Liebe Leserinnen und Leser
Das Arbeitsrecht und insbesondere das Schicksal von Arbeitsverhältnissen und von Arbeitnehmerforderungen spielen in Insolvenz- und Sanierungsverfahren von Unternehmen regelmässig eine besondere Rolle. Mit dem teilrevidierten Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (SchKG) vom 21. Juni 2013, in Kraft seit dem 1. Januar 2014, wurde daher nicht nur das sog. «neue Sanierungsrecht» in das SchKG eingeführt. Vielmehr wurden gleichzeitig verschiedene arbeitsrechtliche Bestimmungen des Obligationenrechts neu in das Gesetz aufgenommen oder abgeändert. Mit diesen neuen arbeitsrechtlichen Bestimmungen an der Schnittstelle zwischen Insolvenz- und Arbeitsrecht befasst sich die heutige Schwerpunkt-Ausgabe «Arbeitsrecht und neues Sanierungsrecht» von Jusletter. Besonderes Gewicht wird dabei auf Betriebsübernahmen während Insolvenzverfahren, auf das Konsultationsverfahren bei Massenentlassungen und auf die neue Sozialplanpflicht gelegt.
Erfolgt ein Betriebsübergang im Rahmen eines Insolvenz- oder Sanierungsverfahrens, gehen die mit dem übertragenen Betrieb oder Betriebsteil verbundenen Arbeitsverhältnisse gemäss einem neuen Art. 333b OR nur noch dann und unter Ausschluss der Solidarhaftung auf den Erwerber über, wenn dies mit dem Erwerber so vereinbart wurde. Adrian von Kaenel stellt unter dem Titel «Der neue Artikel 333b OR» die neue Regelung dar, analysiert sie und plädiert für ihre Anwendung auch bei Übertragungen nach dem Fusionsgesetz. Laura Widmer befasst sich in ihrem Beitrag über die «Sozialplanverhandlungspflicht nach Art. 335h ff. OR» nicht nur mit der Sozialplanverhandlungspflicht als solcher, sondern auch mit dem Konsultationsverfahren bei Massenentlassungen und mit der Zwangsschiedsgerichtsbarkeit im Falle einer Nichteinigung über einen Sozialplan.
Luca Cirigliano greift «Ausgewählte Fragen des neuen Sanierungsrechts» auf, die sich im sozialpartnerschaftlichen Alltag als besonders praxisrelevant erwiesen haben, insbesondere solche über den konkreten Inhalt eines Sozialplans und zur Rolle von Gesamtarbeitsverträgen im Zusammenhang mit Sozialplänen. Auch Stéphanie Fuld und Olivier Depierre untersuchen in ihrem Aufsatz «Condensé de la nouvelle institution du plan social en droit de travail (art. 335h à 335k CO)» spezifische Fragen zum Sozialplan und zu dessen Inhalt und plädieren dabei für eine weitgehende Gestaltungsfreiheit bei der Festlegung von Rechten und Pflichten aus einem Sozialplan.
Wir wünschen Ihnen viel Spass bei der Lektüre!
| Prof. Dr. Thomas Geiser | Dr. Daniel Hunkeler |
| Universität St. Gallen, | Rechtsanwalt, LL.M., Zürich Redaktor Jusletter SchKG |
Abstract
Mit dem neuen Sanierungsrecht ist auf den 1. Januar 2014 Art. 333b OR in Kraft getreten. Er schränkt den Anwendungsbereich von Art. 333 OR ein: Erfolgt ein Betriebsübergang während einer Nachlassstundung, im Rahmen eines Konkurses oder eines Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung, so gehen Arbeitsverhältnisse nur noch dann und unter Ausschluss der Solidarhaftung auf den Erwerber über, wenn dies mit ihm so vereinbart worden war. Der Autor stellt den Inhalt des neuen Art. 333b OR dar, analysiert dessen Auswirkungen und plädiert für dessen Anwendung auch bei Übertragungen nach Fusionsgesetz.
Abstract
Die neu eingeführte Sozialplanverhandlungspflicht wirft einige Fragen auf: Es bestehen Unklarheiten sowohl bezüglich ihrer Voraussetzungen als auch hinsichtlich ihrer Rechtsfolgen. Zudem stellt die Zwangsschiedsgerichtsbarkeit bei Nichteinigung ein gesetzliches Novum dar. Es stellen sich diverse Herausforderungen an die praktische Umsetzung der Zwangsschiedsgerichtsbarkeit, welche von der Lehre bislang meist bloss am Rande thematisiert worden sind. Die Autorin zeigt mit diesem Beitrag die Probleme der Sozialplanverhandlungspflicht auf und behandelt Verfahrensfragen, die sich aus der Zwangsschiedsgerichtsbarkeit bei Nichteinigung ergeben.
Abstract
Firmenübergänge bzw. Restrukturierungen von Betrieben finden nicht im juristisch luftleeren Raum statt. Öffentlich-rechtliche Rechtsnormen kamen bereits in der Vergangenheit bei gewissen Massenentlassungen zur Anwendung. Seit dem 1. Januar 2014 sind nun weitere Bestimmungen arbeitsrechtlicher Natur eingeführt worden, die unter anderem auch neu die obligatorische Aufstellung eines Sozialplanes vorsehen. Der Beitrag will praxisnah ausgewählte Punkte beleuchten, welche sich im sozialpartnerschaftlichen Alltag als besonders relevant gezeigt haben: U.a. die Fragen, was konkret in einem Sozialplan überhaupt mindestens geregelt werden soll und welche Rolle von GAV in Bezug auf die Sozialpläne einnehmen.
Abstract
Acht Monate nach dem Inkrafttreten der neuen Artikel 335h bis 335k OR über die Verhandlungspflicht und die obligatorische Aufstellung eines Sozialplans in bestimmten Fällen der Massenentlassungen, stellen die Autoren praxisrelevante Fragen. Sie werfen einen kritischen Blick auf verschiedene aktuelle Lehrmeinungen und schlagen Lösungen vor. (sk)
Abstract
BGer – Ein Genfer Lehrerpaar machte sich die mangelnde schulische Infrastruktur zunutze und beantragte einen Steuerabzug, für das zu beruflichen Zwecken genutzte Zimmer seiner Wohnung. Das Bundesgericht lehnte den Antrag des Ehepaares ab. (Urteil 2C_71/2014) (sts)
Abstract
BGer – Die Liegenschaften an der Turbinenstrasse 12/14 in Zürich dürfen zum Bau der Erschliessungsstrasse für das Maag-Areal Plus dereinst abgebrochen werden. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde des Kantons Zürich gut. (Urteil 1C_582/2013)
Abstract
BGer – Ein Geistlicher, welcher seinen guten Namen durch Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs beschmutzt sah, griff wegen Verleumdung mehrere Personen an, welche gegen ihn ihre Denunziationen bezeugten. Alle Beschwerden des Mannes wurden vom Bundesgericht abgewiesen. (Urteile 6B_51/2014, 6B_48/2014 et 6B_49/2014) (sts)
Abstract
BGer – Andreas Zeller und Urs Schneider dürfen nicht in die Verwaltungskommission der SVA St. Gallen zurückkehren. Bei ihrer Abwahl im Jahr 2012 kam es zwar zu Verfahrensfehlern, doch muss deshalb aber nicht die Wahl wiederholt werden, wie das Bundesgericht entschieden hat. (Urteil 8C_199/2014)
Abstract
BGer – Nachdem ein junger Mann zum wiederholten mal mit dem VW Beetle der Mutter zu schnell und unter Drogeneinfluss gefahren war, hat die Staatsanwaltschaft den Wagen beschlagnahmt. Das war korrekt und sogar notwendig, wie das Bundesgericht nun feststellt. (Urteil 1B_193/2014)
Abstract
BGer – Das Bundesgericht bestätigte die Verurteilung zu elf Jahren Haft eines siebzigjährigen Jurassiers, welcher im September 2011 seine Freundin durch mehrere Messerstiche getötet hatte. (Urteil 6B_104/2014) (sts)
Abstract
Die Schweiz hat eine Resolution des Sicherheitsrats mitunterzeichnet, die das völkerrechtliche Regelwerk zur Bekämpfung von Terrorismus mit Bezug auf die sogenannten ausländischen terroristischen Kämpfer (Foreign Terrorist Fighters) ergänzen will.
Abstract
Der Bundesrat hat am 22. September 2014 entschieden, die Vernehmlassung zur Unternehmenssteuerreform III zu eröffnen. Die Reform soll unter Berücksichtigung der internationalen Entwicklungen das schweizerische Steuersystem weiterentwickeln und die Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Abstract
Im Folgenden finden Sie eine Übersicht der in der Herbstsession 2014 verabschiedeten Schlussabstimmungstexte. Die Vorlagen der Redaktionskommission sind im Format PDF abrufbar.
Abstract
Der Bundesrat darf grundsätzlich auch in Zukunft in dringenden Fällen Staatsverträge vorläufig anwenden. Neu muss er jedoch darauf verzichten, wenn die zuständigen Parlamentskommissionen beide ihr Veto einlegen. National- und Ständerat sind diesem Vorschlag der Einigungskonferenz gefolgt.
Abstract
Opfer und andere von einer Straftat betroffene Personen sollen künftig detailliert Auskunft erhalten über Strafvollzug, Entlassung oder Flucht des Täters. Der Ständerat hat am 24. September 2014 die letzte Differenz zu den neuen Informationsrechten ausgeräumt.
Abstract
Nach dem Scheitern der Referenden gegen drei Steuerabkommen ist der Ruf nach Änderungen bei der Referendumsfrist laut geworden. Das Parlament hat nun aber entschieden, an der Frist nichts zu ändern. Der Ständerat hat am 24. September 2014 die entsprechende Vorlage bereinigt.
Abstract
Wer öffentlich gegen Homosexuelle hetzt, soll auch in Zukunft nicht strafrechtlich verfolgt werden. Der Ständerat hat am 23. September 2014 die vom Kanton Genf geforderte Ergänzung von Verfassung und Antirassismus-Strafnorm abgelehnt.
Abstract
Die Schweiz hat zwar keinen Edward Snowden, aber auch in der Schweiz zahlen Whistleblower einen hohen Preis für ihre Courage. In der Regel verlieren sie ihre Stelle und bekommen es mit der Justiz zu tun. Die Änderung des Obligationenrechts, die der Ständerat am 22. September 2014 beschlossen hat, dürfte daran wenig ändern.
Abstract
Das Parlament verschärft die Aufsicht über die Krankenkassen. Am 22. September 2014 hat der Ständerat die letzten Differenzen zum neuen Aufsichtsgesetz ausgeräumt. Eine Mehrheit hat die Vorlage wohl nur unter dem Druck der Einheitskassen-Initiative gefunden.
Jusletter