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Liebe Leserinnen und Leser
 
Im Dezember 2013 hat das Bundesverwaltungsgericht gleich zwei Urteile hinsichtlich der Anwendbarkeit des Schweizer Kartellrechts gefällt: in Sachen GABA gegen die WEKO und Gebro gegen die WEKO. Anja Walker kommentiert die Entscheide, in welchen das Bundesverwaltungsgericht zum einen eine weite Fassung des Schweizer Kartellrechts befürwortete und zum anderen dessen EMRK-Konformität bestätigte. Erstmals legte das Gericht zudem Art. 5 Abs. 4 KG (Unzulässige Wettbewerbsabreden) aus und entschied, dass den Wettbewerb erheblich beeinträchtigende Abreden sanktionierbar sind.
 
Am 31. Dezember 2013 ist die Frist abgelaufen, bis zu welcher sich die Schweizer Banken entscheiden mussten, ob und in welcher Kategorie sie am unilateralen Programm des Justizministeriums der USA («Department of Justice», «DoJ») partizipieren wollen (vgl. auch Denis Boivin, US Program, in: Jusletter 18. November 2013; Giovanni Molo / Dario Giovanoli, Das US-Programm aus Schweizer Sicht, in: Jusletter 16. Dezember 2013; Lukas Handschin / Daniel Widmer, US Bankendeal: Rückstellungen oder Reserve für allgemeine Bankrisiken?, in: Jusletter 13. Januar 2014). Dr. Peter Hongler und Fabienne Limacher widmen sich der umstrittenen Frage nach der steuerwirksamen Abzugsfähigkeit der unter dem DoJ-Programm auferlegten Bussen aus Sicht des schweizerischen Steuerrechts – wobei Bussen für Banken der Kategorie 2 im Zentrum stehen – und eröffnen damit die Diskussion über die Abzugsfähigkeit der an die USA zu entrichtenden Bussen.
 
Melanie Mayor widmet sich dem Begriff der «Gefährlichkeit». Die Behandlung und Einstufung eines Individuums als gefährlich hat sich im Laufe der Jahre stark gewandelt. Wie kann ein Richter den Begriff näher bestimmen? Welche Massnahmen sind heute in Betracht zu ziehen und warum hat sich die Definition des Begriffes überhaupt verändert?
Die Zwischennutzung, d.h. die zeitlich begrenzte Nutzung von Liegenschaften, verhindert Leerstände und bietet dem Eigentümer so einen «Aktivschutz» seiner Liegenschaft. Dr. Raffael Büchi und Eva Gehrig plädieren für die Gebrauchsleihe als ideale Vertragsform und empfehlen, spezialisierte Dienstleister mit der Zwischennutzung zu beauftragen.
 
In unterschiedlichen Lebensphasen setzen Menschen an ihre Wohnverhältnisse unterschiedliche Ansprüche. PD Dr. Arnold F. Rusch nimmt diese Situation zum Anlass, für Überlegungen, ob es sachenrechtlich gesehen wachsendes oder schrumpfendes Wohneigentum geben kann, welches sich also den Bedürfnissen anpasst. Der dadurch erzielte Flexibilitätsgewinn könnte zur Milderung des Problems der Zersiedelung beitragen.
 
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und einen guten Start in die neue Woche.
 
   
Simone Kaiser Sandrine Lachat
Verlagsleiterin Editions Weblaw Leiterin Jusletter Suisse Romande
Urteilsbesprechungen
Anja Walker
Abstract

Die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts B-506/2010 GABA gegen WEKO und B-463/2010 Gebro gegen WEKO vom 19. Dezember 2013 sind als leading cases anzusehen. Zunächst stellt das Gericht klar, dass der örtliche Anwendungsbereich des Schweizer Kartellgesetzes aufgrund des Auswirkungsprinzips weit zu fassen ist. Zudem legt das Bundesverwaltungsgericht erstmals Art. 5 Abs. 4 KG aus. Es bestätigt darüber hinaus, dass das Kartellverwaltungsverfahren in der Schweiz EMRK-konform ist. Schliesslich hat das Gericht erstmals entscheiden, dass den Wettbewerb erheblich beeinträchtigende Abreden sanktionierbar sind.

Beiträge
Peter Hongler
Fabienne Limacher
Abstract

Der Beitrag untersucht näher, ob Bussen von Banken in der Kategorie 2 und des DoJ-Programms als geschäftsmässig begründeter Aufwand abzugsfähig sind. Dabei wird insbesondere geprüft, ob die anlässlich des DoJ-Programms anfallenden Bussen als Steuerbussen im Sinne von Art. 59 Abs. 1 lit. a DBG zu qualifizieren sind. Bis anhin hat sich noch niemand eingehender mit der Problematik auseinander gesetzt. Vor diesem Hintergrund soll durch den Beitrag die diesbezügliche Diskussion angeregt werden. Hierbei wird aufgezeigt, dass durchaus Gründe dafür sprechen, die zu bezahlenden Bussen vollständig zum Abzug zu zulassen.

Melanie Mayor
Abstract

Die Behandlung von als gefährlich eingestuften Individuen hat sich erheblich verändert. Sie wurden zuerst durch abschiebende Massnahmen von der Gesellschaft verbannt, später als unzurechnungsfähig und pflegebedürftig angesehen und schliesslich verwahrt. Ziel des Beitrags ist es, diese Veränderungen verständlich zu machen. Zudem wird geprüft, wie der Richter derzeit den Begriff der Gefährlichkeit näher bestimmen kann. (bk)

Raffael Büchi
Eva Gehrig
Abstract

Zwischennutzungen – zeitlich begrenzte Nutzungen von Liegenschaften – verhindern Leerstände und bieten dem Eigentümer so einen «Aktivschutz» seiner Liegenschaft. Die aufwändige Organisation und Verwaltung kann auf spezialisierte Dienstleister übertragen werden. Als vertragliche Basis drängt sich die Gebrauchsleihe auf, da damit Zwischennutzungen zeitlich genau auf die Bedürfnisse des Eigentümers zugeschnitten werden können, unter Ausschluss des Erstreckungsrisikos.

Arnold F. Rusch
Abstract

Menschen haben in jeder Lebensphase unterschiedliche Wohnbedürfnisse. Bauten sind aber grundsätzlich starr, was zu Nutzungsverlusten führt. Die nachfolgenden Überlegungen widmen sich der Frage, ob es sachenrechtlich gesehen Wohnungseigentum geben kann, das mit den Bedürfnissen wächst oder schrumpft. Der dadurch erzielte Flexibilitätsgewinn könnte zur Milderung des Problems der Zersiedelung beitragen.

Aus dem Bundesgericht
Jurius
Abstract

BGer – Ein Aargauer, auf dessen iPhone Mordfantasien gegen seine Partnerin gefunden wurden, muss aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Nach Ansicht des Bundesgerichts genügt ein Kontaktverbot, um die Gefahr einer Tatausführung zu bannen. (Urteil 1B_456/2013)

Jurius
Abstract

BGer – Ohne Gutachten darf eine Person grundsätzlich nicht in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt werden. Das Bundesgericht hat einen Entscheid der Genfer Justizbehörden widerrufen, die eine Frau unter umfassende Beistandschaft gestellt hatten ohne einen externen Experten beigezogen zu haben. (Urteil 5A_843/2013)

Jurius
Abstract

BGer – Die Strafverfahren im Mordfall Lucie gegen drei Mitarbeiter des Kantons Aargau bleiben definitiv eingestellt. Das Bundesgericht hat eine Beschwerde der Eltern des im März 2009 getöteten Au-pair-Mädchens abgewiesen. Das Gericht macht vor allem formale Gründe geltend. (Urteil 6B_980/2013)

Jurius
Abstract

BGer – Der Millionenerbe Carl Hirschmann muss definitiv ins Gefängnis: Das Bundesgericht hat seine Beschwerde gegen ein Urteil des Zürcher Obergerichtes abgewiesen. (Urteil 6B_215/2013)

Jurius
Abstract

BGer – Das Bundesgericht ist nicht auf eine Beschwerde der Sterbehilfeorganisation Dignitas eingetreten. Hintergrund des Verfahrens war eine Freitodbegleitung im August 2012, bei der die Staatsanwaltschaft die Verlegung der bewusstlosen Sterbewilligen ins Spital angeordnet hatte. (Urteil 1B_130/2013)

Jurius
Abstract

BGer – Das Walliser Luxus-Resort Aminona in der Nähe von Crans-Montana darf nicht so viele Chalets umfassen wie von den Investoren ursprünglich geplant. Das Bundesgericht hat Beschwerden des WWF und der Stiftung für Landschaftsschutz Schweiz (SL) teilweise gutgeheissen. (Urteil 1C_621/2012)

Jurius
Abstract

BGer – Sie hatte ihren demenzkranken Lebenspartner nach Indien abgeschoben, um die hohen Pflegekosten zu sparen. Nun hat das Bundesgericht zwar den Schuldspruch gegen die 66-jährige Frau aus der Region Winterthur abgemildert. Das Strafmass von vier Jahren sei aber angemessen, entschied das Bundesgericht. (Urteil 6B_375/2013)

Aus dem Bundesverwaltungsgericht
Jurius
Abstract

BVGer – Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Anzeige durch den Bund über eine provisorische Umnutzung zu einem Zentrum zur Unterbringung von Asylsuchenden für maximal drei Jahre keinen Entscheid darstellt, der vor einer Bundes- oder kantonalen Behörde anfechtbar ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat zudem festgehalten, dass die Eröffnung der Konsultation, die der Anzeige voranzugehen hat, umso weniger ein anfechtbarer Entscheid ist. Mangels anfechtbarem Entscheid kann allfälligen Beschwerden keine aufschiebende Wirkung erteilt werden, weil diese den Schutz vor der Vollstreckung des Entscheids zur Folge hätte. (Urteil A-6258/2013)

Medienmitteilungen
Jurius
Abstract

Die Zusammenarbeit zwischen der Bundeskriminalpolizei und der Bundesanwaltschaft wird weiter gestärkt. Die beiden Behörden schliessen dazu eine Vereinbarung ab und setzen dabei Empfehlungen um, die eine Arbeitsgruppe erarbeitet und in einem Bericht festgehalten hat.

Rechtsprechungsübersicht
Jurius
Abstract

Die Rechtsprechungsübersicht führt die zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenen Urteile des Schweizerischen Bundesgerichts vom 17. Dezember 2013 bis und mit 16. Januar 2014 sowie die Urteile des EGMR mit Beteiligung der Schweiz auf. Neben Dossiernummer, Urteilsdatum, Abteilung/Kammer, Prozessgegenstand und Vorinstanz wird ein Hyperlink zum Originalentscheid und – sofern vorhanden – zur jeweiligen Mitteilung bzw. Besprechung in Jusletter und im dRSK wiedergegeben.