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Liebe Leser*innen

Zur Schaffung stabiler bilateraler Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU wird aktuell ein «Paketansatz» diskutiert, der als «Bilaterale III» bezeichnet wird. Der Streitbeilegungsmechanismus bleibt dabei ein wichtiges Thema. Astrid Epiney skizziert die Ausgestaltung von Streitbeilegung und Rechtsschutz für den Status quo und beleuchtet den zukünftigen Einbezug des EuGH.

Am 1. Januar 2023 treten die ersten Teile des neuen Erbrechts in Kraft. Tenzing Memmishofer schafft einen Überblick über den aktuellen Stand der laufenden Erbrechtsrevision und informiert über die neu in Kraft tretenden Bestimmungen.

Die Bedeutung des Wirtschaftsrechts in der Praxis und an den Universitäten hat in jüngerer Zeit erheblich zugenommen. Peter V. Kunz liefert eine Übersicht über das Rechtsgebiet mit internationalen Bezügen, das unter anderem Privatrecht, öffentliches Recht und Strafrecht umfasst.

In seiner Besprechung des Leiturteils BGE 148 V 49, die am 10. Oktober 2022 im Jusletter erschienen ist, weist Dr. med. Jörg Jeger darauf hin, dass das Bundesgericht mit «medizinisch unhaltbaren Vermutungen» arbeitet. Maria Cerletti, Gerhard Ebner, Iris Herzog-Zwitter, Ralph Mager, Fulvia Rota und Jean-Daniel Sauvant antworten mit einer Stellungnahme der SIM sowie der betroffenen Fachgesellschaften SGVP und SGPP/FMPP zum Urteil.

Art. 261bis StGB stellt die Leugnung jedes Völkermords unter Strafe. Allerdings wird aktuell nur die Leugnung des jüdischen Völkermords bestraft, was eine rechtliche Ungleichbehandlung aller anderen Völkermorde darstellt. Emir Kobilic und Filippo Contarini analysieren den Stand der Rechtsprechung des Bundesgerichts in Bezug auf die Leugnung von anerkannten historischen Fakten.

Im Lichte des am 17. Mai 2022 ergangenen Entscheides des Bundesgerichts 5A_817/2021 setzt sich Jörg Paul Müller mit der Frage auseinander, wie stark der Schutz der Geheimsphäre der biologischen Mutter die Persönlichkeitsrechte der Eizellenspenderin einschränken darf.

Wir wünschen eine lehrreiche und interessante Lektüre sowie einen guten Wochenstart!

Editions Weblaw

In eigener Sache:

  • Dies ist die letzte Jusletter-Ausgabe des Jahres 2022. Die erste Ausgabe 2023 erscheint am 16. Januar. Wir danken Ihnen herzlich für Ihre Treue und wünschen Ihnen schöne Festtage sowie einen guten Start ins neue Jahr!
  • Die Jusletter-Redaktion wird auch während der Winterpause betreut. Wir freuen uns über Beiträge!
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Beiträge
Astrid Epiney
Abstract

Nach dem Abbruch der Verhandlungen über das sog. Institutionelle Abkommen (InstA) im Mai 2021 steht mit Blick auf die Schaffung stabiler bilateraler Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU derzeit offenbar ein auch neue materielle Abkommen umfassender Paketansatz («Bilaterale III») im Vordergrund. Auch bei diesem wird die Streitbeilegung ein wichtiges Thema bleiben. Der nachfolgende Beitrag skizziert die Streitbeilegung und den Rechtsschutz in den geltenden Abkommen (status quo), bevor – ausgehend von dem sehr engen rechtlichen Spielraum – der Einbezug des EuGH bei der Streitbeilegung aufgezeigt und in Bezug zum status quo gesetzt wird.

Tenzing Memmishofer
Abstract

Das Erbrecht lebt: Am 1. Januar 2023 treten die Teile der sog. ersten Etappe der Erbrechtsrevision in Kraft. Zwei weitere Etappen sollen folgen. Die vorliegende Darstellung gibt einen kurz gefassten Überblick zum aktuellen Stand der Erbrechtsrevision (I.) sowie zu den mit Beginn des kommenden Jahres in Kraft tretenden erbrechtlichen Bestimmungen (II.) und endet mit einer zusammenfassenden Schlussbetrachtung (III.).

Peter V. Kunz
Abstract

Das Wirtschaftsrecht stellt ein autonomes Rechtsgebiet dar, notabene als Querschnittsmaterie aus Privatrecht, öffentlichem Recht sowie Strafrecht. Insofern müssen Wirtschaftsrechtler «juristische Mehrkämpfer» sein. Das Wirtschaftsrecht – Gesellschafts-, Finanzmarkt-, Immaterialgüterrecht etc. – zeichnet sich durch den Fokus auf die Wirtschaft und auf das Wirtschaften aus. Bei wirtschaftsrechtlichen Veröffentlichungen dominieren «Praktikerpublikationen», was zu einem «Systemic Bias» führen kann. Ein zentraler Unterschied zu den übrigen Rechtsgebieten sind die umfassenden internationalen Bezüge: Wirtschaftsrecht ist internationales Recht.

Maria Cerletti
Gerhard Ebner
Iris Herzog-Zwitter
Ralph Mager
Fulvia Rota
Jean-Daniel Sauvant
Abstract

Dr. med. Jörg Jeger hat kürzlich in seiner Besprechung des Leiturteils BGE 148 V 49 darauf hingewiesen, dass das Bundesgericht mit «medizinisch unhaltbaren Vermutungen» arbeitet und damit «schwer nachvollziehbare Eigeneinschätzungen durch medizinisch nicht geschultes Personal» legitimiert. Die betroffenen Fachgesellschaften nehmen nachfolgend hierzu Stellung.

Emir Kobilic
Filippo Contarini
Abstract

Gemäss dem Willen des Gesetzgebers sollte Art. 261bis StGB die Leugnung jedes Völkermords unter Strafe stellen. Das Bundesgericht bestraft heute jedoch nur die Leugnung des Genozids an den Juden und schafft damit eine rechtlich ungerechtfertigte Ungleichbehandlung mit jedem anderen Genozid, insbesondere mit jenen, die von einer auf diesen Bereich spezialisierten gerichtlichen Instanz eindeutig festgestellt wurden. Genauer gesagt kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein Leugner des Völkermords in Srebrenica von der Meinungsäusserungsfreiheit profitieren, während jemand, der die Ereignisse im Zusammenhang mit dem Holocaust in Frage stellt, von dieser nicht geschützt wird. (xf)

Essay
jcr:b5b5cbcd-9b09-430a-89f1-cdf1bfac9c28
Jörg Paul Müller
Abstract

Der Entscheid wirft grundsätzliche Fragen im Bereich der künstlichen Fortpflanzung auf, die im Hinblick auf die pendente Gesetzgebung über die Eizellenspende in der Schweiz besonders aktuell sind. Im Urteil geht es um die Frage, wie weit der Schutz der Geheimsphäre der biologischen Mutter die Persönlichkeitsrechte (insbesondere die Redefreiheit) der Eizellenspenderin einschränken darf. Kann dieser generell verboten werden, Dritte über die Spende zu informieren? Die Antwort muss nach Ansicht des Autors durch Abwägung der sich gegenüberstehenden rechtlich geschützten Interessen der biologischen und der genetischen Mutter gesucht werden.

Aus dem Bundesgericht
Jurius
Abstract

BGer – Das Bundesgericht heisst die Beschwerde einer Frau gegen die verweigerte Neuberechnung ihrer Corona-Erwerbsausfallentschädigung teilweise gut. Die vom Bundesrat für den Zeitraum bis zum 16. September 2020 getroffene Regelung ist aufgrund der damaligen Dringlichkeit der Situation nicht zu beanstanden. Die anschliessend bis Ende Juni 2021 geltende Regelung verstösst jedoch gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit. (Urteil 9C_663/2021)

Jurius
Abstract

BGer – Das Bundesgericht hat den Arealplan Bahnhof Samedan aufgehoben, womit das dort geplante regionale Verwaltungszentrum in ferne Zukunft rückt. Der Arealplan weicht unzulässig stark von den sonst geltenden Bauvorgaben für dieses Gebiet ab. (Urteil 1C_398/2021)

Jurius
Abstract

BGer – Die Genfer Steuerbehörde verzeichnet einen ersten Erfolg im Streit gegen einen französischen Milliardär. In einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil bestätigte das Bundesgericht die Forderung von Nachzahlungen von Steuern und Bussgeldern gegenüber diesem reichen Steuerzahler für den Erhebungszeitraum 2007 und 2008, die dieser angefochten hatte. (Urteil 2C_700/2002) (cs)

Aus dem Bundesverwaltungsgericht
Jurius
Abstract

BVGer – Ein italienischer Staatsangehöriger hat sich wiederholt wegen sexuellem Missbrauch von Minderjährigen strafbar gemacht. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt ein gegen ihn ausgesprochenes Einreiseverbot von 20 Jahren. (Urteil F-2885/2020)

Jurius
Abstract

BVGer – Das im Kanton Waadt zweimal wöchentlich erscheinende Wirtschafts- und Finanz-Journal l’Agefi hat keinen Anspruch auf Zustellermässigung bei der Post. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden und damit die Verfügung des Bundesamtes für Kommunikation bestätigt. (Urteil A-1414/2022)

Aus dem Bundesstrafgericht
Jurius
Abstract

BStGer – Die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts spricht alle drei erstinstanzlich für schuldig befundenen Berufungsführer zweitinstanzlich vom Vorwurf der mutmasslich 2005 bis 2014 in der Schweiz begangenen Geldwäschereihandlungen im Zusammenhang mit Betäubungsmittelhandel der kolumbianischen Drogenmafia in dubio pro reo frei. Zum einen war die Vortat zum Tatzeitpunkt bereits teilweise verjährt. Zum anderen bestehen Zweifel an der Herkunft der ins Schweizer Finanzsystem eingebrachten Gelder aus der angeklagten Vortat. Die Kausalität zwischen Vortat (Betäubungsmittelhandel) und Hauptdelikt (Geldwäscherei) ist somit nicht erwiesen. Den gegen den Hauptbeschuldigten im Nebenpunkt ausgefällten Schuldspruch betreffend Urkundenfälschung hatte dieser bereits akzeptiert. (Urteil CA.2022.7)

Medienmitteilungen
Jurius
Abstract

2023 treten diverse Neuerungen im Strassenverkehr in Kraft. Am 1. Januar treten das Veloweggesetz und ein einfacheres Verfahren bei der Einführung von Tempo-30-Zonen in Kraft. Gleichzeitig gelten ab Neujahr Anpassungen bei Arbeitsmotorwagen und eine verbesserte Partikel-Messung bei Dieselfahrzeugen. Am 1. April treten diverse Anpassungen bei den Führerausweisvorschriften in Kraft.

Jurius
Abstract

Die Wettbewerbskommission (WEKO) hat ihre Vertikalbekanntmachung zu Vereinbarungen von Unternehmen verschiedener Marktstufen überarbeitet. Damit trägt sie der jüngsten Rechtsprechung und Fallpraxis in der Schweiz sowie den Entwicklungen in der EU Rechnung.

Jurius
Abstract

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA veröffentlicht das totalrevidierte Rundschreiben zu den operationellen Risiken von Banken. Sie passte das Rundschreiben den neuen technologischen Entwicklungen an und integrierte neu die Prinzipien des Basler Ausschusses zur operationellen Resilienz. Das Rundschreiben tritt am 1. Januar 2024 in Kraft.

Jurius
Abstract

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA veröffentlicht die teilrevidierte Finanzmarktinfrastrukturverordnung-FINMA. Sie präzisiert darin den Inhalt meldepflichtiger Derivatetransaktionen. Weiter aktualisiert sie den Katalog abrechnungspflichtiger Zinsderivate. Die teilrevidierte Verordnung tritt am 1. Februar 2023 in Kraft.

Jurius
Abstract

Der Bundesrat hat am 16. Dezember 2022 die revidierte Gewässerschutzverordnung genehmigt. Damit werden Trinkwasser und Oberflächengewässer besser vor Pestiziden geschützt. Das stärkt die sichere Verfügbarkeit von qualitativ hochwertigem Trinkwasser und leistet einen Beitrag für den Erhalt der Artenvielfalt.

Jurius
Abstract

Das Impulsprogramm des Bundes zur Förderung der familienergänzenden Kinderbetreuung soll durch ein neues Gesetz abgelöst werden, das derzeit im Parlament erarbeitet wird. Bis das Gesetz in Kraft treten kann, wird das Impulsprogramm bis Ende 2024 verlängert. Das hat das Parlament am 30. September 2022 entschieden. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 16. Dezember 2022 das Inkrafttreten der Änderung des Bundesgesetzes über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung (KBFHG) auf den 1. Februar 2023 festgesetzt und die Anpassungen der Verordnung verabschiedet.

Jurius
Abstract

Aufgrund des Ukraine-Kriegs und der damit verbundenen unsicheren Versorgungslage mit Gas und Strom könnten Lieferschwierigkeiten bei Chemikalien drohen, welche zur Abgasreinigung in der Industrie benötigt werden. Deshalb hat der Bundesrat am 16. Dezember 2022 eine Änderung der Luftreinhalte-Verordnung (LRV) verabschiedet. Damit sollen die Kantone in Ausnahmefällen und unter strengen Bedingungen mildere Emissionsbegrenzungen festlegen können. Der Bundesrat will damit die bestehende Rechtslage klären und Rechtssicherheit schaffen.

Vernehmlassungsübersicht
Jurius
Abstract

Die Zusammenstellung beinhaltet alle laufenden Vernehmlassungen der Bundeskanzlei, der Departemente EDA, EDI, EJPD, VBS, EFD, UVEK, WBF und der Parlamentarischen Kommissionen im Dezember 2022. Die einzelnen Vernehmlassungen sowie die dazugehörigen Unterlagen können via Links direkt abgerufen werden.