Liebe Leserinnen und Leser
Stell Dir vor, es ist Hauptverhandlung, und kaum einer geht hin. In der Gerichtspraxis wird die Hauptverhandlung im abgekürzten Verfahren nach Art. 358 ff. StPO häufig ungeachtet der beantragten Strafe in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft durchgeführt. Christof Bernauer zeigt auf, dass diese Praxis im Falle einer beantragten Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr geltendem Recht widerspricht. Sodann prüft Bernauer, welche Überlegungen dennoch für dieses Vorgehen sprechen und was daraus für Schlüsse zu ziehen sind.
Sollen gleichgeschlechtliche Paare Zugang zur Fortpflanzungsmedizin erhalten? Während die «Ehe für alle» nicht mehr umstritten zu sein scheint, steht die Frage offen, ob mit dem Zugang zur Ehe auch der Zugang zur Fortpflanzungsmedizin verbunden ist. Andreas R. Ziegler untersucht, ob der Zugang einer Verfassungsänderung bedarf oder ob Art. 119 Abs. 2 Bst. c BV bei richtiger Interpretation bereits heute eine entsprechende Anpassung auf Gesetzesstufe zulässt.
Seit Veröffentlichung des Entwurfs des Institutionellen Abkommens Schweiz – EU (InstA) werden diverse Aspekte intensiv diskutiert. Astrid Epiney und Lena Hehemann thematisieren die Tragweite des Entsenderechts in der Union, um auf dieser Grundlage den Implikationen des InstA für das Entsenderecht in der Schweiz nachzugehen. Die Autorinnen kommen zum Schluss, dass der diesbezügliche Handlungsspielraum der Schweiz deutlich weniger weit beschränkt wird als vielfach angenommen. Weitere Beiträge im Zusammenhang mit dem InstA finden sie hier.
Bungeesurfen (Surfen in Fliessgewässern mit Hilfe eines Gummiseils) boomt in den schweizerischen Flüssen. Allein an der Aare existieren zwischen Thun und Bern zwischen 20 und 30 Surfstellen. Wie bei sämtlichen neuen Outdoor-Sportarten stellen sich spezifische Fragen betreffend allfällige Nutzungskonflikte, Haftung, Bewilligungspflicht bei gewerblicher Ausübung und Ähnlichem. Raphael Märki und Karl-Marc Wyss versuchen, Bungeesurfing und seine Auswirkungen anhand der Situation im Kanton Bern erstmals rechtlich einzuordnen.
Zum Thema «Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen» wurde schon viel diskutiert (s. z.B. Ursula Uttinger, Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess, in: Jusletter 1. Oktober 2018). Max Berger widmet sich der Frage, wann solche Aufnahmen Art. 28 ZGB und/oder das DSG verletzen. Ist dies nicht der Fall, kann das Beweismittel ohne Vorbehalte in den Zivilprozess aufgenommen werden.
Behördenmitgliedern in ihrer Amtsfunktion kommt in der Verwaltungsrechtspflege mangels persönlicher Betroffenheit grundsätzlich keine Beschwerdeberechtigung zu. Umso überraschender präsentiert sich BGE 144 I 43 der scheinbar eine Abwendung von diesem System suggeriert. Renata Trajkova wirft einen Blick auf das geltende Rechtsschutzsystem und analysiert darauf basierend dieses Urteil und seine allfällige Tragweite kritisch.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die Woche.
Daphne Röösli
Produktmanagerin Jusletter
In eigener Sache: Am Ostermontag, 22. April 2019 erscheint kein Jusletter.