.

Jurius
Abstract

Der Ständerat will die Verjährungsfristen in Steuergesetzen anpassen. Die kleine Kammer hat sich am 17. Juni 2014 wie bereits vor einem Jahr dafür ausgesprochen. Jedoch dürfte die Anpassung der Fristen scheitern. Der Nationalrat war zuletzt nicht auf das Geschäft eingetreten.

Jurius
Abstract

Die Abschaffung der Stempelsteuer auf Eigenkapital wird erst im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III diskutiert werden. Mit 21 gegen 12 Stimmen hat sich der Ständerat am 17. Juni 2014 erneut für eine Unterbrechung der Debatte ausgesprochen. Der Nationalrat ist nun gezwungen, abzuwarten. (sk)