Liebe Leser*innen

Wenn Kinder und Jugendliche Opfer einer Straftat werden, entfällt das Vertretungsrecht der Eltern oft aufgrund einer Interessenskollision. Christophe Herzig und Laura Jost beleuchten, wann dies der Fall ist und welche Aufgaben in einer solchen Situation die unabhängige Kindsvertretung im Strafverfahren wahrnimmt.

Die Opioidagonistentherapie (OAT) dient der Behandlung von Opioidabhängigkeit. Thierry Urwyler, Michael Braunschweig, Thomas Noll, Carlo Caflisch, Marcus Herdener, Ulf Sternemann, Elmar Habermeyer und Friederike Höfer untersuchen Hinweise darauf, dass die OAT im Justizvollzug auf Implementierungshürden trifft. Sie kommen zum Schluss, dass die Vollzugsmedizin die OAT anbieten muss, wenn sich eine inhaftierte Person nach Aufklärung dafür entscheidet.

Im Lichte der aktuellen Bestrebungen der Schweiz betreffend einen baldigen Beitritt zum Haager Übereinkommen vom 30. Juni 2005 über Gerichtsstandsvereinbarungen präsentiert Matthias Kuster eine Übersicht über dessen wesentliche Bestimmungen. Damit soll Praktiker*innen der rasche Einstieg – insbesondere bei der Aufnahme einer Gerichtsstandsvereinbarung in einen Vertrag – erleichtert werden.

Am 15. September 2022 fand an der Universität Basel die Veranstaltung zu Open Government Data und der Verpflichtung zur Gewährung des Datenzugangs an den Staat statt. Liliane Obrecht und David Starchl lassen die gehaltenen Referate in ihrem Tagungsbericht Revue passieren.

Wir wünschen eine lehrreiche und interessante Lektüre sowie einen guten Wochenstart!

Editions Weblaw

In eigener Sache:

Beiträge
Die Kindsvertretung im Strafprozess
Christophe Herzig
Christophe Herzig
Laura Jost
Laura Jost
Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der Vertretung von Kindern und Jugendlichen im Strafverfahren, die Opfer einer Straftat wurden. Dabei wird namentlich analysiert, in welchen Konstellationen das Kind nicht durch seine Eltern vertreten werden kann und welche Aufgaben diesfalls der Kinderanwältin respektive dem Kinderanwalt zukommen.
Indikation der Opioidagonistentherapie (OAT) im Justizvollzug
Friederike Höfer
Friederike Höfer
Thierry Urwyler
Thierry Urwyler
Michael Braunschweig
Michael Braunschweig
Thomas Noll
Thomas Noll
Carlo Caflisch
Carlo Caflisch
Marcus Herdener
Marcus Herdener
Ulf Sternemann
Ulf Sternemann
Elmar Habermeyer
Elmar Habermeyer
Die Opioidagonistentherapie (OAT) ist für die Behandlung der Opioidabhängigkeit von zentraler Bedeutung. Es gibt Hinweise darauf, dass dieses Instrument im Justizvollzug z.T. auf Implementierungshürden trifft. Die Autor*innen gelangen auf Basis der medizinischen Evidenz zum Schluss, dass die OAT während der Haft und nach der Entlassung positive Effekte entfaltet und den Behandlungsansatz erster Wahl bei Opioidabhängigkeiten darstellt. Sofern eine inhaftierte Person sich für diesen Behandlungsansatz entscheidet, hat sie das Recht, dass ihr die Vollzugsmedizin eine OAT anbietet.
Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen
Matthias Kuster
Matthias Kuster
Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen von 2005 regelt die internationale Zuständigkeit von Gerichten in Zivil- und Handelssachen sowie die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen in Rechtsstreitigkeiten, für welche die Parteien die Zuständigkeit der Gerichte eines bestimmten Staates vereinbart haben. Bis heute ist die Schweiz diesem Übereinkommen nicht beigetreten. Inzwischen sind aber Bestrebungen für einen baldigen Beitritt der Schweiz im Gang.
Tagungsberichte
Staat und Daten
Liliane Obrecht
Liliane Obrecht
David Starchl
David Starchl
Daten werden als Gold des digitalen Zeitalters bezeichnet. Im Sinne eines Open Government sollen der Öffentlichkeit in Zukunft Verwaltungsdaten zur Verfügung gestellt werden, um Transparenz, gesellschaftliche Partizipation und Innovation zu fördern. Gleichzeitig interessiert sich auch der Staat unter dem Druck zur stetig effizienteren Aufgabenerfüllung für Daten, die in privater Hand liegen. Die Referierenden diskutierten die rechtlichen Herausforderungen, die mit Open Government Data und der Gewährung des Datenzugangs an den Staat in Verbindung stehen. Dabei legten sie den Fokus auf die Rechtslage in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Aus dem Bundesgericht
Mormont-Besetzung: Strafbefehl gegen namentlich unbekannte Aktivistin gültig
Jurius
Jurius
BGer – Der Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Waadt gegen eine namentlich unbekannte Besetzerin eines Geländes auf dem Mormont-Hügel ist gültig. Die im Strafbefehl enthaltenen Angaben erlauben ihre eindeutige Individualisierung. Das Bundesgericht weist ihre Beschwerde in diesem Punkt ab. Indessen ist das zuständige Polizeigericht auf die Einsprache der Betroffenen gegen den Strafbefehl zu Unrecht nicht eingetreten, ebenso wie anschliessend das Kantonsgericht des Kantons Waadt auf ihre Beschwerde. Die Sache wird zu neuem Entscheid zurückgewiesen. (Urteile 6B_1325/2021 und 6B_1348/2021)
Rassistische Anfeindungen: Uhrenfirma kündigt Opfer missbräuchlich
Jurius
Jurius
BGer – Die zur Swatch Groupe gehörende Uhrenmanufaktur Montres Breguet muss einem Mann wegen missbräuchlicher Kündigung fünf Monatslöhne zahlen. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Der Entlassene stammt aus Kamerun und wurde von einem anderen Mitarbeiter immer wieder rassistisch angegangen, ohne dass die Firma etwas dagegen unternahm. (Urteil 4A_215/2022)
Wettbewerbsabsprachen: Zulässige Unterlassungsanordnung an Implenia
Jurius
Jurius
BGer – Nach den illegalen Wettbewerbsabsprachen im Kanton Graubünden hat die Weko dem Bauunternehmen Implenia Schweiz zurecht konkrete Handlungsverbote auferlegt. Das Bundesgericht hat eine Beschwerde des Unternehmens abgewiesen, das die Massnahme als unverhältnismässig kritisierte. (Urteil 2C_782/2021)
Ausschaffungshaft: Gefängnis muss Zugang zu Internet gewähren
Jurius
Jurius
BGer – Ausschaffungshäftlinge im Regionalgefängnis Moutier BE müssen Zugang zum Internet erhalten. Zudem ist die tägliche Einschliessung von 18 Stunden in der Zelle bei nicht arbeitenden Häftlingen zu lang. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Es hat die Beschwerde eines Betroffenen in diesen Punkten gutgeheissen. (Urteil 2C_765/2022)
Langjährige Freiheitsstrafe für einen «Magnetiseur» bestätigt
Jurius
Jurius
BGer – Das Bundesgericht hat die Verurteilung eines selbsternannten Heilers zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren und 6 Monaten bestätigt. Der im Kanton Waadt tätig gewesene Mann nutzte verzweifelte Patientinnen finanziell und sexuell aus. (Urteil 6B_1468/2021)
Aus dem Bundesstrafgericht
Freispruch vom Vorwurf der Verübung eines Sprengstoffanschlags
Jurius
Jurius
BStGer – Die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts spricht die erstinstanzlich für schuldig befundene Beschuldigte zweitinstanzlich vom Vorwurf der Gehilfenschaft zur Verübung eines Sprengstoffdelikts (Gefährdung durch Sprengstoffe und giftige Gase in verbrecherischer Absicht nach Art. 224 StGB) aufgrund ungenügender Beweise in dubio pro reo frei. Die gegen sie erstinstanzlich in den Nebenpunkten ausgefällten Schuldsprüche im Zusammenhang mit ihrem Verhalten an Demonstrationen hatte die Beschuldigte bereits akzeptiert. (Urteil CA.2022.4)
Strafanzeige gegen Bundesverwaltungsrichter ist vom Tisch
Jurius
Jurius
BStGer – Die Bundesanwaltschaft muss der Strafanzeige des Berner Anwalts Gabriel Püntener gegen unbekannte Richter der beiden Asylabteilungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht weiter nachgehen. Das Bundesstrafgericht ist auf eine Beschwerde von Püntener nicht eingetreten, weil er nicht beschwerdeberechtigt ist. (Beschluss BB.2022.73)
Verbotene Propaganda: Tiefere Strafen für zwei Mitglieder des IZRS
Jurius
Jurius
BStGer – Die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts hat im Grundsatz bestätigt, dass die beiden IZRS-Vorstandsmitglieder Qaasim Illi und Nicolas Blancho sich der Widerhandlung gegen das Al-Kaida-/IS-Gesetz schuldig gemacht haben. Es hat deren Beschwerden jedoch teilweise gutgeheissen und die Strafen gesenkt. (Urteil CA.2020.22)
Aufsichtsverfahren: Keine Kostengutsprache für Beizug eines Anwalts
Jurius
Jurius
BStGer – Der Bundesverwaltungsrichter David R. Wenger hat im Aufsichtsverfahren gegen ihn keinen Anspruch auf eine Kostengutsprache für eine anwaltliche Unterstützung durch das Bundesverwaltungsgericht. Dies hat das Bundesstrafgericht entschieden. (Entscheid RR.2021.116)
Medienmitteilungen
Inkrafttreten neues Strafregisterrecht am 23. Januar 2023
Jurius
Jurius
Der Bundesrat setzt das neue Strafregisterrecht auf den 23. Januar 2023 in Kraft. Dies hat er an seiner Sitzung vom 19. Oktober 2022 entschieden. Ebenfalls am 23. Januar 2023 wird das neue Strafregister-Informationssystem VOSTRA in Betrieb genommen.
«Al-Qaïda», «IS» und verwandte Organisationen weiterhin verboten
Jurius
Jurius
Der Bundesrat will die Schweiz vor Terroranschlägen schützen und hält am Verbot von «Al-Qaïda», «Islamischer Staat» sowie verwandten Organisationen fest. An seiner Sitzung vom 19. Oktober 2022 hat er die entsprechende Verfügung, die sich auf das Nachrichtendienstgesetz stützt, beschlossen. Sofern keine strengeren Strafbestimmungen zur Anwendung gelangen, kann ein Verstoss mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe sanktioniert werden.
Anpassungen im Bundespersonalrecht
Jurius
Jurius
Anlässlich seiner Sitzung vom 19. Oktober 2022 hat der Bundesrat eine Revision der Bundespersonalverordnung (BPV) sowie der Verordnung über den Schutz von Personendaten des Bundespersonals (BPDV) genehmigt. Es handelt sich dabei um Anpassungen und Präzisierungen unter anderem im Bereich des mobilen Arbeitens im Ausland, der Rückzahlung von Abgangsentschädigungen oder der Erhöhung des Beschäftigungsgrades nach einer Elternschaft.