Liebe Leserinnen und Leser
Auf ein richtungsweisendes Urteil zum Mietrecht, welches das Bundesgericht noch zum Jahresende 2014 gefällt hat, macht uns Thomas Koller aufmerksam. Das Urteil äussert sich zu der in der Literatur umstrittenen und höchstrichterlich bisher ungeklärten Frage, ob sich Mitmieter gegen eine Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter zwingend alle gemeinsam zur Wehr setzen müssen oder ob jeder Mitmieter allein zur Anfechtung der Kündigung nach Art. 271 ff. des Schweizerischen Obligationenrechts legitimiert ist. Jeder Mitmieter müsse eine Kündigung des Vermieters auch allein anfechten können – so das Bundesgericht wie auch der Autor – diesfalls müssten allerdings die andern Mitmieter neben dem Vermieter als Beklagte mit ins Recht gefasst werden.
In sozialen Netzwerken kann sich jeder präsentieren, kommunizieren, Fotos veröffentlichen, verlinken, Kontakt aufnehmen und sich vernetzen. Emilie M. Praz fordert neben der Prävention und Information für die Nutzer mehr Transparenz bezüglich Menge der verarbeiteten Daten und der tatsächlichen Verwendung durch die Betreiber sozialer Netzwerke.
Laut Philipp Haberbeck sollte eine neue Bestimmung über Gruppenklagen in den sechsten Titel der Schweizerischen Zivilprozessordnung eingefügt werden, da dort die verschiedenen Klagearten behandelt werden. Er skizziert erste Gedanken zu einer konkreten gesetzlichen Regelung auf Grundlage der eingereichten und vom Ständerat im Juni 2014 angenommenen Motion «kollektive Rechtsdurchsetzung» (siehe auch Philipp Haberbeck, Gedanken zur Schliessung der Lücke im Rechtsschutzsystem der Schweiz betreffend die effektive Durchsetzung von Massen- und Streuschäden, in: Jusletter 24. März 2014).
Sandrine Tornare schliesslich bietet uns eine Rezension über das Buch von Jean-François Perrin «Le droit de choisir, Essai sur l’avènement du ‹principe d’autonomie›».
Mit Freude stellen wir Ihnen zum Jahresbeginn die zehn meistgelesenen Autorenbeiträge in Jusletter 2014 vor. Wir bedanken uns bei allen unseren Redaktorinnen und Redaktoren sowie unseren Autorinnen und Autoren für ihre wertvolle Arbeit und bei Ihnen, unseren Leserinnen und Lesern, für Ihr Interesse und Ihre Treue.
- Alexandra Rumo-Jungo / Sybille Gassner, Auflösung von Miteigentum unter Ehegatten: Eine Kritik der neuen Praxis des Bundesgerichts, in: Jusletter 3. März 2014;
- Gottlieb Keller / Tzung-Yan Cheung / Lucas Kruettli, Die Gefahren einer Aberkennung des Anwaltstitels von Unternehmensjuristen, in: Jusletter 6. Januar 2014;
- Thomas Koller, Wenn mir Mon-Repos die Ruhe raubt …, in: Jusletter 3. Februar 2014;
- Roger Rudolph, Tücken bei der Ausübung des arbeitsrechtlichen Kündigungsrechts, in: Jusletter 3. März 2014;
- Dominique Jud / Isabelle Steiger, Airbnb in der Schweiz: Was sagt das Mietrecht?, in: Jusletter 30. Juni 2014;
- Andrea Büchler / Luca Maranta, Das neue Recht der elterlichen Sorge, in: Jusletter 11. August 2014;
- Regina Aebi-Müller, Aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Familienrecht, in: Jusletter 14. Juli 2014;
- Gabriel Gertsch, Die grundrechtlichen Kerngehalte als materielle Schranke der Verfassungsrevision?, in: Jusletter 17. November 2014;
- Regina Aebi-Müller, Der urteilsunfähige Patient – eine zivilrechtliche Auslegeordnung, in: Jusletter 22. September 2014.
Wir wünschen Ihnen alles Gute und viel Erfolg im Jahr 2015 und natürlich eine spannende Lektüre.
Simone Kaiser | Sandrine Lachat Leiterin Jusletter Suisse Romande |
Abstract
Kurz vor Jahresende 2014 hat das Bundesgericht einen wichtigen Entscheid im Mietrecht gefällt: Mitmieter müssen nicht zwingend zusammen eine Kündigung des Vermieters anfechten. Zur Anfechtung ist ein Mitmieter auch allein legitimiert. Allerdings muss er die sich nicht an der Anfechtung beteiligenden Mitmieter neben dem Vermieter als Beklagte ins Recht fassen.
Abstract
Soziale Netzwerke, in all ihren Erscheinungsformen, sind ein beinahe unumgängliches Kommunikationsmittel geworden. Ihre Funktionsweise, die sich im Wesentlichen durch das intensive Sammeln von Daten und der Verbreitung zielgerichteter Werbung auszeichnet, wirft zahlreiche Fragen in Bezug auf den Schutz der von den Benutzern unbewusst oder bewusst bekanntgegebenen Daten auf. Anhand verschiedener Beispiele, wie die von Facebook eingerichtete Funktion der Gesichtsanerkennung und die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen, konzentriert sich der Beitrag auf die von den Betreibern sozialer Netzwerke vorgenommenen Datenbearbeitungen hinsichtlich der im DSG verankerten allgemeinen Grundsätzen und auf die damit zusammenhängenden Handlungsmöglichkeiten.
Abstract
Im Juni 2014 nahm der Ständerat als Zweitrat die von Prisca Birrer-Heimo im September 2013 eingereichte Motion «kollektive Rechtsdurchsetzung» einstimmig an. Wie die Reaktionen auf die im Rahmen der FIDLEG-Vernehmlassung zur Diskussion gestellten Vorschläge des Bundesrates gezeigt haben, dürfte der legislative Weg der Einführung einer Gruppenklage in die ZPO lang und schwierig sein. Das Ziel dieses Beitrags ist es, im Sinne einer «plastischen Visualisierung» einer Gruppenklage-Bestimmung erste Gedanken zu einer konkreten gesetzlichen Regelung dieses Themas in die aktuelle Diskussion über die Einführung einer Gruppenklage einzubringen.
Abstract
Die Autorin empfiehlt das Buch von Jean-François Perrin «Le droit de choisir, Essai sur l’avènement du ‹principe d’autonomie›». Das aktuelle Thema wird unter einem soziologischen Gesichtspunkt behandelt und hebt die Ursprünge des Konzepts, dessen zeitliche Entwicklung und seine Anerkennung als Rechtssatz in verschiedenen Rechtsordnungen hervor. Die historische Dimension bezieht sich vor allem auf die Beziehung zwischen Recht und Philosophie, währenddem die «territoriale» die Konturen dieses Begriffs in den Vereinigten Staaten oder im Europarecht überprüft. Grundsatzfragen werden hervorgehoben und regen zum Nachdenken über die Rolle und die Stellung des geltenden Rechts als soziale Kontrolle an. (bk)
Abstract
BGer – Wer für zwei Arbeitgeber mit Sitz in unterschiedlichen Kantonen tätig ist, erhält nur die Familienzulagen im Kanton, wo das höhere Einkommen erzielt wird. Sind die Familienzulagen im Kanton des anderen Arbeitgebers besser, besteht kein Anspruch auf eine Vergütung der Differenz. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde des Bundesamtes für Sozialversicherungen gut. (Urteil 8C_250/2014)
Abstract
BStGer – Das Bundesstrafgericht muss eine Sanktion gegen einen Ex- Angestellten der Ems-Chemie nochmals überprüfen. Die Bundesstrafrichter haben seine bedingte Verurteilung aufgrund Verletzung des Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisses für eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen aufgehoben. (Urteil 6B_56/2014)
Abstract
BGer – Die Fachstelle für Personensicherheitsprüfungen (PSP) ist nicht berechtigt, beim Bundesgericht Beschwerde zu erheben. Das Bundesgericht tritt auf ihre Beschwerde gegen ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht ein, das im Frühjahr einem Stellungspflichtigen aus dem Tessin Recht gegeben hatte. (Urteil 8C_470/2014)
Abstract
BGer – Die Genfer Justiz muss die Verurteilung eines pädophilen Autors zu drei Jahren Haft nochmals überprüfen. Das Bundesgericht wirft ihr vor, sie habe die relativ lange Zeit seit manchen Missbräuchen nicht berücksichtigt. (Urteil 6B_339/2014)
Abstract
BGer – Die Swatch-Group hat definitiv ihren Prozess gegen die UBS verloren. Das Bundesgericht wies die Forderung des Uhrenherstellers auf 24,8 Mio. Franken Schadenersatz gegen die UBS aus der Finanzkrise 2008 ab. (Urteil 4A_336/2014)
Abstract
BGer – Es bleibt bei einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 30 Franken für den Haupttäter eines brutalen Raubüberfalls auf einen Pensionierten in Weesen SG. Das Bundesgericht hat eine Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen abgewiesen. (Urteil 6B_865/2013)
Abstract
BGer – Das Bundesgericht hat das Urteil des Obergerichts Zürich gegen einen rund 70-jährigen Schweizer Rentner bestätigt. Der Mann hatte einen drei Jahre älteren Mann erwürgt und beraubt, wofür er mit einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt worden ist. (Urteil 6B_799/2014)
Abstract
BGer – Der genetische Vater dreier eritreischer Flüchtlingskinder hat von einer Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) im Kanton Basel-Landschaft die elterliche Sorge nicht zugesprochen erhalten, auch wenn die Mutter Ende 2012 verstorben ist. Das Bundesgericht stützt den Entscheid der KESB. (Urteil 5A_684/2014)
Abstract
BGer – Der strafrechtliche Aspekt eines tödlichen Quad-Unfalls im August 2008 in Avenches VD ist definitiv aufgearbeitet: Das Bundesgericht hat die Verurteilung des Anbieters des Quad-Ausflugs bestätigt. (Urteil 6B_614/2014)
Abstract
BGer – Die neuen Tatbestände zu Raser-Delikten gelten strikt. Wer die signalisierte Höchstgeschwindigkeit um das gesetzlich festgelegte Mass überschreitet, macht sich einer als Verbrechen strafbaren Verkehrsregelverletzung schuldig. Für eine einzelfallweise Risikobeurteilung zu Gunsten des Lenkers ist kein Platz. Das Bundesgericht heisst eine Beschwerde des Bundesamtes für Strassen gut. (Urteil 1C_397/2014)
Abstract
BVGer – Die Eidgenössische Finanzkontrolle muss Daten anmelden, die sie aufgrund von Meldungen zu Missständen und illegalem Verhalten innerhalb der Bundesverwaltung sammelt. Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Beschwerde des Eidgenössischen Datenschützers gutgeheissen. (Urteil A-788/2014)
Abstract
BVGer – Wie bereits in anderen Kantonen hat das Bundesverwaltungsgericht den von der Basler Regierung festgelegten Taxpunktwert für Leistungen frei praktizierender Physiotherapeuten aufgehoben. Für die Bestimmung eines Wertes fehlt die Berechnungsgrundlage. Diese muss gesamtschweizerisch festgelegt werden. (Urteile C-4065/2012, C-4142/2012, C-4176/2012 und C-4177/2012)
Abstract
BVGer – Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil (dieses Urteil wurde durch die versammelte Richterschaft der Abteilungen IV und V koordiniert. Es betrifft die Analyse der Situation in einem bestimmten Land und deren rechtliche Würdigung, die über den Einzelfall hinaus für eine Mehrzahl von Verfahren Gültigkeit hat) die Situation der Hazara, einer schiitischen Minderheit in Pakistan, gründlich untersucht. Darin kommt es zum Schluss, dass bei den Hazara in Pakistan keine Kollektivverfolgung festgestellt werden kann. (Urteil E-4269/2013)
Abstract
BStGer – Das Bundesstrafgericht verurteilte am 9. Januar 2015 einen Zürcher Unternehmer wegen Misswirtschaft und Steuerbetrug zu zehn Monaten Gefängnis auf Bewährung. Hingegen hat das Bundesstrafgericht den Mann von anderen Vorwürfen freigesprochen und das Verfahren wegen Bestechung fremder Amtsträger eingestellt. (Urteil SK.2014.22)
Abstract
Am 1. Januar 2015 werden das Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetz des Bundes (HFKG) und die Interkantonale Vereinbarung über den Schweizerischen Hochschulbereich (Hochschulkonkordat) in Kraft treten.
Abstract
Die Zusammenstellung beinhaltet alle schweizerischen Bundesgesetze, Bundesbeschlüsse, Bundesrats- und Departementsverordnungen sowie einzelne Artikel, die im Januar 2015 in Kraft treten. Die einzelnen Erlasse und Änderungen können via Links direkt abgerufen werden.