Liebe Leserinnen und Leser
Sie haben hier die achte Schwerpunkt-Ausgabe von Jusletter zum Thema Gesundheitsrecht vor sich. Diese Ausgabe, aufbereitet unter sorgfältiger Mitarbeit von Prof. Thomas Gächter, Universität Zürich, enthält neben der traditionellen halbjährlichen Übersicht über die neuesten juristischen Publikationen zum Gesundheitsrecht, sieben fundierte Artikel, die beweisen, welch aussergewöhnliche Vitalität dieser Bereich des Rechts besitzt!
Manuele Bellonzi, Ombudsmann und Lehrbeauftragter an der Universität von Pisa, bietet uns den ersten Artikel zum Gesundheitsrecht in italienischer Sprache. Er analysiert mit einem multidisziplinären Ansatz die Frage der Ruhigstellung von Patienten oder betreuten Menschen im schweizerischen und italienischen Recht – insbesondere im Hinblick auf ältere Menschen.
Benjamin F. Brägger, Dozent an der Universität Bern und Vorsteher des Amtes für Strafvollzug des Kantons Neuenburg, reichte uns eine Replik zu einem Artikel von Prof. Markus Müller, der in der NZZ veröffentlicht wurde, ein. Er bezieht sich auf den Fall von Bernard Rappaz, über welchen viel geschrieben wurde und der sicherlich vielen Anwälten erlaubt hat, ihr Wissen über die Gültigkeit von Patientenverfügungen, die freie und informierte Zustimmung des Patienten gegenüber einer Behandlung, die Rechte und Pflichten der Ärzte und die Vorschriften zur Durchführung des Strafrechts durch Bund oder Kantone zu ändern. Einige Medienberichte, welche Teile des Urteils des EGMR zitierten, haben dabei auch zu der falschen Annahme geführt, dass es möglich sei, einen Patienten gegen seinen Willen gewaltsam zu ernähren, um sein Sterben zu verhindern.
Vincent Baumann, Pharma-Spezialist bei KPMG, nimmt sich einem besonderen Thema an: dem FCPA, dessen Existenz vielfach einfach ignoriert wird. Der amerikanische Foreign Corrupt Practices Act beeinflusst jedoch die Schweizer Pharma-Unternehmen und diese sollten Ihr Augenmerk auf dessen korrekte Anwendung richten.
Christian Peter, Jurist am Inselspital und Professor an der Fachhochschule Bern, befasst sich mit dem heiklen Thema der religiösen Überzeugungen, den damit zusammenhängenden Wahlmöglichkeiten des Patienten sowie den Pflichten des Pflegepersonals. Insbesondere behandelt er die Problematik der Weigerung von Zeugen Jehovas, Bluttransfusionen anzunehmen.
Daniela Waldmeier, MLaw (Luzern), diskutiert die Annahme des Verfassungsartikels zur Komplementärmedizin durch das Volk und fragt sich, wie dieser Artikel praktisch aufgrund seines vagen Inhalts in die eidgenössischen und kantonalen Gesetze umgesetzt werden sollte.
Mélanie Mader, lic. iur. und LL.M. (Cambridge, UK), überarbeitete ein wichtiges Rechtsgutachten zu den Revisionen im KVG über Finanzierung von Spitälern und Pflegeeinrichtungen. Die Autorin, die ihre Dissertation an der Universität Neuchatel über «Die Organspende zwischen Kostenfreiheit und Belohnungsmodellen» brillant verteidigt hat, betrachtet den Spielraum, der den Kantonen überlassen wird, und die Rolle der wirtschaftlichen Freiheit in Bezug auf die Frage, welche Spitäler Kantone auf ihre Spitalliste aufnehmen wollen und welche Bedingungen sie diesen für die Gewährung von kantonalen Subventionen auferlegen können.
Paola Pilo, Institut für Veterinär-Bakteriologie, Universität Bern, interessiert sich für die biologische Sicherheit und untersucht, in einem kompletten Artikel, den Transport von Bakterien im Hinblick auf das geltende Recht – zwischen Sicherheitspflichten und reell entstandenen Risiken.
Luc Bastian, MLaw, akzeptierte schliesslich für diese Jusletter-Ausgabe, seine von Christoph Zenger, Universität Bern, betreute Masterarbeit zu überarbeiten. Diese behandelt den Zulassungsstopp von medizinischen Verfahren und die notwendige Bedingung, die Kosten der obligatorischen Krankenversicherung zu kontrollieren. Der Autor analysiert die rechtlichen Aspekte in Bezug auf die wirtschaftliche Freiheit.
Schliesslich möchten wir Sie noch auf den 17. Tag des Gesundheitsrechts hinweisen, der die medizinische Haftung und die Versicherungen zum Thema haben wird. Er findet am Donnertag, den 30. September 2010 in Neuchâtel statt. Sie sind schon jetzt herzlich eingeladen, sich auf unserer Homepage unter www.unine.ch/ids anzumelden.
Wir wünschen Ihnen viel Spass beim Lesen dieser neuen Ausgabe von Jusletter zum Gesundheitsrecht.
Mit freundlichen Grüssen
Jean Perrenoud