Liebe Leserinnen und Leser

In einer Zeit, in der big data und Wirtschaftskrise zusammentreffen, steigt die Medienpräsenz von Kreditauskunfteien immer mehr. Diese Bonitätsdatenbanken enthalten Informationen über die Zahlungsfähigkeit von Privatpersonen. Sie gehören privaten Auskunfteien und sind der Öffentlichkeit und den betroffenen Personen grösstenteils nicht bekannt. Diese undurchsichtige Situation widerspricht den Grundsätzen des Bundesgesetzes über den Datenschutz, finden Eva Cellina und Grégoire Geissbühler.

Jörg Jeger freut sich, dass mit der aktuellsten Rechtsprechung zu psychosomatischen Krankheitsbildern praktisch sämtliche in den vergangenen 10 Jahren – aus medizinischer und juristischer Optik – vorgebrachten Mängel behoben wurden. Er unterstützt aus ärztlicher Sicht die Forderung des Bundesgerichts, dass beurteilende Ärzte wie auch Rechtsanwender zukünftig unabhängig von der Diagnose  noch spezifischer prüfen müssen, ob eine Behinderung konsistent und in vergleichbaren Lebensbereichen analog besteht (siehe auch Thomas Gächter / Michael E. Meier, Schmerzrechtsprechung 2.0, in: Jusletter 29. Juni 2015).

Auch Boris Etter richtet den Fokus auf ein aktuelles Urteil des Bundesgerichts, welches am 6. Mai 2015 die Beschwerde eines Unternehmers in Sachen Persönlichkeitsklage gegen mehrere Medienunternehmen teilweise guthiess. Der Autor weist darauf hin, welche wichtigen medien- und persönlichkeitsrechtlichen Eckpunkte das Bundesgericht in diesem Urteil gesetzt hat. Im Weiteren zeigt er auf, wie sich die künftige Rechtsprechung dazu entwickeln könnte, insbesondere bei Personen, welche sich über Social Media Kanäle selbst zu öffentlichen Personen machen.

Ab Herbst 2015 können Firmen und Organisationen mit einem eindeutigen Bezug zur Schweiz ihre Bewerbungen für die Internet-Domain .swiss bei den akkreditierten Registraren einreichen. Nicole Beranek Zanon macht darauf aufmerksam, dass – wer einen Domain-Namen unter .swiss registrieren möchte – gut daran tut, sich genügend früh mit den ungewohnten Zuteilungsvoraussetzungen vertraut zu machen.

Die am 19. Juni 2015 durch das Parlament beschlossene Reform des Vorsorgeausgleichs wird nach ihrem Inkrafttreten zu einem eigentlichen Systemwechsel im Zusammenhang mit Art. 124 ZGB führen. Nach geltendem Recht erfolgt der Vorsorgeausgleich dann, wenn ein Vorsorgefall zum Zeitpunkt der Scheidung bereits in Form einer «angemessenen Entschädigung» gemäss Art. 124 ZGB eingetreten ist. Lenka Ziegler und Regina Aebi-Müller setzen sich mit den dazu praxisrelevanten Fragen auseinander und bieten eine Übersicht zu den Grundzügen der Revision.

Welche Möglichkeiten und Grenzen bestehen bei der Anwendbarkeit des europäischen Kartellrechts auf internationale staatliche und private Organisationen? Franz Böni bemängelt, dass hinsichtlich von Handlungen internationaler Organisationen, wie FIFA und OPEC, trotz einer Vielzahl unterschiedlich anwendbarer Rechtsordnungen, die durchaus zu vergleichbaren Ergebnissen führen würden, der Vollzug oft an politischen Einflussnahmen resp. Gegebenheiten scheitert.

Zu guter Letzt ein Hinweis in eigener Sache: Jusletter macht eine dreiwöchige Sommerpause. Die nächste Ausgabe erscheint am 10. August 2015.

Wir wünschen Ihnen einen schönen Sommer und natürlich eine spannende Lektüre.
 

Stéphanie Schwab

Leiterin Jusletter

Simone Kaiser
Verlagsleiterin Editions Weblaw
Wissenschaftliche Beiträge
Collecte et transmission de données relatives au crédit : cadre légal, validité et limites
Eva Cellina
Eva Cellina
Grégoire Geissbühler
Grégoire Geissbühler
In einer Zeit, wo big data und Wirtschaftskrise zusammentreffen, steigt die Medienpräsenz eines Bereiches von Tag zu Tag: die Kreditauskunfteien. Obwohl man es nicht vermuten würde, erweisen sich viele ihrer Praktiken als widerrechtlich. Auch wenn die Übertragung bestimmter Daten vom Gesetz abgedeckt werden, verstösst die Sammlung derjenigen gegen die Grundsätze des Datenschutzes. Aus diesem Grund ist jegliche anschliessende Behandlung der Daten unmöglich. Es bleibt diesen Unternehmen keine andere Wahl als sich anzupassen oder zu verschwinden.
Urteilsbesprechungen
Die neue Rechtsprechung zu psychosomatischen Krankheitsbildern
Jörg Jeger
Jörg Jeger
Im zur Publikation vorgesehenen Urteil 9C_492/2014 vom 3. Juni 2015 hat das Bundesgericht seine seit 2004 gültige Rechtsprechung zur anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und anderen sog. «pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage» (PÄUSBONOG) geändert. Im Vergleich zur bisherigen Überwindbarkeitspraxis handelt es sich aus medizinischer Sicht um fundamentale Änderungen, die von einem modernen ressourcenorientierten Medizin- und Krankheitsverständnis geprägt sind. Um die Bedeutung dieser Praxisänderung zu verstehen, lohnt sich ein Blick zurück auf die bisherige Rechtsprechung und deren Mängel.
Urteil des Bundesgerichts 5A_658/2014 vom 6. Mai 2015
Boris Etter
Boris Etter
Die «Besprechungen», die das Urteil des Bundesgerichts 5A_658/2014 vom 6. Mai 2015 in den Publikumsmedien erhalten hat, richten den Fokus auf den Namen und die Person des Beschwerdeführers und die mutmasslichen Ereignisse hinter dem Urteil. Zentral ist aber, dass dieses Urteil zahlreiche wesentliche medien- und persönlichkeitsrechtliche Ausführungen des Bundesgerichts enthält. Der Fokus sei hier mithin auf die juristischen Ausführungen und nicht auf die Personen gelegt.
Beiträge
.swiss – Ein Labeling-Instrument mit Hürden
Nicole Beranek Zanon
Nicole Beranek Zanon
Am 7. September 2015 erfolgt der Launch der .swiss Domain. Im Gegensatz zu .ch kann .swiss nur registrieren, wer besondere Zuteilungsvoraussetzungen erfüllt. First come, first served – ein altbewährter Grundsatz im Bereich der Domain-Namen – ist bei .swiss ausgehebelt. Unternehmen tun deshalb gut daran, sich rechtzeitig informieren oder beraten zu lassen.
Entschädigung nach Art. 124 ZGB
Lenka Ziegler
Lenka Ziegler
Regina Aebi-Müller
Regina Aebi-Müller
Nach geltendem Recht erfolgt der Vorsorgeausgleich dann, wenn ein Vorsorgefall zum Zeitpunkt der Scheidung bereits eingetreten ist, in Form einer «angemessenen Entschädigung» gemäss Art. 124 ZGB. Der Beitrag setzt sich mit praxisrelevanten und strittigen Fragen rund um die Entschädigung und deren Form auseinander. Konkrete Beispiele veranschaulichen die Thematik. Die am 19. Juni 2015 durch das Parlament beschlossene Reform des Vorsorgeausgleichs wird nach ihrem Inkrafttreten zu einem eigentlichen Systemwechsel im Zusammenhang mit Art. 124 ZGB führen. Daher werden im Beitrag auch die Grundzüge der Revision zusammenfassend dargestellt.
Möglichkeiten und Grenzen der Anwendbarkeit des europäischen Kartellrechts auf internationale staatliche und private Organisationen am Beispiel von OPEC und FIFA
Franz Böni
Franz Böni
Die Internationalisierung des Wettbewerbs verlangt nach einer Anknüpfung des Kartellrechts über die staatlichen Grenzen hinweg. Folge daraus ist, dass sich das Auswirkungsprinzip international durchgesetzt hat. Diese exterritoriale Rechtsanknüpfung macht vor internationalen Organisationen nicht halt. Es gilt nach EU-Kartellrecht zu evaluieren, inwiefern derartige Organisationen vom Unternehmensbegriff erfasst werden. Ein Rückgriff auf OPEC und FIFA soll dies veranschaulichen. Der Durchsetzung stehen teilweise politische Gesichtspunkte entgegen. Diese sind jedoch für die zivilrechtliche Durchsetzung des Kartellrechts nicht von Belang.
Aus dem Bundesgericht
Beschwerden von Belgien und Sabena-Konkursmasse abgewiesen
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht weist die Beschwerde des Staates Belgien und zweier belgischer Gesellschaften gegen die verweigerte Zulassung ihrer Forderungen im Kollokationsplan der SAirGroup und der SAirLines in Nachlassliquidation (i.N.) ab. Ebenfalls abgewiesen hat das Bundesgericht die Beschwerde der Konkursmasse der Sabena gegen die SAirLines i.N. (Urteile 5A_491/2013 und 5A_924/2012)
Zu viel Antibiotika in Schweinemast ist «nur» Tierquälerei
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht bestätigt ein Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen, das einen Schweinemastbesitzer vom Vorwurf der vorsätzlichen Übertretung des Heilmittelgesetzes freigesprochen hat. Dies obwohl der Mann seinen Tieren das Medikament verbotenerweise nach Abschluss der Mast verabreicht hatte. (Urteil 6B_1029/2014)
Illegaler Abriss eines Hauses
Jurius
Jurius
BGer – Der unbewilligte Abbruch eines Einfamilienhauses in Meggen (LU) hat juristische und finanzielle Folgen: Das Bundesgericht hat eine Verurteilung wegen Sachbeschädigung und Widerhandlung gegen das Planungs- und Baugesetz Luzern bestätigt. (Urteile 6B_978/2014, 6B_988/2014, 6B_989/2014 und 6B_990/2014)
Nebenwirkungen für Tempoexzesse auf deutschen Autobahnen
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht hat entschieden, dass einem in der Schweiz wohnhaften Niederländer der Führerausweis nur einen, und nicht wie von den Zuger Behörden verfügt, zwei Monate entzogen werden darf. Der Mann war auf deutschen Autobahnen zwei Mal mit über 180 km/h statt der erlaubten 120 km/h unterwegs gewesen. (Urteil 1C_538/2014)
Urteil zu Dominique Girouds Steuerbetrug ist definitiv
Jurius
Jurius
BGer – Die Beschwerdefrist des Strafbefehls gegen den Weinhändler Dominique Giroud wegen Steuerbetrugs wird nicht wieder hergestellt. Das Bundesgericht hat eine entsprechende Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Waadt abgewiesen. (Urteil 6B_311/2015)
Genfer Richterin zu alt
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht hat die Verurteilung eines 30-Jährigen zu einer Haftstrafe von 14 Jahren durch die Genfer Justiz annulliert. Eine der Richterinnen war zum Zeitpunkt des Urteils älter, als das Gesetz erlaubt. (Urteil 6B_226/2015)
Beschränkung des Strassenstrichs ist rechtens
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht hat eine Beschwerde gegen die Begrenzung der Strassenprostitution im Niederdorf von zehn auf neu vier Stunden pro Tag abgewiesen. Der Zürcher Stadtrat hatte im März 2013 einen entsprechenden Beschluss gefasst, basierend auf der im Frühling 2012 erlassenen Prostitutionsverordnung. (Urteil 2C_106/2015)
Suspect débouté après une noyade sur le lac de Neuchâtel
Jurius
Jurius
BGer – Nachdem ein 17-Jähriger im Juni 2013 im Hafen von Neuchâtel an einem tödlichen Stromstoss gestorben war, musste sich ein Zuständiger der öffentlichen Küstenbeleuchtung vor Gericht der fahrlässigen Tötung verantworten. Das Bundesgericht wies die Beschwerde gegen den Mann ab. (Urteil 1B_84/2015) (sts)
Aus dem Bundesverwaltungsgericht
Krankenkassen und Pflegeheime müssen Tarife verhandeln
Jurius
Jurius
BVGer – Zugelassene Pflegeheime dürfen Nebenleistungen, wie Physio- oder Ergotherapie, gegenüber den Krankenkassen auch dann verrechnen, wenn sie vom Pflegeheim selbst erbracht werden. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht aufgrund einer Beschwerde aus dem Kanton Zürich entschieden. (Urteil C-1190/2012)
Rechtsprechungsübersicht
Übersicht über die Rechtsprechung des Bundesgerichts und des EGMR (Mai – Juni 2015)
Jurius
Jurius
Die Rechtsprechungsübersicht führt die zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenen Urteile des Schweizerischen Bundesgerichts vom 17. Mai 2015 bis und mit 16. Juni 2015 sowie die Urteile des EGMR mit Beteiligung der Schweiz auf. Neben Dossiernummer, Urteilsdatum, Abteilung/Kammer, Prozessgegenstand und Vorinstanz wird ein Hyperlink zum Originalentscheid und – sofern vorhanden – zur jeweiligen Mitteilung bzw. Besprechung in Jusletter und im dRSK wiedergegeben.