Sehr geehrte Leserinnen und Leser

Der Zugang von Schweizer Medizinprodukten zum EU-Markt hängt wesentlich vom Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (aus dem Paket «Bilaterale I») ab. Das Abkommen hätte aufgrund wesentlicher Neuerungen im Bereich der Medizinprodukteregulierung Ende Mai 2020 angepasst werden müssen. Aufgrund der Pandemiesituation wurden die Neuerungen verschoben. Remus Muresan untersucht die unmittelbaren und später zu erwartenden Auswirkungen dieser Verschiebung auf das Abkommen in Bezug auf Medizinprodukte.

Die Oberzolldirektion qualifizierte Cannabisblüten mit einem THC-Gehalt von unter 1% als sog. «Ersatzprodukte» im Sinne des Tabaksteuergesetzes. Das Bundesgericht hatte sich daraufhin mit der Frage auseinanderzusetzen, ob sich die von der Oberzolldirektion verfügte Besteuerung auf eine gesetzliche Grundlage stützen lässt. Larissa Neumayer analysiert und kommentiert das Urteil betreffend die steuerrechtliche Qualifikation von CBD-Cannabisblüten.

Das Coronavirus und die zur Bekämpfung von COVID-19 getroffenen Massnahmen stellen die Bevölkerung weiterhin vor grosse Herausforderungen und lassen viele juristische Fragen offen:

  • In dieser Jusletter-Ausgabe befasst sich Daniel Kettiger kritisch mit der COVID-19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht, mit welcher der Bundesrat Video- und Telefonkonferenz-Anwendungen in zivilrechtlichen Verfahren im Zeitraum bis zum 30. September 2020 zulässt und regelt.
  • Patricia M. Schiess Rütimann analysiert das Verhältnis zwischen Liechtenstein und der Schweiz bei der Bekämpfung des Coronavirus.
  • Thomas Koller richtet einen Appell an die Rechtsöffnungsrichter. Gegen vom Lockdown betroffene Geschäftsmieterinnen und -mieter sollte bei Mietzinsbetreibungen nur sehr zurückhaltend provisorische Rechtsöffnung erteilt werden, damit der Weg an die paritätischen Schlichtungsbehörden für Miet- und Pachtrecht nicht versperrt wird.
  • Astrid Lienhart geht der Frage nach, ob für die neu geschaffene Personengruppe der besonders gefährdeten Personen Sperrfristenschutz gemäss Art. 336c Abs. 1 lit. b OR besteht oder nicht.
  • Damit es in der Gesundheitsversorgung nicht zu Personalengpässen kommt, hat der Bundesrat für Spitalabteilungen das Arbeitsgesetz betreffend Arbeits- und Ruhezeiten für die Dauer der ausserordentlichen Lage sistiert. Marc Wohlwend fasst den Stand der Forschung zu überlangen und irregulären Arbeitszeiten zusammen und entwirft basierend darauf eine Auslegung von Art. 10a Abs. 5 COVID-19-Verordnung 2.

Übrigens: Seit letzter Woche können Sie auf sämtlichen neuen Jusletter-Beiträgen Kommentare hinterlassen. Beteiligen auch Sie sich an der Diskussion! Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die Woche. 

Daphne Röösli
Produktmanagerin Jusletter

In eigener Sache – alles zum Thema Coronavirus:

  • In der fünften Folge unserer Reihe «Praxisfragen aus rechtlicher Sicht» haben Expertinnen und Experten zu datenschutzrechtlichen Fragen referiert. Die Aufzeichnung dieses Webinars und der vorangegangenen Webinare sowie die Folien der Referierenden finden Sie auf unserer Themenseite.
  • In der Webinar-Reihe geht es weiter mit dem Thema Konkurs- und Gesellschaftsrecht (5. Mai) und Mietrecht (27. Mai). Die Teilnahme ist kostenlos und Sie haben die Möglichkeit, Fragen zu stellen.
  • Unser Jusletter Coronavirus-Blog wächst – mit neuen Beiträgen und Kommentaren. 
Wissenschaftliche Beiträge
Remus Muresan
Remus Muresan
Abstract

Sowohl in der Europäischen Union als auch in der Schweiz hätten auf den 26. Mai 2020 hin wesentliche Neuerungen im Bereich der Medizinprodukteregulierung Geltung erlangen sollen. Aufgrund aktueller Entwicklungen wurde dies jedoch um ein Jahr verschoben. Der Autor untersucht die unmittelbaren und später zu erwartenden Auswirkungen dieser Verschiebung auf das Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen in Bezug auf Medizinprodukte.

Daniel Kettiger
Daniel Kettiger
Abstract

Am 16. April 2020 erliess der Bundesrat die COVID-19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht, mit welcher er Video- und Telefonkonferenz-Anwendungen in zivilrechtlichen Verfahren im Zeitraum bis zum 30. September 2020 zulässt und regelt. Der Beitrag setzt sich kritisch mit diesen notrechtlichen Regelungen auseinander und zeigt auf, welche Videokonferenz-Anwendungen für die gerichtliche Verwendung in Frage kommen.

Patricia M. Schiess Rütimann
Patricia M. Schiess Rütimann
Abstract

Liechtenstein ist durch den Zollanschlussvertrag eng an die Schweiz gebunden. Gestützt auf ihn gelangt das Epidemiengesetz in Liechtenstein zur Anwendung. Wegen Liechtensteins Souveränität fragt es sich, was dies für die vom Bundesrat auf Art. 6 und 7 EpG gestützten Massnahmen bedeutet. Wie gezeigt wird, entfaltet die Kompetenzverschiebung von den Kantonen zum Bund keine Wirkung gegenüber Liechtenstein. Trotzdem muss Liechtenstein alle Schweizer Massnahmen gegen das Coronavirus befolgen, die Zollvertragsmaterien beschlagen, also v.a. die Vorgaben zum Personen- und Warenverkehr und zur Versorgung mit wichtigen medizinischen Gütern.

Marc Wohlwend
Marc Wohlwend
Abstract

Damit es in der Gesundheitsversorgung während der SARS-CoV-2-Pandemie nicht zu Personalengpässen kommt, hat der Bundesrat für Spitalabteilungen, die infolge der COVID-19-Erkrankungen eine massive Zunahme der Arbeit erfahren, das Arbeitsgesetz betreffend Arbeits- und Ruhezeiten für die Dauer der ausserordentlichen Lage sistiert. Der vorliegende Beitrag fasst den Stand der Forschung zu überlangen und irregulären Arbeitszeiten zusammen und entwirft basierend darauf eine Auslegung von Art. 10a Abs. 5 COVID-19-Verordnung 2.

Urteilsbesprechungen
Larissa Neumayer
Larissa Neumayer
Abstract

Ende Januar 2020 erliess das Bundesgericht gleich drei Entscheide (2C_348/2019; 2C_350/2019; 2C_402/2019) zur steuerrechtlichen Qualifikation von «Cannabidiol (CBD)-Hanfblüten». Gegenstand dieser Verfahren bildete das Tabaksteuergesetz (TStG) bzw. die Tabaksteuerverordnung (TStVO) und das Legalitätsprinzip. In diesem Beitrag analysiert und kommentiert die Autorin eines dieser drei Verfahren (2C_350/2019) näher.

Beiträge
Thomas Koller
Thomas Koller
Abstract

Ob Geschäftsmieterinnen und -mieter, die vom notrechtlich angeordneten Lockdown betroffen sind, den Mietzins überhaupt – und wenn ja, in welchem Umfang – schulden, ist umstritten. Soweit sich Mietvertragsparteien nicht aussergerichtlich einigen, sollten sich die paritätischen Schlichtungsbehörden für Miet- und Pachtrecht um einen Vergleich bemühen können, bevor sich Gerichte mit der Sache befassen. Dazu kann es aber nur kommen, wenn Rechtsöffnungsrichterinnen und Rechtsöffnungsrichter verantwortungsbewusst handeln.

Astrid Lienhart
Astrid Lienhart
Abstract

Im Zuge der Corona-Krise hat der Bundesrat Notverordnungen erlassen, die notgedrungenermassen viele Fragen offenlassen. Um diese beantworten zu können, müssen sie ins bestehende Rechtssystem eingeordnet werden. In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen, ob für die neu geschaffene Personengruppe der besonders gefährdeten Personen Sperrfristenschutz gemäss Art. 336c Abs. 1 lit. b OR besteht oder nicht.

Aus dem Bundesgericht
Jurius
Jurius
Abstract

BGer – Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gegen das neue Polizeigesetz des Kantons Bern teilweise gut. Es hebt die auf die Fahrenden ausgerichteten Regelungen betreffend Wegweisung und deren Vollzug auf, ebenso die Bestimmungen zur automatischen Verbindung jeglicher Wegweisung mit einer Strafdrohung und zum Einsatz von GPS-Geräten durch die Kantonspolizei. Nicht zu beanstanden sind die Regelungen zur Kostentragung bei Veranstaltungen mit Gewalttätigkeiten. (Urteil 1C_181/2019)

Jurius
Jurius
Abstract

BGer – Die Inhaftierung einer ausländischen Person im Hinblick auf eine Ausschaffung muss grundsätzlich in einer speziell dafür vorgesehenen Hafteinrichtung erfolgen. Eine kurzzeitige Unterbringung in einem abgetrennten Bereich einer ordentlichen Haftanstalt ist nur in seltenen Ausnahmefällen zulässig. Vorliegend ist die zwecks Ausschaffung erfolgte viertägige Unterbringung eines Mannes in einem separaten Trakt des Regionalgefängnisses Bern gestützt auf die spezifischen Umstände des Einzelfalls nicht zu beanstanden. (Urteil 2C_447/2019)

Jurius
Jurius
Abstract

BGer – Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt muss sich erneut mit den Forderungen auseinandersetzen, die 17 Teilnehmer illegaler Poker-Turniere an den Staat aushändigen sollen. Das hat das Bundesgericht entschieden und die Beschwerden der Spieler teilweise gutgeheissen. (Urteil 6B_178/2019)

Jurius
Jurius
Abstract

BGer – Obwohl die Schaffhauser Staatsanwaltschaft die Strafuntersuchung wegen Drogenhandels gegen einen Mann einstellte, wollte sie die beim Beschuldigten sichergestellten 27’000 Franken einziehen. Das geht nicht, hat das Bundesgericht nun entschieden, auch wenn auf dem Geld Spuren von Kokain festgestellt wurden. (Urteil 6B_1042/2019)

Jurius
Jurius
Abstract

BGer – Das Verwaltungsgericht Zug hat die Einstellung von 47 Tagen Arbeitslosenentschädigung bestätigt, obwohl nicht belegt war, dass der Empfänger seine Arbeitslosigkeit selbst verschuldet hatte. Das Verwaltungsgericht muss nun über die Bücher. Dies hat das Bundesgericht entschieden. (Urteil 8C_796/2019)

Aus dem Bundesverwaltungsgericht
Jurius
Jurius
Abstract

BVGer – Das Bundesverwaltungsgericht stellt fest, dass die Zuweisung eines Asylsuchenden in das Bundesasylzentrum in Les Verrières durch das Staatssekretariat für Migration und die im Zentrum geltenden Regeln keinen Freiheitsentzug darstellen. Es handelt sich um einen gerechtfertigten Eingriff in die Bewegungsfreiheit, wobei der Anspruch des Betroffenen auf eine wirksame Beschwerde gewahrt wurde. (Urteil F-1389/2019)

Jurius
Jurius
Abstract

BVGer – Das Bundesamt für Energie (BFE) untersagte der Landi Schweiz den Verkauf eines Tiefkühlers wegen falscher Angaben zu Energieeffizienzklasse und Stromverbrauch. Die entsprechende Verfügung hat die Landi erfolgreich vor dem Bundesverwaltungsgericht angefochten. Nun muss das BFE über die Bücher. Denn es ist unklar, ob sein eigener Energietest korrekt war. (Urteil A-1285/2019)

Aus dem Bundesstrafgericht
Jurius
Jurius
Abstract

BStGer – Am Montag den 27. April 2020 ist die gesetzliche Verjährungsfrist für die eingeklagten Straftaten betreffend Zahlungen im Vorfeld der Fussball-WM 2006 in Deutschland abgelaufen. Das Strafverfahren im Zusammenhang mit Zahlungen im Vorfeld der Fussball-WM 2006 wurde von der Bundesanwaltschaft vor bald fünf Jahren eröffnet. Das Bundesstrafgericht ist seit August 2019 mit der Anklage befasst und hat seither auch angesichts der anstehenden Verjährungsfrist, wie die nachfolgend dargelegten Verfahrensschritte aufzeigen, zeitgerecht gehandelt. (Urteil SK.2019.45)

Medienmitteilungen
Jurius
Jurius
Abstract

Wie im Nachgang zum «Fall Postauto» beschlossen, passt das Bundesamt für Verkehr (BAV) sein Aufsichtskonzept an. Dazu gehören in einem ersten Schritt die Abschaffung der formellen Rechnungsgenehmigung sowie neue Vorschriften zur Revisionstätigkeit bei den öV-Unternehmen. Das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) hat am 1. Mai 2020 die dafür notwendige Verordnungsanpassung beschlossen.

Jurius
Jurius
Abstract

An seiner Sitzung vom 29. April 2020 hat der Bundesrat beschlossen, dass bei verspäteter Zahlung der AHV/IV/EO- und ALV-Beiträge während der ausserordentlichen Lage keine Verzugszinsen verlangt werden. Die Regelung ist zeitlich beschränkt und ergänzt die bereits beschlossene Massnahme der zinsfreien Zahlungsaufschübe für Unternehmen in Liquiditätsengpässen.

Jurius
Jurius
Abstract

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 29. April 2020 die Eckwerte für die Überführung der Notverordnungen, die er zur Bekämpfung der Corona-Krise erlassen hat, in ein Bundesgesetz beschlossen. Er will im Juni 2020 ein Vernehmlassungsverfahren eröffnen und dem Parlament Anfang September 2020 die entsprechende Botschaft überweisen.

Jurius
Jurius
Abstract

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 29. April 2020 entschieden, die Massnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus weiter zu lockern. Ab Montag, 11. Mai 2020, können Läden, Restaurants, Märkte, Museen und Bibliotheken wieder öffnen, in den Primar- und Sekundarschulen darf der Unterricht wieder vor Ort stattfinden und im Breiten- und Spitzensport sind wieder Trainings möglich. Die Lockerungen werden durch Schutzkonzepte begleitet. Parallel zu diesen Öffnungsschritten werden die Einreisebeschränkungen gelockert. Ab dem 11. Mai soll zudem in allen Kantonen die flächendeckende Rückverfolgung von Neuinfektionen wieder aufgenommen werden.

Jurius
Jurius
Abstract

Der Bundesrat hat am 29. April 2020 eine Änderung der Verordnung zum Mietrecht verabschiedet. Sie tritt per 1. Juni 2020 in Kraft. Der neue Artikel 6c der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) sieht vor, dass die Vermieterschaft die Kosten eines Energiesparcontracting (ESC) unter bestimmten Voraussetzungen als Nebenkosten verrechnen darf. Durch diese Möglichkeit sollen Energiesparmassnahmen bei Mietliegenschaften gefördert werden, ohne die Mieterschaft finanziell zu belasten.

Jurius
Jurius
Abstract

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 29. April 2020 die Konzession der Spielbanken Lugano und Meyrin um das Recht erweitert, Online-Spielbankenspiele durchzuführen. Die Spielbanken können ihr Angebot online schalten, sobald die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) ihnen die erforderlichen Spielbewilligungen erteilt hat.

Jurius
Jurius
Abstract

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 29. April 2020 beschlossen, den Einzonungsstopp im Kanton Genf aufzuheben. Der Einzonungsstopp galt seit dem 1. Mai 2019, weil die bisherige Regelung des Kantons Genf die Vorgaben des Bundesrechts nicht erfüllte. Mittlerweile hat der Kanton seine Mehrwertabgaberegelung angepasst.

Gesetzgebungsübersicht
Jurius
Jurius
Abstract

Die vorliegende Zusammenstellung beinhaltet alle schweizerischen Bundesgesetze, Bundesbeschlüsse, Bundesrats- und Departementsverordnungen sowie einzelne Artikel, die im Mai 2020 in Kraft treten. Die einzelnen Erlasse und Änderungen können via Links direkt abgerufen werden.