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Liebe Leserinnen und Leser
 
Nicht nur das Bundesgericht, sondern  auch Juristen, Ärzte und Ethiker beschäftigten sich seit Monaten mit dem «Fall Rappaz» – siehe: Jurius, Affäre Rappaz: Kein Haftunterbruch wegen Gesundheitszustand, in: Jusletter 13. Dezember 2010 m.w.H. sowie Olivier Guillod / Dominique Sprumont, Les contradictions du Tribunal fédéral face au jeûne de protestation, in: Jusletter 8 novembre 2010 und Benjamin F. Brägger, Zwangsernährung im Strafvollzug – Replik zu «Hungerstreik und Strafvollzug» von Markus Müller, in: Jusletter 16. August 2010.
 
Auch nachdem Herr Rapazz auf Anraten des EGMR wieder begonnen hat, feste Nahrung zu sich zu nehmen, bleiben die Fragen zum Hungerstreik im Strafvollzug aktuell: Dürfte im Falle des hungersteikenden Rappaz die gegen ihn verhängte Feiheitsstrafe ausnahmsweise in Form des Hausarrests vollzogen werden? Welche Grundrechtseingriffe sind durch eine Zwangsernährung betroffen? Wären die Ärzte verpflichtet gewesen der Anordnung des Gerichts hinsichtlich der Zwangsernährung zu folgen? Adrian Krähenmann, Andreas Schweizer und Tobias Tschumi gehen den Fragen nach.
 
Andrea Marco Steingruber gibt einen Überblick über die Möglichkeit der schiedsgerichtlichen Erledigung von Streitigkeiten regulatorischen Inhalts im Bereich der Börse und bei der Bekämpfung der Geldwäscherei. Er weist dabei auf Besonderheiten im Vergleich zur (klassischen) Wirtschaftsschiedsgerichtsbar­keit hin.
 
In seinem Gutachten vom 22. Juli 2010 hat der Internationale Gerichtshof die völkerrechtliche Vereinbarkeit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo eindeutig festgestellt. Patrick Uhrmeister untersucht unter Beachtung der Vorgeschichte das Kosovo-Gutachten und stellt die unmittelbaren Auswirkungen auf das allgemeine Völkerrecht dar.
 
Im März 2010 hat die II. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts den sog. «LIFO-Entscheid» erlassen. Franziska Bur Bürgin und Dr. Katharina Luethy zeigen auf, dass die Steuerverwaltungen bei der Umsetzung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Teil über das Ziel hinausschiessen und dass möglicherweise bereits das Bundesgericht den steuerlichen Vorsorgebegriff zu eng definiert hat.
 
Ist die im Ausland geäusserte Bereitschaft, in der Schweiz illegal erlangte Daten anzukaufen, wirklich als Staatsschutzdelikt verfolgbar? Prof. Dr. Andreas Eicker antwortet auf eine Replik von Vera Delnon und Marcel Alexander Niggli zu seinem Aufsatz in Jusletter vom 30. August 2010.
 
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche.
 
   
Simone Kaiser Sarah Montani
Leiterin Jusletter Mitinhaberin Weblaw AG
Wissenschaftliche Beiträge
Adrian Krähenmann
Andreas Schweizer
Tobias Tschumi
Abstract

Am 24. Dezember 2010 hat Herr Rappaz auf Anraten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wieder begonnen, feste Nahrung zu sich zu nehmen. Die mit dem Hungerstreik verbundenen Probleme sind somit vorderhand entschärft. Die durch den Fall Rappaz aufgeworfenen Fragen sind aber nach wie vor aktuell. Der Beitrag geht drei Fragen nach, die sich im Zusammenhang mit dem Hungerstreik von Bernard Rappaz ergeben haben. Zunächst wird untersucht, ob die gegen Rappaz verhängte Freiheitsstrafe ausnahmsweise in Form eines Hausarrestes vollzogen werden dürfte. Anschliessend werden ausgewählte Fragen aufgegriffen, die sich aus grundrechtlicher Sicht bei einer Zwangsernährung stellen. Schliesslich wird die Frage behandelt, ob die Ärzte am Genfer Universitätsspital verpflichtet gewesen wären, einer Anordnung zur Zwangsernährung Folge zu leisten.

Andrea Marco Steingruber
Abstract

Im innerstaatlichen Finanzbereich besteht die Möglichkeit zur schiedsgerichtlichen Erledigung von Streitigkeiten regulatorischen Inhalts. Der Beitrag gibt einen Überblick über diese Streiterledigungsmechanismen im Bereich der Börse und bei der Bekämpfung der Geldwäscherei. Dieses Instrument ist in der Praxis bisher allerdings erst selten benutzt worden. Vorliegend wird auch auf Besonderheiten im Vergleich zur (klassischen) Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit hingewiesen.

Patrick Uhrmeister
Abstract

In seinem Gutachten vom 22. Juli 2010 hat der Internationale Gerichtshof die völkerrechtliche Vereinbarkeit der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo eindeutig festgestellt. Doch haben die Feststellungen zum Einzelfall Kosovo darüber hinaus auch Auswirkungen auf das allgemeine Völkerrecht? Unter Voranstellung des historischen Kontextes, befasst sich der Beitrag ausführlich mit dem Gutachten des Gerichtshofs und stellt die unmittelbaren Auswirkungen dar.

Beiträge
Franziska Bur Bürgin
Katharina Luethy
Abstract

Im März 2010 hat die II. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts ein Urteil erlassen, das zwischenzeitlich bei Steuerrechtlern und Vorsorgerechtlern gleichsam als «LIFO-Entscheid» bekannt ist. Die Autorinnen zeigen auf, dass die Steuerverwaltungen bei der Umsetzung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Teil über das Ziel hinausschiessen und dass möglicherweise bereits das Bundesgericht den steuerlichen Vorsorgebegriff zu eng definiert hat.

Andreas Eicker
Abstract

Der Autor antwortet auf die Replik von Vera Delnon und Marcel Alexander Niggli zu seinem eigenen Aufsatz vom 30. August 2010. Delnon und Niggli vertreten in ihrer Anmerkung die Ansicht, dass sich deutsche Behördenvertreter und Politiker durch ihre im Ausland geäusserte und über die Medien verbreitete Bereitschaft, in der Schweiz rechtswidrig erlangte Bankkundendaten anzukaufen, nach Schweizer Recht täterschaftlich eines Staatschutzdelikts strafbar gemacht haben, wenigstens aber der Teilnahme daran. Der Autor weist auf die strafrechtsdogmatischen und praktischen Probleme hin, die einer Strafverfolgung wegen dieser Delikte im Wege stehen.

Aus dem Bundesgericht
Jurius
Abstract

BGer – Die Abstimmung über die «Fairflug-Intitiative» muss nicht wiederholt werden. Laut Bundesgericht hat der Zürcher Regierungsrat das Stimmvolk über die Vorlage korrekt informiert. Das Gericht hat die Beschwerde des Initiativkomitees abgewiesen. (BGE 1C_174/2010)

Jurius
Abstract

BGer – Der Waadtländer Saucisson wird auch künftig kein «Sauschnörrli» enthalten. Das Bundesgericht hat eine Änderung des Pflichtenhefts für die geschützte geografische Angabe (IGP) abgelehnt. (BGE 2C_53/2010)

Jurius
Abstract

BGer – Das Bundesstrafgericht muss sich nochmals mit einem der bisher grössten Drogenfälle der Schweiz befassen. Das Bundesgericht hat der Bundesanwaltschaft (BA) teilweise Recht gegeben. Die bisherigen Schuldsprüche gegen die verurteilten Kosovaren wurden bestätigt. (BGE 6B_731/ 2009)

Jurius
Abstract

BGer – Eine späte Anfechtung der Vaterschaft kann laut Bundesgericht auch dann zulässig sein, wenn die Klage des vermeintlichen Vaters den Interessen des Kindes zuwiderläuft. (BGE 5A_492/2010)

Jurius
Abstract

BGer – Die Industriellen Werke Basel (IWB) sind nicht korrekt vorgegangen, als sie wegen Zahlungsausständen des Eigentümers in einem Mehrfamilienhaus den Strom für Warmwasser und Lift abgestellt haben. Laut Bundesgericht hätten sie den Mietern zuvor formell Gelegenheit zur Stellungnahme bieten müssen. (BGE 2C_450/2010)

Jurius
Abstract

BGer – Eine Aargauerin darf ein jährlich 600'000 Franken teures Medikament zur Therapie ihrer Erbkrankheit nicht auf Kosten der Krankenkasse beziehen. Laut einem Grundsatzurteil des Bundesgerichts stehen Nutzen und Kosten der Behandlung in keinem vertretbaren Verhältnis. (BGE 9C_334/2010)

Jurius
Abstract

BGer – Eine Frau mit krankhafter Körperbehaarung darf sich die Beine auf Kosten der Krankenkasse mit einer Laser-Epilation behandeln lassen. Das Bundesgericht hat der 33-jährigen Walliserin Recht gegeben. (Urteil 9C_465/2010)

Jurius
Abstract

BGer – Das vorläufige Betriebsreglement des Flughafens Zürich bleibt bestehen. Das Bundesgericht hat den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts im Wesentlichen bestätigt. Die Flughafenbetreiberin muss jedoch zusätzliche Auflagen zum Schutz der Anwohner vor Fluglärm erfüllen. (Urteil 1C_58/2010)

Jurius
Abstract

BGer – Die Stadt Genf hat mit ihrer Weigerung, dem umstrittenen französischen Komiker Dieudonné einen Saal zu vermieten, das Recht auf freie Meinungsäusserung verletzt. Das Bundesgericht hat den Entscheid des Genfer Verwaltungsgerichts bestätigt. (Urteil 1C_312/2010)

Jurius
Abstract

BGer – Die Freiburger Justiz muss die mutmassliche Gruppenvergewaltigung einer Minderjährigen in Schmitten FR neu aufrollen. Das Bundesgericht hat dem Haupttäter Recht gegeben. Laut Gericht kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich das Mädchen gefügt hat. (Urteil 6B_1078/2009)

Jurius
Abstract

BGer – Das Bundesgericht hat eine Aargauer Polizeibeamtin und ihren Kollegen vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs freigesprochen. Die beiden hatten bei einer Identitätskontrolle den aggressiven Ehemann einer Autolenkerin festgehalten. (Urteile 6B_560/2010 und 6B.561/2010)

Jurius
Abstract

BGer – Der deutsche Fischzüchter und Putzmittelhersteller Hans Raab hat im Jahr 2009 zwei Mitarbeiter seiner Melander-Fischfarm in Oberriet SG fristlos entlassen. Zu Unrecht, wie das Bundesgericht entschied. (Urteile 4A_517/2010 und 4A_519/2010)

Jurius
Abstract

BGer – Die Sozialpartner des Baselbieter Ausbaugewerbes sehen sich vom Bundesgericht in ihrer Forderung nach einer Kautionspflicht gegen Lohndumping bestätigt. Die höchste Instanz hat das Kantonsgericht kritisiert, das die Kautionspflicht für unzulässig erklärt hatte. (Urteil 2C_81/2010)

Aus dem Bundesverwaltungsgericht
Jurius
Abstract

BVGer – Die Marke «TALLY» muss «BALLY» weichen. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Ansicht bestätigt, dass bei Kunden wegen der gleichlautenden Endung Verwechslungsgefahr besteht. (Urteil B-3325/2010)

Jurius
Abstract

BVGer – Das Bundesamt für Migration (BFM) muss sich für seine Praxis bei Wegweisungen in Risikoländer vom Bundesverwaltungsgericht harsche Kritik gefallen lassen. Das BFM wird aufgefordert, bei der Gefahrenbeurteilung künftig den Vorgaben des Gerichts zu folgen. (Urteil E-5929/2006)

Aus dem Bundesstrafgericht
Jurius
Abstract

BStGer – Beamte der Turiner Staatsanwaltschaft dürfen in der Schweiz noch vor dem rechtskräftigen Abschluss des Rechtshilfeverfahrens Akten zu drei mutmasslichen Sprengstoffattentätern einsehen. Das Bundesstrafgericht verneint die Gefahr eines Missbrauchs. (Urteil RR.2010.161)

Medienmitteilungen
Jurius
Abstract

Im Kampf gegen Scheinehen gelten ab 1. Januar 2011 strengere Regelungen: Neu darf nur noch heiraten, wer in der Schweiz ein Bleiberecht hat. Gefordert sind vor allem die Standesbeamten – sie müssen die Fälle abklären und Verstösse den Ausländerbehörden melden.

Jurius
Abstract

Spenden und Mitgliederbeiträge an Parteien können ab 2011 in allen Kantonen von den Steuern abgezogen werden. Bei der direkten Bundessteuer liegt die Obergrenze des Abzugs bei 10'000 Franken. Bei den kantonalen Steuern können die Kantone die Limite selber festlegen.

Gesetzgebungsübersicht
Jurius
Abstract

Die vorliegende Zusammenstellung beinhaltet alle schweizerischen Bundesgesetze, Bundesbeschlüsse, Bundesrats- und Departementsverordnungen sowie einzelne Artikel, die im Januar 2011 in Kraft treten. Die einzelnen Erlasse und Änderungen können via Links direkt abgerufen werden.