Mit seinem Urteil vom 18. Oktober 2016 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verdeckten Observationen, die im Versicherungs- und Sozialhilfebereich regelmässig vorkommen, einen klaren Riegel vorgeschoben. Wenn jemand über längere Zeit von einem Detektiv verfolgt und im Versteckten fotografiert und gefilmt wird, dann ist das – laut EGMR – kein geringfügiger Eingriff in dessen Recht auf Privatsphäre, auch nicht auf öffentlichem Grund. Pierre Heusser zeigt auf, dass dies nicht nur für den Bereich der Unfallversicherungen gilt und dass eine genügende gesetzliche Grundlage nur durch ein neues, detailliert ausgestaltetes Sozial-Überwachungsgesetz geschaffen werden kann.
 
Eine Herabsetzung des Mietzinses gemäss Art. 259d OR kann auch noch nach der Beseitigung eines Mangels oder der Beendigung des Mietverhältnisses verlangt werden. Laurent Bieri analysiert die Erwägungen des Bundesgerichts im Entscheid vom 11. August 2016.
 
Im Urteil vom 3. Oktober 2016 behandelt das Bundesgericht ein für die Schweizer Banken und Effektenhändler zentrales Thema: die Auslegung und Gültigkeit von Pfandklauseln, die von entsprechenden Finanzunternehmen regelmässig in ihren Vertragsdokumenten verwendet werden. Philipp Haberbeck empfiehlt allen Betroffenen nach erfolgter Publikation dieses neuen Leitentscheids, die Formulierung ihrer einschlägigen Pfandklauseln zu überprüfen.
 
Schliesslich weist Olivier Riske auf die Notwendigkeit hin, die vorvertragliche Haftung in der Schweizer Rechtsordnung systematisch einzugliedern. Hierzu schlägt er eine kommentierte Generalklausel vor.
 
Mit Freude stellen wir Ihnen zum Jahresbeginn die zehn meistgelesenen Autorenbeiträge in Jusletter 2016 vor. Die Klickzahlen der Beiträge liegen zwischen 730 und 1430 Klicks. Gezählt werden jeweils Klicks eingeloggter Leser. Wir bedanken uns bei allen unseren Redaktorinnen und Redaktoren sowie unseren Autorinnen und Autoren für ihre wertvolle Arbeit.
 
  1. Hans-Martin Allemann
    Betreuungsunterhalt – Grundlagen und Bemessung, in: Jusletter 11. Juli 2016
  2. Regina Aebi-Müller
    Aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Familienrecht, in: Jusletter 4. Juli 2016
  3. Andreas Abegg / Christof Bernauer
    Arbeitsrechtliche Präjudizien des Bundesgerichts, in: Jusletter 2. Mai 2016
  4. Karin Müller / Alice Käch
    Ausgewählte Entscheide im Gesellschaftsrecht des Jahres 2015 in Kürze, in: Jusletter 11. April 2016
  5. Roland Pfäffli / Mascha Santschi Kallay
    Der Erbenschein als Legitimationsausweis für die Erben, in: Jusletter 29. Februar 2016
  6. Michael E. Meier
    Ein Jahr neue Schmerzrechtsprechung, in: Jusletter 11. Juli 2016
  7. Astrid Epiney
    Auslegung und Verhältnis des Freizügigkeitsabkommens zum nationalen Recht, in: Jusletter 14. März 2016
  8. Christoph Brunner / Markus Vischer
    Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Kaufvertragsrecht im Jahr 2015 – «unpublizierte» und «publizierte» Entscheide, in: Jusletter 17. Oktober 2016
  9. Michel Verde
    Die Widerrechtlichkeit im Haftpflichtrecht, in: Jusletter 18. April 2016
  10. Sonja Bossart Meier / Marc Jutzi
    Die strafbefreiende Selbstanzeige – Ein uneinheitlich geregelter Rettungsanker, in: Jusletter 12. September 2016
    und
    Selma Duc
    (K)ein-Eltern-Kind, in: Jusletter 11. Juli 2016
 
In unserer Chronologie finden Sie alle Ausgaben aus dem Jahr 2016, zudem können Sie alle Schwerpunkt-Ausgaben hier einsehen. Recherchieren und vertieft suchen können Sie mit unserer frei zur Verfügung stehenden Suche Lawsearch. Laden Sie sich doch die Weblaw App kostenlos im App- oder Google Play Store herunter und lesen Sie Jusletter künftig auch von unterwegs.
 
Wir wünschen Ihnen alles Gute und viel Erfolg im Jahr 2017 und natürlich eine spannende Lektüre.
 
Leiterin Jusletter
Simone Kaiser
Verlagsleiterin Editions Weblaw
Urteilsbesprechungen
Privatdetektive, aufgepasst!
Pierre Heusser
Pierre Heusser
Das Urteil aus Strassburg hat Konsequenzen für alle Bereiche, in denen staatliche Behörden Private überwachen lassen, also auch für die Invalidenversicherung und für die Sozialhilfe, wahrscheinlich sogar für private Versicherer. Die aktuellen gesetzlichen Grundlagen genügen bei weitem nicht. Aktuell müssen sämtliche verdeckten Observationen als gesetzeswidrig bezeichnet werden, und zwar sowohl in zivilrechtlicher wie auch in strafrechtlicher Hinsicht. Sinnvollerweise sollten in Zukunft solche verdeckten Überwachungen nur noch von der Polizei und den Strafbehörden vorgenommen werden, welche schon heute über entsprechende gesetzliche Grundlagen verfügen.
Le droit à la réduction du loyer en cas de défaut de la chose louée
Laurent Bieri
Laurent Bieri
Im BGE 142 III 557 präzisiert das Bundesgericht, dass eine Herabsetzung des Mietzinses gemäss Art. 259d OR auch noch nach der Beseitigung eines Mangels oder der Beendigung des Mietverhältnisses verlangt werden kann. In diesem BGE scheint das Bundesgericht auch die Meinung zu vertreten, dass der Mieter sich nicht an das Gericht zu wenden braucht um eine solche Reduktion zu erhalten. Der Beitrag diskutiert diese beiden Fragen. (sts)
Gedanken zum Urteil des Bundesgerichts 4A_81/2016 vom 3. Oktober 2016
Philipp Haberbeck
Philipp Haberbeck
Das im Beitrag diskutierte, zur Publikation vorgesehene Urteil des Bundesgerichts 4A_81/2016 vom 3. Oktober 2016 beschäftigt sich mit der Auslegung und Gültigkeit von Pfandklauseln, die von entsprechenden Finanzunternehmen regelmässig in ihren Vertragsdokumenten verwendet werden. Das Urteil ist deshalb besonders interessant, da es einen Bereich betrifft, der in der Tätigkeit von Schweizer Banken und Effektenhändlern eine zentrale Rolle spielt.
Beiträge
La responsabilité précontractuelle : une proposition de clause générale
Olivier Riske
Olivier Riske
Der Beitrag unterstreicht die Notwendigkeit einer Kodifizierung der Rechtsprechung zur vorvertraglichen Haftung in der Schweizer Rechtsordnung. Er versucht insbesondere eine Diskussion bzgl. des Inhalts und der systematischen Eingliederung betreffend einer gesetzlichen Bestimmung anzuregen. In diesem Zusammenhang wird eine kommentierte Generalklausel diskutiert. (sts)
Aus dem Bundesgericht
Beschwerde gegen Abstimmung über Nachrichtendienstgesetz abgewiesen
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht weist eine Beschwerde im Zusammenhang mit der eidgenössischen Volksabstimmung über das Nachrichtendienstgesetz ab. Zwar hat die im Vorfeld der Abstimmung von den Ostschweizer Justiz- und Polizeidirektoren (OJPD) veröffentlichte Medienmitteilung die Abstimmungsfreiheit verletzt. Angesichts des klaren Abstimmungsergebnisses kann aber ausgeschlossen werden, dass diese Intervention eine ausschlaggebende Bedeutung hatte. (Urteil 1C_455/2016)
Arbeitgeber müssen Kontrollorganen Unterlagen herausgeben
Jurius
Jurius
BGer – Arbeitgeber sind verpflichtet, den Kontrollorganen zum Schutz vor Sozial- und Lohndumping (tripartite Kommissionen) Arbeitsverträge und andere relevante Unterlagen betreffend die Lohn- und Arbeitsbedingungen (Lohnabrechnungen, Arbeitszeitrapporte) herauszugeben. (Urteil 2C_625/2016)
Beschwerde gegen Änderung des Tessiner Familienzulagengesetzes abgewiesen
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht weist eine Beschwerde gegen die vom Grossen Rat des Kantons Tessin neu geregelten Voraussetzungen zum Bezug einer kantonalen Ergänzungs- und Kleinkinderzulage ab. Dass Schweizer Bürger nur drei Jahre im Kanton Tessin leben müssen und ausländische Personen fünf Jahre, stellt keine Verletzung des verfassungsmässigen Gleichbehandlungsgebots dar. (Urteil 8C_182/2016)
«Schläger von Schüpfen» bleibt in der Psychiatrie
Jurius
Jurius
BGer – Ein als «Schläger von Schüpfen» bekannt gewordener Mann aus dem Kanton Bern bleibt weiterhin in einer stationären Therapie. (Urteil 6B_1390/2016)
Urteil aufgehoben wegen rechtswidrig erlangter Internet-Randdaten
Jurius
Jurius
BGer – Weil die Staatsanwaltschaft Zürich Randdaten zu per E-Mail versandten Drohungen ohne richterliche Genehmigung angefordert und erhalten hat, sind diese als Beweise nicht zulässig. (Urteil 6B_656/2015)
Abholeinladung im Briefkasten: Mietkündigung gilt als zugestellt
Jurius
Jurius
BGer – Die eingeschriebene Kündigung eines Mietvertrags gilt am Tag, nachdem der Briefträger die Abholeinladung in den Briefkasten des Adressaten gelegt hat, als zugestellt. Dies hat das Bundesgericht im Fall einer Frau entschieden, welche die Abholfrist wegen einer Ferienabwesenheit verpasst hatte. (Urteil 4A_293/2016)
Beschwerde von «Dolder»-Besitzer vom Bundesgericht abgewiesen
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht hat eine Beschwerde des Besitzers des Zürcher Nobelhotels «Dolder» und seiner Ehefrau gegen eine Sicherstellung von mutmasslich ausstehenden Steuern abgewiesen. (Urteile 2C_669/2016, 2C_670/2016)
Medienmitteilungen
WEKO büsst das Schweizer Franken-Spread-Kartell
Jurius
Jurius
Die Wettbewerbskommission (WEKO) schliesst die Untersuchung bezüglich der auf Zinsderivaten in Schweizer Franken berechneten Geld-Brief-Spannen (Spreads) mit einer einvernehmlichen Regelung und Bussen von insgesamt rund CHF 5.4 Mio. ab.
WEKO büsst Banken wegen Teilnahme am EURIBOR-Kartell
Jurius
Jurius
Die Wettbewerbskommission (WEKO) schliesst die Untersuchung bezüglich Euro-Zinsderivaten mit einer einvernehmlichen Regelung und Bussen von insgesamt rund CHF 45.3 Mio. gegenüber einem Teil der Parteien ab.
Gesetzgebungsübersicht
Verzeichnis der auf Januar 2017 in Kraft getretenen Erlasse des Bundes
Jurius
Jurius
Die Zusammenstellung beinhaltet alle schweizerischen Bundesgesetze, Bundesbeschlüsse, Bundesrats- und Departementsverordnungen sowie einzelne Artikel, die im Januar 2017 in Kraft treten. Die einzelnen Erlasse und Änderungen können via Links direkt abgerufen werden.