Liebe Leserinnen und Leser
Die Schwerpunkt-Ausgabe von Jusletter zum Energierecht 2015 widmet sich aktuellen Rechtsproblemen, insbesondere im Zusammenhang mit der in der Energiestrategie 2050 angestrebten Energiewende in der Schweiz. Die Beiträge befassen sich mit dem Recht der erneuerbaren Energien, Rechtsfragen rund um die Nutzung der Energieinfrastruktur sowie mit den Abgaben und Entgelten im Strommarkt.
Einleitend rücken Rolf. H. Weber und Rika Koch den Zusammenhang von Energiepolitik und Klimaschutzpolitik in den Fokus. Sie stellen den Schweizer Emissionshandel im Kontext der Klima- und Energiedebatte dar und leuchten Defizite sowie Entwicklungspotenziale aus. Im Anschluss finden sie Analysen zum Recht der erneuerbaren Energien, die mehrheitlich aktuelle Forschungsergebnisse im Rahmen des Swiss Competence Center for Energy Research (SCCER) CREST (Competence Center for Research in Energy, Society and Transition) wiedergeben. Markus Schreiber untersucht die rechtlichen Rahmenbedingungen der Photovoltaik in der Schweiz. Der Schwerpunkt liegt auf planungs- und baupolizeirechtlichen Vorschriften sowie auf der Förderung der Photovoltaik (Stichworte: Direktvermarktung und Eigenverbrauch). Mit der dinglichen Sicherung von Photovoltaikanlagen durch selbständige und dauernde Baurechte – erste Erfahrungen aus der Praxis – befasst sich Natalie Siegenthaler. Konkreter Anlass sind Weisungen aus dem Jahr 2014 an Grundbuchämter über die Begründung von selbständigen und dauernden Baurechten an Solarstromanlagen. Die Wasserkraftnutzung ist einer der Pfeiler der Schweizer Strategie zur Nutzung und zum weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Vor diesem Hintergrund offeriert Celina Tscharner eine Analyse des kantonalen Genehmigungsverfahrens einer Wasserkraftanlage. Diese Kurzanalyse der Bestandteile des Verfahrens sowie der derzeitigen kantonalen Gesetzgebung zeigt nicht nur die Komplexität der Genehmigungsverfahren auf, sondern gibt auch einen Einblick in die Vielfalt der Ausgestaltung in den einzelnen Kantonen. Neben der Umstellung auf erneuerbare Energieträger steht die Problematik der Energieeffizienz an prominenter Stelle in der Energiestrategie 2050. Alexandra Birchler untersucht in ihrem Beitrag zur Energieeffizienz im Gebäudebereich die Umsetzung der Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn) in der kantonalen Gesetzgebung. Der Beitrag geht insbesondere auf die verschiedenen Optionen zur Harmonisierung der kantonalen Regelungen ein.
In einem weiteren Block werden Rechtsfragen der Netzinfrastruktur erörtert. Lange fristete der Netzzugang im Gasmarkt ein wenig beachtetes Dasein, insbesondere weil der Gesetzgeber nicht die Frage der Modalitäten des Netzzugangs geklärt hatte. Marc Bernheim und Gaudenz Geiger widmen sich in ihrem Beitrag zum Netzzugang im Schweizer Gasmarkt der aktuellen Situation unter der seit 2012 bestehenden Vereinbarung zum Netzzugang beim Erdgas zwischen der schweizerischen Erdgaswirtschaft und den industriellen Erdgasbezügern. Den Übergang zu den abgabenrechtlichen Aspekten des Energiemarktes bildet die Untersuchung von Phyllis Scholl zu den Konzessionsabgaben für die Nutzung öffentlichen Grund und Bodens durch elektrische Leitungen. Im Zentrum steht der Befund, dass regelmässig das Gemeinwesen die Konzessionsabgabe dem auf dem Gebiet des Gemeinwesens tätigen Verteilnetzbetreiber in Rechnung stellt, welcher die Konzessionsabgabe den Endverbrauchern verrechnet. So agiert der Netzbetreiber quasi als Inkassostelle für das Gemeinwesen.
Unter dem Titel «Angemessene» Grundversorgungstarife: Unbestimmter Rechtsbegriff oder Entscheidungsbefugnis? Überlegungen grundsätzlicher Art zur Stromversorgungsgesetzgebung im Allgemeinen und zu Art. 6 und 7 StromVG im Besonderen macht sich Brigitta Kratz. Sie wirft Grundfragen des Regulierungsrechts nach einem Ermessensspielraum der Regulierungsbehörden jenseits einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle auf. Schliesslich macht Philippe Ehrenström auf einen besonderen abgabenrechtlichen Aspekt aufmerksam. Seine Analyse der redevances et prestations fournies aux collectivités publiques au sens de la LApEl au regard des privilèges fiscaux découlant de la Convention de Vienne sur les relations diplomatiques betrifft die Reichweite der steuerrechtlichen Privilegien von Diplomaten in Bezug auf jene Abgaben und Leistungen im Sinne des StromVG.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche.
Sebastian Heselhaus Redaktor Jusletter Energie- und UmweltrechtUniversität Luzern | Anne-Christine Favre Redaktorin Jusletter Energie- und UmweltrechtUniversität Lausanne |