Liebe Leserinnen und Leser
Im Urteil vom 16. Juni 2014 verneinte das Bundesgericht die Möglichkeit einer materiellen Abweisung des geltend gemachten Anspruchs in solchen raschen Rechtsschutzverfahren aufgrund einer grammatikalischen und historischen Auslegung. Gemäss Andreas Baeckert kann diesem Entscheid nicht gefolgt werden, da sich das Bundesgericht auf eine aus dem Kontext gerissene Passage der Botschaft des Bundesrates vom 28. Juni 2006 zur ZPO stützt.
Philipp Haberbeck fragt in diesem Zusammenhang: Sind in Verfahren des Rechtsschutzes in klaren Fällen ausschliesslich Dokumente als Beweismittel zuzulassen? Er fasst die aktuelle Diskussion aus Sicht der Wissenschaft, Rechtsprechung und Praxis zusammen und kommt zu dem Schluss, dass in einem Verfahren nach Art. 257 ZPO nicht ausschliesslich Urkunden, sondern grundsätzlich auch andere Beweismittel zuzulassen sind.
In dem im August 2012 veröffentlichten Vorentwurf zur Revision des Obligationenrechts (OR) sah der Ständerat die Einführung eines zwingenden Widerrufsrechts für Fernabsatzgeschäfte nach europäischem Vorbild vor. Die entsprechende Vorlage zur Änderung des OR wurde am 18. Juni 2014 durch den Ständerat gutgeheissen (vgl. Davide Giampaolo / Claire Huguenin, Entwicklungen im schweizerischen Konsumrecht – Plädoyer für ein integrales Konsumschutzgesetz, in: Jusletter 8. Juli 2013). Flavio Delli Colli und Leo Rusterholz stehen der Ausweitung des Widerrufsrechts auf sämtliche Fernabsatzverträge ablehnend gegenüber und stimmen mit der mehrheitlich geäusserten Kritik überein, dass durch eine Ausweitung des Widerrufsrechts auf Internet-Verträge die Entwicklung des Online-Handels gebremst wird.
Das am 1. Januar 2013 in Kraft getretene Kindes- und Erwachsenenschutzgesetz sieht zur Förderung des Selbstbestimmungsrechts und der Solidarität in der Familie sowie zur Verbesserung des Schutzes von urteilsunfähigen Personen neue Rechtsinstitute vor. Micaela Vaerini setzt sich – im Lichte dieser neuen Bestimmungen – mit der Vertretung von urteilsunfähigen Personen bei Vornahme von medizinischen Massnahmen auseinander (siehe auch Schwerpunkt-Ausgabe: Erwachsenenschutz, Jusletter 9. Dezember 2013).
Das Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht regelt unter anderem auch die Teilung des Landwirtschaftslandes und gibt hinsichtlich der Zerstückelung des Landes klare Regeln vor. So dürfen einzelne Grundstücke oder -teile nicht von landwirtschaftlichen Gewerben abgetrennt oder ein Miteigentumsanteil an landwirtschaftlichen Grundstücken und Gewerben von weniger als 1/12 errichtet werden. Doch gibt es auch Ausnahmen vom Zerstückelungsverbot oder sind gar Umgehungsgeschäfte möglich? Diese Fragen stellen Adrian Mühlematter und Christoph Merk.
Roland Pfäffli schliesslich bietet uns anlässlich der 50. Auflage eine Übersicht zur Entstehungsgeschichte der Textausgabe zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch und Obligationenrecht, herausgegeben von Peter Gauch und Hubert Stöckli.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche.
| Simone Kaiser | Sandrine Lachat Leiterin Jusletter Suisse Romande |
Abstract
In ihrem zur Publikation vorgesehenen Urteil 4A_68/2014 erhielt die I. zivilrechtliche Abteilung des Bundesgerichts erstmals Gelegenheit, sich zur in der Lehre wohl umstrittensten Frage in Zusammenhang mit Art. 257 ZPO zu äussern, nämlich zur Frage, ob ein Gesuch um Rechtsschutz in klaren Fällen materiell abgewiesen werden kann. Das Bundesgericht verneinte dies aufgrund einer grammatikalischen und historischen Auslegung von Art. 257 ZPO. Nachfolgend soll gezeigt werden, weshalb diesem Entscheid nicht gefolgt werden kann.
Abstract
In diesem Beitrag wird die in der Lehre umstrittene und vom Bundesgericht bisher offengelassene Frage untersucht, ob in Verfahren des Rechtsschutzes in klaren Fällen nicht ausschliesslich Urkunden, sondern unter Umständen auch andere Beweismittel zuzulassen sind, namentlich Zeugenaussagen. Nach Auffassung des Autors würde eine restriktive Auslegung von Art. 257 Abs. 1 lit. a ZPO, gemäss der in Verfahren des Rechtsschutzes in klaren Fällen ausschliesslich Urkunden als Beweismittel zulässig sind, unter Umständen zu sachlich ungerechtfertigten und unbefriedigenden Ergebnissen führen, was – neben anderen Überlegungen – gegen ein solches Auslegungsergebnis spricht.
Abstract
Im März 2014 hat der Bundesrat bekanntgegeben, dass er die Einführung eines 14-tägigen Widerrufsrechts im Telefon- und Fernabsatzhandel begrüsst. Am 18. Juni 2014 hat der Ständerat die entsprechende Vorlage zur Änderung des OR mit 24 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen gutgeheissen. Derzeit liegt das Geschäft beim Nationalrat. Aus diesem aktuellen Anlass setzt sich der Beitrag kritisch mit dem Konzept des Widerrufsrechts auseinander. Insbesondere wird der im Parlament debattierte nicht-konsolidierte Entwurf mit Minder- und Mehrheitsmeinungen zu den geplanten Änderungen im OR genauer beleuchtet.
Abstract
Ziel des Beitrags ist es, Fragen, die sich im medizinischen Bereich im Zusammenhang mit der Vertretung von urteilsunfähigen Personen nach dem Inkrafttreten des neuen Kindes- und Erwachsenenschutzrechts sowie mit den neuen Bestimmungen des Zivilgesetzbuches über die elterliche Sorge stellen, aufzuzeigen. (bk)
Abstract
Vom Zerstückelungsverbot des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht wird nicht nur die Aufteilung des Grundstückes, sondern auch die Begründung von Dienstbarkeiten erfasst. Als Zerstückelung kann daher insbesondere die Errichtung von selbstständigen und dauernden Rechten sowie von Dienstbarkeiten mit Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Nutzung gelten. Der nachfolgende Beitrag behandelt ausserdem mögliche Umgehungsgeschäfte, die Ausnahmen vom Zerstückelungsverbot sowie Verfahrensfragen.
Abstract
Die Textausgaben zum ZGB und OR sind unentbehrliche Hilfsmittel für die Juristen. Anlässlich einer Feier in Zürich wurde die 50. Auflage der Textausgaben zum ZGB und OR von «Gauch/Stöckli» gewürdigt. Der Beitrag erinnert an die Entstehungsgeschichte dieser Publikation und stellt die neuen Ausgaben vor.
Abstract
Am 26. Juli 2014 ist Eugen Bucher, emeritierter Professor für Privatrecht und Rechtsvergleichung, im Alter von 85 Jahren verstorben.
Abstract
BGer – Die Arbeitslosenkasse des Kantons Bern hat einen Teil des Taggelds eines Versicherten an das Betreibungsamt überwiesen, obwohl bereits das Bruttotaggeld unter dem als Existenzminimum festgelegten Betrag lag. Das geht nicht, hat das Bundesgericht nun entschieden. (Urteil 8C_752/2013)
Abstract
BGer – Das Bundesgericht hat die Beschwerde einer Anwältin gutgeheissen, die wegen Verletzung von Berufspflichten eine Busse von 500 Franken auferlegt bekommen hatte. Die Juristin hatte in einem Gesuch für ein Besuchsrecht ehrverletzende Ausführungen gemacht. (Urteil 2C_1138/2013)
Abstract
BGer – Das Bundesgericht hat einen Rekurs des Walliser Kantonschemikers abgewiesen, der sich gegen den Namen der neuen Weinkellerei «Château Constellation» wehrte. (Urteil 4A_306/2014)
Abstract
BGer – Angestellte der Sozialversicherungen sind nicht verpflichtet, privat erlangtes Wissen um einen unrechtmässigen Leistungsbezug bei der Arbeit einzubringen. Ihr privates Wissen führt nicht zum Erlöschen des Rückforderungsanspruchs gegen die betroffene Person. Das Bundesgericht weist die Beschwerde eines Mannes ab, der trotz Neuvermählung weiter Witwerrente bezogen hat. (Urteil 9C_369/2013)
Abstract
BGer – Die Gemeinde Laax muss das Baubewilligungsverfahren für die vom Kanton Graubünden geplante Umnutzung des Hotels Rustico in eine Asylunterkunft weiterführen. Das Bundesgericht bestätigt den Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts und weist die Beschwerde der Gemeinde in diesem Punkt ab. (Urteil 1C_842/2013)
Abstract
BGer – Aufgrund seiner familiären Situation und seiner langen Anwesenheit in der Schweiz darf einem 52-Jährigen türkischstämmigen Mann die Niederlassungsbewilligung nicht entzogen werden. Das Bundesgericht verwarnt den Mann jedoch ausdrücklich. (Urteil 2C_1000/2013)
Abstract
BVGer – Der Beschluss des Regierungsrats des Kantons Thurgau, in welchem er den bisher geltenden Taxpunktwert für frei praktizierende Physiotherapeuten teuerungsbedingt angehoben hat, wird aufgehoben. Das Bundesverwaltungsgericht kommt zum Schluss, dass seit Mitte 2011 eine schweizweit geltende Tarifstruktur fehlt. (Urteile C-2461/2013 und C-2468/2013)
Abstract
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA hat Ende August 2014 ein Enforcement-Verfahren gegen die Banque Privée Espírito Santo SA eröffnet. Gegenstand der Untersuchung ist der Vertrieb von Wertpapieren und Finanzprodukten der Gruppe Espirito Santo.
Abstract
Der Bundesrat will die Asylverfahren rascher und fair abwickeln und dazu den Asylbereich neu strukturieren. Der Bundesrat hat am 3. September 2014, die entsprechenden Gesetzesänderungen verabschiedet.
Abstract
Der Bundesrat hat am 3. September 2014 die Botschaft zum Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG) verabschiedet. Mit dem Gesetz wird die Regulierung der Finanzmarktinfrastrukturen und des Handels mit Derivaten an die Entwicklungen des Marktes und an internationale Vorgaben angepasst.
Abstract
Die Rechtsprechungsübersicht führt die zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenen Urteile des Schweizerischen Bundesgerichts vom 17. Juli bis und mit 16. August 2014 sowie die Urteile des EGMR mit Beteiligung der Schweiz auf. Neben Dossiernummer, Urteilsdatum, Abteilung/Kammer, Prozessgegenstand und Vorinstanz wird ein Hyperlink zum Originalentscheid und – sofern vorhanden – zur jeweiligen Mitteilung bzw. Besprechung in Jusletter und im dRSK wiedergegeben.
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